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0748 - Raphael, der Unheimliche

Titel: 0748 - Raphael, der Unheimliche
Autoren: Unbekannt
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er geht 'ran wie ein Berserker. Fast möchte man meinen, er hätte überhaupt keine Angst."
    „Was bei einem Aphiliker natürlich völlig unmöglich ist", gab Ironside zu bedenken.
    Bull lachte.
    „Was heißt: bei einem Aphiliker? Sehen Sie mal fünfzig Lastengleiter in dichter Formation auf sich zukommen und fühlen Sie, ob nicht auch Ihnen, dem Immunen, das Herz in die Hosen rutscht."
    Ironside antwortete nichts darauf. Er starrte vor sich hin auf die Tischplatte.
    „Sie haben etwas gegen Ozur Vailenstain, nicht wahr?"
    erkundigte sich Bull.
    Ironside zuckte mit den Schultern. Er war ein großer, breitschultriger Mann mit einem kantig geschnittenen Schädel, dessen eisgraues Haar er zu Stoppeln geschnitten trug. Aus seinen Augen leuchtete ein intensives Feuer. Der Mund war dünnlippig und vermittelte mitunter den Eindruck der Bitterkeit.
    Ironside trug die Kleidung seines Ordens, die Kutte der Franziskanermönche.
    „Es ist nicht meine Art, etwas gegen jemand zu haben", antwortete er ernst. „Es ist etwas anderes. Der Mann kommt mir ... nun, unheimlich vor. Ich fröstle in seiner Nähe."
    Bull füllte seinen Becher von neuem.
    „Sie sollten mehr von diesem Zeug trinken. Dann frösteln Sie nicht mehr."
    Aber Ironside ließ sich von der guten Laune Bulls nicht anstecken.
    „Es erscheint mir fast schon wie ein Wunder, daß wir solange unbehelligt geblieben sind", sagte er. „Stellen Sie sich doch vor: es gibt bei uns so gut wie keine Sicherheitsvorkehrungen. Jeder, der sich unserer Organisation anschließen will, wird ohne weiteres zugelassen. Ist es überhaupt denkbar, daß die Leute in Terrania City nicht schon längst versucht haben sollten, Agenten bei uns einzuschleusen?"
    „Welchen Grund hätten sie dafür gehabt?" hielt Reginald Bull ihm entgegen. „Im großen und ganzen hat sich die LdG in den vergangenen Monaten ruhig verhalten und nichts unternommen, was den Plänen der Regierung direkt zuwiderläuft."
    „Und Parkutta? Porta Pato?" fragte Ironside.
    Bull schüttelte den Kopf.
    „Unmittelbar nach Porta Pato war Casalle sicherlich bereit, seine ganze Polizeimacht auf Ihre Organisation zu hetzen. Nicht aus Rachsucht... denn die kennt er nicht. Sondern um zu verhindern, daß die LdG der Regierung nochmals eine solche Schlappe zufügte wie die von Porta Pato. Aber es rührt sich nichts. Die LdG machte nach außen hin den Eindruck, als gebe sie sich mit dem einmal Erreichten zufrieden. Damit entfiel die Gefahr, daß die Aphiliker ein zweites Mal mit ihr zusammengeraten und abermals eine Niederlage einstecken würden."
    „Sie mögen recht haben", gab Ironside zu. „Aber jetzt? Was sagt die Regierung heute zu unserer Aktivität? Die LdG hat mittlerweile mehr als zehntausend K2-Roboter auf dem Gewissen. Wo die Regierung eine Strafexpedition ansetzen will, schlagen wir zu und..."
    „Die Leute in Terrania City", fiel ihm Bull ins Wort, „haben im Augenblick ganz andere Sorgen, als sich um uns zu kümmern.
    Die Ordnung ist zerbröckelt, die Menschen werden aufsässig. In der Hauptstadt hat man keine Zeit mehr, an uns zu denken.
    Worauf wollen Sie überhaupt hinaus? Halten Sie Vailenstain für einen aphilischen Agenten?"
    Vater Ironside hob abermals die Schultern.
    „Warum nicht?" fragte er.
     
    *
     
    Später am Abend hielt Reginald Bull sich im Rechenzentrum auf. Die LdG hatte sich mit Rechnern, die in den ehemaligen Bürogebäuden des Gettos gefunden worden waren, ziemlich komfortabel eingerichtet. Von diesem Rechenzentrum aus liefen abhörsichere, prozeßrechnergesteuerte Kommunikationskanäle zu allen Teilen der Erde und hinauf zum Mond. Bull war gekommen, um sich über die Vorgänge des heutigen Tages in anderen Weltteilen zu informieren. Während er an seiner Konsole saß und Nachricht um Nachricht aus dem Online-Speicher abrief, gingen ihm Vater Ironsides merkwürdige Bemerkungen nicht aus dem Kopf.
    Ozur Vailenstain war vor etwa zehn Tagen im Getto von Shanghai aufgetaucht. Er war ein kräftiger, hochgewachsener Mann von schwer bestimmbarem Alter, neunzig bis einhundert, schätzte Bull. Er erklärte, er habe von der Organisation Logik des Glaubens gehört und wolle sich umsehen, ob er Mitglied werden könne. Niemand hatte ihm das verwehrt. Vater Ironside glaubte an das Wort von den Kindern, die man jederzeit zu sich kommen lassen solle. Vailenstain war aufgenommen worden. Fragen nach seiner Herkunft hatte es nur wenige gegeben.
    Er ähnelte so gar nicht dem typischen Mitglied der LdG: dem
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