Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0709 - Märchenfluch

0709 - Märchenfluch

Titel: 0709 - Märchenfluch
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
hatten die Abkürzung über Louisiana genommen. Mittels der Regenbogenblumen, die eine Ortsversetzung ohne Zeitverlust überall hin ermöglichten, wo es ebenfalls Regenbogenblumen gab, waren sie nach Baton Rouge gegangen, vom dortigen Metropolitan Airport aus nach New York geflogen und dann fast ohne Aufenthalt weiter nach Portland, Maine, wo sie in den reservierten Mietwagen, einen flammroten Dodge Durango, gestiegen waren.
    Augenzwinkernd hatte Zamorra den bulligen Geländewagen, der immerhin 235 PS aus 4,7 Litern Hubraum schaufelte, als im Vergleich zu seiner privaten Limousine ›untermotorisiert‹ bezeichnet, was ihm ein paar sehr mörderische Blicke des Schalterpersonals einbrachte. Nicoles beschwichtigende Erklärung, der BMW bringe immerhin rund 300 PS auf die Straße, war da wenig hilfreich gewesen.
    Fly Creek lag rund 60 Meilen nördlich von Portland, eigentlich ein Katzensprung, für den sie aber trotzdem anderthalb Stunden brauchten, weil das letzte Stück der Strecke über winzige und abenteuerlich gewundene Straßen, Sträßchen und leidlich ausgebaute Waldwege führte. Am frühen Nachmittag erreichten sie ihr Ziel.
    »Hübsch«, fand Nicole, der Zamorra das Lenkrad überlassen hatte. Er stimmte zu.
    Fly Creek schmiegte sich in eine weitläufige Senke, eingebettet in dichte Wälder.
    Darüber spannten sich von Mast zu Mast Strom- und Telefonleitungen wie das unfertige Netz einer titanischen Spinne. Abgesehen vom Ortskern standen die Häuser weit auseinander. Die Ausdehnung des Städtchens täuschte über seine wahre Größe hinweg. Zamorras Schätzung der Einwohnerzahl lag im oberen dreistelligen Bereich.
    »Die typische amerikanische Kleinstadt«, sagte er. »Mal sehen, ob diese Beschaulichkeit nicht nur Makulatur ist.« Er hakte Merlins Stern von der Halskette, hielt das magische Amulett auf der Handfläche seiner Linken, derweil er mit den Fingern der Rechten behutsam einige der erhaben gearbeiteten Zeichen verschob. Die silberne Scheibe zeigte keine Reaktion, empfing offenbar keine wie auch immer geartete magische Ausstrahlung.
    »So weit, so gut«, murmelte er.
    »Hast du Lust auf eine Stadtrundfahrt, oder wollen wir uns zuerst ein Zimmer besorgen?« fragte Nicole. Sie hatte den Mietwagen noch vor den ersten Häusern am Straßenrand gestoppt, damit sie sich in Ruhe einen ersten Eindruck von Fly Creek verschaffen konnten. Eine Zimmerreservierung war via Internet nicht möglich gewesen, aber immerhin hatte Nicole in Erfahrung bringen können, dass es in Fly Creek eine Pension namens Lucinda's Bed & Stew gab. Dass in jener Herberge am Ende der Welt kein Zimmer frei sein könnte, stand nicht zu befürchten. Hauptsaison war in dieser Gegend vermutlich die Jagdzeit, und die begann erst im Herbst.
    »Hallo? Erde an Zamorra?«, sagte Nicole, als sie keine Antwort erhielt.
    Zamorra spähte aufmerksam durch die Frontscheibe. Nicole folgte seiner Blickrichtung.
    »Siehst du das?«, fragte er.
    Sie nickte. »Kein Wunder, dass das Dorf wie ausgestorben aussieht. Sämtliche Bewohner scheinen sich da drüben versammelt zu haben.«
    »Muss wohl etwas passiert sein.«
    »Etwas, für das wir uns interessieren sollten?«
    Zamorra tippte sich an die Nase. »Mein Riecher sagt ja.«
    Nicole nahm Kurs auf den jenseitigen Ortsrand, wo, anderthalb Meilen entfernt und fast schon im Schatten des nahen Waldes, eine auffällig große Zahl von Fahrzeugen beisammen stand. Auf Chrom und Scheiben brach sich das Sonnenlicht, deshalb war Zamorra darauf aufmerksam geworden. Dazwischen und drum herum herrschte aus der Ferne ameisenhaft wirkendes Wuseln einer noch größeren Anzahl von Menschen.
    Sie erreichten den Bach, der die Ortschaft in zwei unterschiedlich große Hälften teilte, und fanden in der Nähe einer alten Mühle, die offenbar nicht mehr in Betrieb, wohl aber in gepflegtem Zustand war, eine Bohlenbrücke.
    Der Aufruhr am anderen Ufer konzentrierte sich auf eine kleine Farm in abgelegener Lage. Die umstehenden Gebäude, darunter auch eine Kirche, machten einen verlassenen und teils schon baufälligen Eindruck.
    »Sheriff und Polizei sind hier«, sagte Nicole mit einem Blick auf die entsprechenden Fahrzeuge, als sie den Durango zwischen Pick-up's und Geländewagen anhielt.
    Sie stiegen aus und gingen auf die Farm zu. Ein Schild verriet, dass hier ein gewisser Parmalee Ziegen züchtete und Milchprodukte herstellte. Von nahem besehen, schien es nicht mehr ganz so, als hätte sich hier die gesamte Einwohnerschaft von Fly
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher