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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da
Autoren: Jason Dark
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strahlte mich an. »Moment noch, ich muß eben die Rechnung begleichen.«
    Während Selma Scott zahlte, dachte ich über die Frau und ihr Benehmen nach. Es kam mir seltsam genug vor. Eigentlich reagierte so keine Witwe, auch schien ihr der Tod des Mannes nicht viel auszumachen, denn eine große Traurigkeit stellte sie nicht zur Schau.
    Wir befanden uns am nördlichen Stadtrand von London, in einem kleinen Kaff, das eigentlich keinen Namen hatte und zu Stanmore gehörte. Sehr ländlich, sehr idyllisch, und von der Hektik der nahen Millionenstadt war hier nichts zu spüren.
    Hyram Scott hatte sich hier vor mehr als zwanzig Jahren ein Haus gekauft, um in Ruhe seinen Forschungen nachgehen zu können, denn er gehörte zu einer Kommission, die dabei war, das alte Strafrecht zu überarbeiten und neu zu definieren.
    Ich hörte Selma kommen. Ihre hohen Absätze klackten auf dem Boden. Sie ging swingend, sehr aufrecht. Das ehemalige Mannequin konnte sie nicht verleugnen.
    Eine ungewöhnliche Person. Es war klar, daß sich die Nachbarinnen darüber die Mäuler zerrissen.
    Wie selbstverständlich hakte sie sich bei mir ein. »Können wir gehen, Mr. Sinclair?«
    »Gern.«
    Die Kellnerin öffnete die Tür, und wir traten hinaus in die bessere Luft. Der Nachmittag war ziemlich weit fortgeschritten. Die Tage wurden kürzer, es dauerte nicht mehr lange, bis die Dämmerung hereinbrach. Selma fuhr einen roten Golf-Cabrio. Das Verdeck stand offen. Sie stemmte sich an einer Seite des Überrollbügels ab und wollte wissen, ob ich mit dem eigenen Wagen gekommen war.
    »Ja.«
    »Dann fahren Sie bitte hinter mir her. Es ist nicht weit. Wir wohnen ziemlich am Ende der Straße. Etwas einsam, aber nicht schlecht, wie ich finde.«
    »Bis gleich dann.«
    Ich brauchte nicht weit zu laufen. Natürlich machte ich mir meine Gedanken, als ich hinter dieser ungewöhnlichen Frau herfuhr. Was wollte sie von mir? Warum hatte sie sich ausgerechnet mich als Gesprächspartner ausgesucht, denn ich hatte jahrelang keinen Kontakt mehr mit Dr. Scott gehabt.
    Sie war schon eine ungewöhnliche Frau, da mußte ich den Flüstertanten auf dem Friedhof zustimmen. Und ehrlich gesagt, sie paßte auch nicht zu einem Mann wie Hyram Scott. Wie hatte er Selma nur heiraten können? Da mußte er meiner Ansicht nach einen Kurzschluß gehabt haben.
    Ich rollte hinter ihr her über eine stille Straße und durch einen verschlafen wirkenden Ort mit kleinen Häusern, ebenfalls kleinen und sehr wenigen Geschäften und dann durch ein Gelände, in dem die Grünflächen überwogen und die Häuser einen mehr bäuerlichen oder ländlichen Charakter aufwiesen.
    An einer Kreuzung mußten wir links ab. Selma winkte mir aus dem offenen Fahrzeug zu. Fast fröhlich, wie mir schien. Freute sie sich über den Tod ihres Mannes?
    Wir brauchten nicht mehr weit zu fahren. Meine Unruhe aber steigerte sich. Nicht daß sie zu einem Verdacht wurde, ich war schon gespannt, was diese Person von mir wollte.
    Das Haus lag auf der rechten Seite. Nicht mehr deutlich zu erkennen, da die vordere Fassade von hohen Bäumen verdeckt wurde. Es gab keinen Zaun, der das Grundstück abgeteilt hätte, nur einen Weg, der direkt auf die Haustür zuführte.
    Ich parkte meinen Rover im hohem Gras eines Wiesenstücks und stieg aus, nachdem auch- Selma ihren Golf verlassen hatte. Sie erwartete mich schon neben dem Fahrzeug, die dunkle Jacke lässig über die Schulter geworfen. Dabei rauchte sie eine Zigarette.
    So sah keine trauernde Witwe aus.
    »So«, sagte sie und nickte. »Hier sind wir, John. Da ist unser Haus gewesen.«
    Ich schaute mir den viereckigen Bau mit der efeuberankten Fassade an. »Nicht schlecht, Selma, wirklich nicht. Aber nicht doch ein wenig einsam?« Ich wollte sie mit dieser Frage aufs Glatteis locken und schaffte dies auch, denn sie verzog ihr Gesicht.
    »Einsam? Zu einsam. Am Ende der Welt. Aber was wollen Sie machen? Hyram liebte das Haus.«
    »Kann ich mir denken. Hier konnte er in Ruhe arbeiten.«
    »Stimmt.«
    Sie drehte sich um. Die Haare schwangen mit, sie klimperte mit den Schlüsseln. »Dann darf ich vorgehen?«
    »Bitte sehr.«
    Ich schaute auf ihren Rücken und den Po, der sich unter dem engen schwarzen Rock abmalte. Ich drehte mich auch um.
    Zwei schwarze Katzen huschten durch das hohe Gras. Ich sah sie nur wie Schatten, und im nächsten Augenblick waren sie auch schon in einer Deckung verschwunden.
    Ich war wirklich gespannt, was diese Frau von mir wollte, die mir die Tür aufhielt und
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