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0744 - Die Verwandlung

0744 - Die Verwandlung

Titel: 0744 - Die Verwandlung
Autoren: Jason Dark
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Maske schauen, denn etwas anderes war es für mich nicht. Es verdiente den Begriff Gesicht nicht mehr.
    Ich hatte früher immer wieder die herrliche Haarpracht der Künstlerin bewundert. Davon war nichts mehr zurückgeblieben. Die Haare hatten sich aufgelöst, der gesamte Kopf war jetzt von dieser braunen, schuppigen Haut bedeckt. Sie reichte vom Schädel bis dorthin, wo einmal Nägel an den Zehen gewesen waren.
    Jetzt nicht mehr.
    Alles war glatt, bestand aus einer festgebackenen Haut, und nur die Augen und der Mund lagen frei.
    Sie hatten auch eine andere Farbe und sorgten deshalb für einen gewissen Kontrast.
    Nie hatte ich Augen von einem so intensiven Blau gesehen. Sie hatten keine Pupillen mehr, und die Farbe erinnerte mich dabei an erstarrtes Licht.
    Im Gegensatz dazu sahen die Lippen des Mundes aus wie eine frische Wunde. Sie waren auch nicht mit der neuen Haut bewachsen und lagen ebenso frei wie die Augen.
    Alles an dieser Kreatur war unnatürlich und unlogisch. Nichts erinnerte noch an den Menschen Jessica Long, der mir einmal einiges bedeutet hatte.
    Ich stand noch immer auf demselben Fleck und hatte den Eindruck, in einen traumatischen Zustand hineingeglitten zu sein. Ich sah alles, doch ich begriff es nicht sofort. Ich nahm es einfach hin, ich war apathisch und lethargisch geworden. Der Wille zum Überleben, zum Kampf, die Chance, das Steuer im letzten Augenblick noch herumzureißen, das alles gab es nicht mehr.
    Ich sah nur noch die Kreatur!
    Sie lag still. Ihre Augen bewegten sich nicht. Sie regenerierte, sie erholte sich, und ich stellte auch fest, daß ihr großes Mordmesser genau in der Blickrichtung lag.
    Der Anblick ließ mich schaudern.
    »John Sinclair…«
    Ich war so in mein gedankliches Trauma vertieft, daß ich erst beim zweiten Rufen aufmerksam wurde, den Kopf hob und auf Elohim schaute, der mir zunickte.
    »Wir müssen etwas tun. Sie darf uns nicht töten, John. Wir… wir müssen hier raus.«
    »Ja, das müssen wir.«
    Es klang nicht eben überzeugend, was ich da von mir gegeben hatte, und der Junge verdrehte die Augen.
    Für mich war es beschämend, so reagiert zu haben, und der Junge mußte mich noch einmal heftiger ansprechen, damit ich mich endgültig aus dem Zustand lösen konnte.
    »Haben Sie denn keine Idee?«
    Ich warf der Kreatur einen Blick zu. Sie lag noch auf dem Boden, aber mir kam es vor, als würde sie sich von Sekunde zu Sekunde mehr erholen, um dann die Kraft zu haben, uns töten zu können.
    Zeit blieb uns kaum noch…
    »Sie haben doch schon einmal eingegriffen. Da hatten Sie das Kreuz, da sind die vier Engel erschienen…«
    »Sie haben es getan, mein Junge.«
    »Versuchen Sie es…«
    »Nein, das ist nicht mehr ihre Sache, Elohim. Das hier geht nur uns beide etwas an.«
    »Bitte, wir…«
    Ein wildes Stöhnen riß ihm die nächsten Worte von den Lippen. Die Kreatur hatte es ausgestoßen, und ihre Beine schnellten plötzlich aus der angewinkelten Lage vor und legten sich gestreckt wie zwei Stöcke auf, den Boden.
    Sie hatte sich dabei auf den Rücken gerollt, den Blick der blauen Augen gegen die Decke gerichtet, den Mund halb offen, und über die Lippen drangen leise Stöhnlaute.
    Das würde nicht mehr lange dauern…
    »Kann es denn wirklich nichts tun?« hörte ich Elohim flüstern. »Ist es denn so machtlos?«
    »Ich bin gefesselt und du auch.«
    »Aber ich…«
    Er hörte auf zu sprechen, denn er hatte gesehen, wie ich zusammengezuckt war. Das nicht ohne Grund, denn plötzlich war eine Idee durch meinen Kopf gezuckt.
    Vielleicht gab es noch eine Chance. Eine winzige. Um sie wahrnehmen zu können, mußten wir uns beide beeilen, denn einer allein konnte Jessica nicht besiegen.
    Das Kreuz war tatsächlich die einzige Chance. Nur steckte es in meiner rechten Jackentasche. Ich kam nicht mit meinen auf dem Rücken gefesselten Händen heran.
    Aber der Junge würde es können. Seine Hände waren zwar auf dem Rücken gefesselt, nur befanden sie sich ungefähr in einer Höhe mit meiner Tasche, und die Kette zwischen den Stahlreifen ließ ihm noch genügend Spielraum.
    Es war wie das Setzen auf die allerletzte Karte.
    »Du mußt es nehmen!« zischelte ich ihm zu.
    »Ich?«
    »Es steckt in meiner rechten Tasche.«
    Der Junge nickte.
    Er sah so cool aus. Ich hoffte, daß er es auch war und weiterhin bleiben würde.
    Meine Füße waren nicht gefesselt. Ich konnte normal gehen und bewegte mich langsam vor, obwohl die Zeit drängte und es auch immer enger wurde, denn die Kreatur
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