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0753 - Die Blutbuche

0753 - Die Blutbuche

Titel: 0753 - Die Blutbuche
Autoren: Jason Dark
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mit lauter Stimme nach seiner Frau rief.
    Es war ein verzweifelter Schrei, der durch das schmale Haus gellte. Mehr ein Ruf nach Leben und gleichzeitig eine Bitte um Antwort.
    Sie blieb aus.
    Der Schrei verhallte.
    Suko hatte seinen Platz an der Küchentür gefunden. Er ging auch nicht mehr weiter, denn Amos Carr stand im Flur, eine Hand auf das Geländer gelegt, den Kopf gesenkt, leise schluckend und nach Betty jammernd. Er blickte dabei die schmale Treppe hoch, als könnte sie dort jeden Moment erscheinen. An die kleinen Killer dachte er nicht mehr und auch nicht an seine eigene Sicherheit.
    Aber Betty erschien nicht. Sie blieb verschwunden, sie war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Schritt zu tun. Das sah auch allmählich Amos Carr ein. Seine letzte Reaktion war nur ein noch verzweifeltes Aufbäumen gewesen, ein sich Anstemmen gegen das Unwiderrufliche, und sein Schluchzen drang an Sukos Ohren.
    Er ging auf den Mann zu, berührte ihn.
    Carr zuckte zusammen. »Lassen Sie mich, Inspektor. Lassen Sie mich in Ruhe.«
    Suko trat zurück.
    Carr holte tief Luft. Er war ein gebrochener Mann. Sich noch immer am Geländer abstützend, drehte er sich schwerfällig um. Seine Lippen zuckten, der Mund zeigte einen verkniffenen Ausdruck, die Augen schwammen in Tränen, der Blick wirkte trotzdem leer. Diesmal schlurfte er an Suko vorbei in die Küche.
    Der Inspektor ließ ihn gehen. Er inspizierte noch den Hausflur, ohne jedoch einen der kleinen Feinde zu sehen. Wenn sie im Haus waren, hielten sie sich gut versteckt und warteten möglicherweise auf ihre große Chance.
    Suko hörte, daß Carr den Stuhl zurechtschob und sich wieder an den Tisch setzte.
    Er blieb noch im Flur.
    Seine Blicke glitten die Stufen der schmalen Treppe hoch. Dicht vor deren Ende befand sich links in der Hauswand ein Fenster, durch das Tageslicht strömte und auch die Stufen erfaßte. Dort schimmerte ein dünner Staubfilm, auf dem sich allerdings keine Spuren abzeichneten. Die Treppe waren die kleinen Killer also nicht heruntergekommen.
    Ob das Haus einen Keller hatte, war dem Inspektor nicht bekannt. Er nahm sich vor, Amos Carr danach zu fragen und wollte wieder zurück in die Küche schlendern, als er von dort ein schreckliches Stöhnen hörte. Es war ein Geräusch, das den Alarmpegel in ihm hochschnellen ließ, und er beschleunigte seine Schritte, so daß er beinahe in den Küchenraum hineinflog. Natürlich rechnete er damit, die kleinen Killer zu sehen, die Amos Carr erschreckt hatten.
    Das stimmte nicht.
    Er sah nur ihn.
    Carr saß am Tisch und hatte dieselbe Haltung eingenommen wie vor dem Verlassen der Küche. Sein rechter Arm war angewinkelt, nur hatte er ihn gedreht, so daß die veränderte Handfläche nach oben zeigte. Die Finger waren leicht gekrümmt, überhaupt wirkte die Hand so, als hätte der Mann versucht, sie zu einer Faust zu schließen, es aber nicht ganz geschafft.
    Er schaute Suko mit einem verzweifelten Blick an, dem der Inspektor auswich, denn er suchte nach der Ursache für den Schrei des Mannes und dachte natürlich sofort an die Mordwesen.
    Sie waren nicht da.
    Er schaute wieder auf den Mann.
    Amos Carr zuckte.
    Das begann mit seinem Körper, dann rann es durch den rechten Arm, den er zurückzog.
    Alles normal.
    Bis auf eine furchtbare Tatsache.
    Die Hand, die auch zum Arm gehört, blieb auf der Tischplatte liegen!
    ***
    Vor mir hatte sich die andere Welt tatsächlich wie eine märchenhafte Bühnendekoration ausgebreitet, und ich war so überrascht, daß ich zunächst nichts tun, sondern nur dastehen und zuschauen konnte.
    Es war ein märchenhaftes Bild, beleuchtet von einem geheimnisvollen silbriggrünen Schein, der die Akteure wie übergroße Krippenfiguren aus der Finsternis nahe des Baumstamms herausholte.
    Über mir raschelte es im Blattwerk der Blutbuche, als wollten die Blätter Beifall klatschen oder die geheimnisvolle Szene mit ihrer speziellen Musik untermalen.
    Ich sah Männer und Frauen.
    Krieger und Mönche. Wenigstens wirkten zwei Gestalten so, denn sie trugen lange Kutten. Die Krieger erinnerten mich an verkleinerte Schwarzeneggers. Ihre Körper wirkten durchtrainiert und waren zudem muskelbepackt. Jetzt sah ich auch ihre Waffen. Speere, Lanzen und Schwerter, alles klein, aber trotzdem gefährlich, das stand für mich fest.
    Ich sah auch einen Altar, auf dem eine unbekleidete kleine Frau lag. Ihre untere Körperhälfte war durch ein Tuch verdeckt worden. Neben dem Altar brannte ein Feuer. Die Flammen zuckten aus
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