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0732 - Schattenreiter

0732 - Schattenreiter

Titel: 0732 - Schattenreiter
Autoren: Jason Dark
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den Kopf nach vorn gedrückt. Sheila hatte von einer schwarzen Gestalt gesprochen, schon jetzt erkannte ich, daß dies auf keinen Fall stimmen konnte. Was da so gnomenhaft in der Hocke kauerte, war ein menschliches Wesen, aber es war nicht schwarz.
    Deren Haut sah aus wie mit Mehl gepudert, so bleich und auch so knochig, nicht einmal zu vergleichen mit der Haut eines Toten, sondern anders und auch unheimlicher.
    Ich schaute kurz zu den Conollys. Sheila hatte den Kopf ihres Mannes angehoben. Sie stützte ihn mit einer Hand ab, mit der anderen strich sie über sein blasses Gesicht. An seiner Stirn schimmerte ein dunkler Fleck, eine Beule.
    Die andere Gestalt rührte sich nicht. Sie mußte meine Tritte hören, denn auch auf dem Teppichboden konnte ich nicht lautlos gehen. Dennoch traf sie keinerlei Anstalten, sich herumzudrehen und blieb regungslos hocken.
    Erst jetzt fiel mir der ungewöhnliche Geruch auf. Ich war oft genug bei meinen Freunden zu Gast gewesen, doch einen derartigen Geruch hatte ich noch nie wahrgenommen, auch dann nicht, als Nadine Berger noch eine Wölfin gewesen war.
    Es roch nach irgendwelchen scharfen Gewürzen, die wohl verbrannt worden waren.
    Höllengestank?
    Ich mußte mit allem rechnen, in meinem Job gab es so gut wie keine Überraschungen, und daß der Teufel mal wieder seine Finger im Spiel hatte, war gut möglich.
    Dicht neben der fremden Gestalt blieb ich stehen, hob etwas den Fuß an. Mit der Spitze drückte ich gegen das dunkle Jackett an seinem Rücken.
    Der Mann kippte nach vorn.
    Er streckte nicht einmal die Arme aus, er fiel einfach um und blieb liegen.
    Das begriff ich nicht, denn dieser Lane war nicht eingefroren. Dennoch hatte sein Körper eine Starre bekommen, für die ich keine Erklärung fand.
    Da lag er nun, war auf die Seite gerollt, hatte die Beine aber noch angezogen, als wollte er seine Hockhaltung um alles in der Welt nicht aufgeben.
    Dadurch konnte ich mir sein Gesicht genauer ansehen. Es hatte dieselbe Farbe wie seine Hand. Unnatürlich bleich, als wäre das Blut aus ihm herausgesaugt worden. Er war nicht mehr als eine bleiche Gestalt.
    Auch eine tote?
    Die Waffe steckte ich weg, als ich mich diesmal bückte, um mir den Verleger aus der Nähe anzuschauen. Auf seinem ziemlich runden Kopf lag das glatte Haar in Strähnen.
    Ich konzentrierte mich auf seine Augen.
    Lebten sie, waren sie tot? Sie sahen beinahe aus, als wären sie künstlich, ich aber wollte es nicht glauben. Auch wenn Lane aussah wie tot, meiner Ansicht nach lebte er noch.
    »Was ist mit ihm?« hörte ich Sheilas Flüsterfrage.
    »Wenn ich das wüßte.«
    »Tot?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    Nein, er war nicht tot. Bevor ich nach seinem Herzschlag fühlen konnte, bewegte er seine Augen.
    Selbst die Wimpern kamen mir bleich vor, und er zwinkerte mir zu. Es wirkte wie eine kleine Verschwörung zwischen mir und ihm.
    »Sind Sie okay?«
    »N… nein«, die Antwort bestand mehr aus einem Röcheln. »Es geht zu Ende mit mir.«
    »Warum?«
    »Schatten, die Schattenreiter, die Schattenräuber. Ich, Vernon Graves und Don Frazer.«
    »Wieso?«
    »Fehler gemacht«, hauchte er. »Große Fehler gemacht. Jetzt sind Sie da. Wir haben Geld… verkauft… Schatten… aufpassen, wenn Sie kommen. Sie haben mir alles genommen. Ich bin der letzte. Sie haben mir alles ausgesaugt. Wasser, Seele, Leben…«
    »Wer hat es getan?«
    Sein Körper zuckte, der Kopf bewegte sich zur Seite, so daß ich jetzt direkt in sein Gesicht schauen konnte, das mir wie eine weißgepuderte gepuderte Maske vorkam.
    Seine Augen waren bereits ohne Glanz. Sie glichen polierten Steinen, die jemand in die Höhlen hineingedrückt hatte. Die Lippen waren ebenfalls in dem blassen Gesicht kaum zu erkennen. Sie sahen etwas roter aus, für mich jedoch wirkten sie blutleer.
    »Ich… ich wollte alles beichten… zu spät. Ich habe kein Leben mehr, ich habe mich verkauft. Man kann nicht ohne leben…«
    »Ohne was, Mr. Lane?«
    »Ohne… ohne…«, er schnellte plötzlich mit der oberen Hälfte des Körpers hoch, auch seine Arme bewegten sich. Mit dem einen wollte er nach mir greifen, war aber zu schwach, so daß sein Arm wieder nach unten fiel und die flache Hand zu Boden klatschte.
    Ich faßte ihn an, ich wollte ihn wieder anheben, sein Körper war kalt und schwer wie Stein.
    Kein Herzschlag mehr, kein Atem. Beides war in den letzten Sekunden eingefroren.
    Himmel, was ist das nur gewesen?
    Ich strich über sein Gesicht. Keine Frische, keine Wärme, kein Blut
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