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0728 - Angst in den Alpen

0728 - Angst in den Alpen

Titel: 0728 - Angst in den Alpen
Autoren: Jason Dark
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Weg gefunden hatten. Sie verliefen sich aber bald, doch ich hatte erkannt, daß sie nicht auf meiner Höhe blieben, sondern ebenfalls ins Tal führten. Bestimmt würde ich sie dort noch einmal treffen.
    Ich machte mich auf den Weg.
    Der Schnee taute. Er war weich geworden und knirschte trotzdem, als meine Füße ihn zusammendrückten.
    Ich ärgerte mich nur über meine Kopfschmerzen. Bei jedem zu hart gesetzten Tritt spürte ich die Stiche, die durch den Kopf zuckten und sich verteilten wie ein Blitzgewitter.
    In den Bergen täuschten Entfernungen. Was nah aussieht, kann sehr weit entfernt sein.
    Die Vegetation veränderte sich auch.
    Die ersten Nadelbäume warfen Schatten auf den Boden. Lichter Wald umgab mich an manchen Stellen, eingepackt in die Stille einer grandiosen Bergwelt, dessen oberen Gipfel und Grate von einer dicken Eisschicht bedeckt waren.
    Und dann sah ich meinen Führer.
    Er hieß Fritz Höller und hockte auf dem Stein am Wegrand. Er hatte mich schon gehört und schaute in meine Richtung. Das Heben seiner Schultern sagte mir eigentlich alles. Er war wütend, ärgerte sich, mußte aber sein Schicksal gelassen hinnehmen. Neben ihm blieb ich stehen.
    »Es ist ein verfluchter Mist«, sagte er. »Aber ich habe mir tatsächlich den Knöchel verstaucht. Bis hierher konnte ich es schaffen, doch keinen Schritt weiter.«
    »Dann werde ich dich tragen.«
    Er grinste. »Das schaffst du nicht!«
    Höller war vierzig, sah aber älter aus, denn er wirkte irgendwie auch verwittert. Wind und Wetter hatten seine Haut gegerbt und auch ein Muster aus Falten um Augen und Stirn entstehen lassen.
    Seine Nase ragte krumm aus dem Gesicht hervor. Mit der Spitze berührte sie beinahe den grauen Bart, der Kinn und Wangen umwuchs.
    Ich setzte mich neben ihn. Wegen der Kopfschmerzen brauchte ich einfach einen Moment Ruhe.
    »Bist du jetzt sauer, John?«
    »Nein. Du kannst ja nichts dafür.«
    »Aber ich ärgere mich trotzdem. Immer wieder bin ich den Weg gegangen, nie ist etwas passiert und jetzt…«
    »Es gibt immer ein erstes Mal, Fritz.«
    »Ein schwacher Trost.«
    »Besser als keiner.« Ich schaute auf das Dorf. Nicht weit entfernt sah ich bereits einen asphaltierten Weg.
    »Und wie ist es dir ergangen, John? Hast du die Hütte gefunden und auch den Einsiedler?«
    »Ja - beide.«
    »Was sagte er?«
    »Nicht viel.« Ich blieb ziemlich wortkarg, denn ich wollte auf ein anderes Thema hinaus. »Sag mal, Fritz, du bist doch hier geboren und kennst dich aus.«
    »Stimmt.«
    »Gut, dann will ich dich fragen, ob du hier schon einmal Zwerge gesehen hast?«
    Er schaute mich an, als wüßte er nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
    »Die Frage ist ernst gemeint.«
    »Ja, ja, das glaube ich dir. Klar, ich habe schon Zwerge gesehen. In den Gärten, weißt du…«
    »Die meine ich nicht.«
    »Welche dann?«
    »Lebende oder lebendige Zwerge. Echte, kleine Menschen. Nun ja, Zwerge eben.«
    Er lachte nicht, er gab auch keine Antwort, aber er schlug hastig ein Kreuzzeichen. Was immer die Geste auch bedeuten sollte, ich kam damit einfach nicht zurecht.
    »Habe ich dir etwas getan?«
    »Nein, aber du redest so, als hättest du echte Zwerge gesehen. Das… das ist nicht wahr. Die gibt es doch nicht…«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Hat dir das der Einsiedler erzählt?«
    »Der nicht. Er konnte nicht mehr reden. Du verstehst, was ich damit sagen will.«
    Fritz Höller hob die Arme an. Er preßte seine Hände gegen das Gesicht. »0 Gott«, flüsterte er, »das kann doch nicht wahr sein!«
    »Er war tot.«
    Höller schloß die Augen. Dann fragte er mit leiser Stimme: »Wie auch die anderen?«
    »Ja, Fritz. Furchtbar ums Leben gekommen.«
    Höller sah aus, als wollte er aufstehen, überlegte es sich aber und blieb sitzen. Wahrscheinlich dachte er an sein Bein. Oder der Schreck hatte ihn zu hart getroffen.
    Ich saß so, daß ich ihn anschauen konnte. Zwar zeigte er sich schockiert, aber nicht so entsetzt, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hätte. Im Gegenteil, er kam mir beinahe so vor wie ein Mensch, der etwas Ähnliches erwartet hatte.
    Beweisen konnte ich es nicht, doch ich hatte den Eindruck, als würde er mir etwas verschweigen.
    Ich hörte ihn schwer atmen, dann räusperte er sich.
    »Wolltest du etwas sagen, Fritz?«
    »Nun ja, ich…«
    »Bitte!«
    »Du fragtest nach den Zwergen, nicht?«
    »Richtig.«
    Er versuchte so etwas wie ein Lächeln, das ihm jedoch mißlang. »Also, ich kann mir nicht helfen. Aber hast du gedacht,
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