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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir
Autoren: Peter Randa
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bringen.
    „Du unterzeichnest mit der Spitze deines Zeigefingers, den du in dein Blut getaucht hast, in Blut aus deiner linken Schulter, das direkt aus deinem Herzen kommt.“
    Als eine Hand brutal an ihrer Bluse zerrt, will sie sie zurückhalten.
    „Wenn du wirklich Lilith bist, dann weißt du, daß alles den Riten entsprechend geschehen muß!“
    Sie hat einen Fehler gemacht. Aber glücklicherweise findet sie sofort eine Antwort.
    „Ich bin erst Lilith, wenn ich unterzeichnet habe.“
    „Das ist wahr …“
    „Ich will nicht, daß Sie mir weh tun.“
    „Ich werde sanfter sein.“
    Sie beißt die Zähne zusammen, als eine rasierklingenscharfe Spitze an ihrem Hals in die Haut eindringt. Es tut nicht besonders weh, einige Tropfen Blut quellen heraus. Mit einer schnellen Bewegung vergrößert er den Schnitt, und sie fühlt, wie das Blut über ihre Schulter rinnt.
    Sie will mit der Hand an ihren Hals fassen, aber er stößt ihre Hand beiseite, und sie spürt, wie zwei Lippen sich an die Verletzung legen und gierig das Blut saugen, das hervordringt.
    Sekunden vergehen … oder sind es schon Minuten? Jeannines Kopf wird seltsam leicht, und alles beginnt sich zu drehen. Es scheint ihr, als entweiche das Leben Schritt für Schritt aus ihrem Körper. Das Monster hängt immer noch an ihrem Hals, und Jeannine glaubt, den Verstand zu verlieren.
    Aber plötzlich umfängt sie eine seltsame, unbewußte Heiterkeit, und sie nimmt nur noch verschwommen wahr, was um sie her vorgeht.
    Es ist aus. Aus weiter Entfernung hört sie eine unbeschreiblich süße Stimme.
    „Du hast unterzeichnet.“
    „Ja“, murmelt sie.
    „Von morgen an hast du an meinen Fähigkeiten und meiner Macht teil. Nun ruhe dich aus, ich werde zurückkommen.“
    Ob er geht oder bleibt – es ist nicht wichtig. Eine unsichtbare Kraft trägt Jeannine weg, weit weg…
    Plötzlich hat sie den Eindruck, allein zu sein.
    „Monsieur Leggatt?“
    Nichts. Die Stille um sie her ist bedrückend. Langsam streicht sie mit ihrer Hand über ihre Stirn – mein Gott! Er hat ihre rechte Hand nicht wieder festgebunden. Ihre Schulter schmerzt an der Stelle, an der die gierigen Lippen ihr Blut tranken.
     

     

Mit ihrer freien Hand versucht Jeannine die Fesseln am linken Arm zu lockern. Als die Schnüre so weit nachgeben, daß sie ihren Arm hervorziehen kann, ist der Schmerz fast unerträglich.
    Um ihre Beine freizubekommen, beugt sie sich nach vorn, aber die Knoten sind zu stark festgezogen. Ihre Fingernägel brechen, aber die Knoten sitzen fest.
    Sie fühlt ihre Schwäche; sie möchte sich einfach zurücklehnen und die Augen schließen, aber was ist, wenn Leggatt zurückkommen sollte? Er würde sie wieder fesseln.
    Es ist doch Leggatt – oder? Er muß es sein. Sie ist entschlossen, sich nicht von dem, was sie erlebt hat, beeindrucken oder erschrecken zu lassen.
    Satan … Don Juan … Wenn sie sich gehenläßt, verliert sie den Verstand, dessen ist sie sicher. Aber da fällt ihr ein, daß sie viel Blut verloren hat, und daß die Schwäche daher kommen kann. Sie bückt sich wieder über ihre Fesseln, reibt sich die Fingerspitzen blutig und zittert vor Schwäche. Plötzlich, nach Stunden, so scheint ihr, löst sich einer der Knoten, und alle anderen machen keine Schwierigkeiten mehr.
    Als sie aufsteht, schwankt sie und muß sich an der Sessellehne stützen. Sie bleibt eine Weile bewegungslos stehen und versucht sich in der Finsternis zu orientieren. In welche Richtung soll sie sich wenden? Sie riskiert einen Schritt.
    Ihre neue Lage ist fast noch schrecklicher als die frühere.
    Sie ist in einem Raum; also müssen irgendwo Wände sein. Und diese Wände muß sie entlanggehen, bis sie eine Tür oder ein Fenster findet. Gibt es überhaupt Fenster? Eine Tür ist da, denn Leggatt ist doch durch eine Tür verschwunden. Leggatt … oder ein anderer.
    Sie darf nicht denken. Wenn sie denkt, dann ist sie verloren. Ihre Hand klammert sich um die Sessellehne, denn sie zieht den Sessel hinter sich her. Sie braucht irgend etwas, woran sie sich festhalten kann. Der Boden unter ihren Füßen besteht aus Holz. Wenn Leggatt sie hört und zurückkommt? Sie fürchtet sich davor, aber gleichzeitig wünscht sie es sich. Sie möchte, daß er zurückkommt und daß sie ihn sehen kann.
    Es muß doch Licht in dem Raum geben. Irgendwo muß ein Lichtschalter sein.
    Wieder ein Schritt. Sie läßt den Sessel zurück, der auf dem Holzboden ein scharrendes Geräusch verursacht. Sie ist verzweifelt und
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