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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand
Autoren: Deborah Crombie
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Glaston gelitten, übersetzte er im Stillen.
      »Sind Sie Altphilologe?«, platzte Nick überrascht heraus.
      »Was?« Der Mann blinzelte ihn verstört an. Einen Moment lang überlegte Nick, ob er vielleicht betrunken sei, allerdings hatte er sich an ein und demselben Bier festgehalten, seit Nick ihn bemerkt hatte.
      Nick tippte mit dem Finger auf den Skizzenblock. »Ich meine das da. Ich erlebe es nicht allzu oft, dass jemand Latein schreibt.«
      Der Mann warf einen Blick auf das Blatt und erblasste. »O Gott. Nicht schon wieder.«
      »Bitte?«
      »Nein, nein. Alles in Ordnung.« Der Mann schüttelte den Kopf und schien sich große Mühe zu geben, Nick zu fixieren. »Jack Montfort. Ich habe Sie schon einmal gesehen, nicht wahr? Sie arbeiten in der Buchhandlung.«
      »Nick Carlisle.«
      »Mein Büro ist direkt über Ihrem Laden.« Montfort deutete auf Nicks leeres Glas. »Was trinken Sie?«
      Montfort bestellte noch zwei Bier und wandte sich dann wieder Nick zu. Jetzt schien er auf einmal sehr gesprächig. »Sie arbeiten also im Buchladen - da werden Sie wohl eine ganze Menge lesen?«
      »Wie ein kleiner Junge in einem Süßwarengeschäft. Die Inhaberin ist echt gut drauf, die drückt öfters mal ein Auge zu. Und ich bemühe mich, keine Eselsohren zu hinterlassen.«
      »Ich muss zugeben, ich war noch nie in dem Laden. Ganz interessant, was es da so gibt, oder?«
      »Zum Teil ist es absoluter Quatsch«, erwiderte Nick grinsend. »Ufos, Kornkreise - jeder weiß doch, dass das ein Schwindel ist. Aber manche Sachen... na ja, da kommt man schon ins Grübeln... In Glastonbury passieren anscheinend die merkwürdigsten Dinge.«
      »Das können Sie laut sagen«, murmelte Montfort in sein Glas, und seine Miene verdüsterte sich wieder. Dann schien er zu versuchen, die Gedanken abzuschütteln, die ihn beschäftigten. »Sie sind nicht aus dieser Gegend, oder? Höre ich da vielleicht eine Spur vonYorkshire heraus?«
      »Northumberland, um genau zu sein. Ich bin letztes Jahr wegen des Festivals hergekommen« - Nick zuckte mit den Achseln -, »und ich bin immer noch hier.«
      »Ach ja, das Rockfestival in Pilton. Irgendwie habe ich es nie geschafft, da hinzugehen. Da ist mir wohl eine unvergessliche Erfahrung entgangen.«
      »Matsch.« Nick grinste. »Ganze Ozeane davon. Du trampelst durch irgendwelche Äcker, wirst von den Mücken zerstochen, trinkst miserables Bier und stehst stundenlang Schlange, wenn du aufs Klo musst. Aber trotzdem...«
      »Es hatte etwas«, half Montfort nach.
      »Genau. Ich hätte es gerne in der großen Zeit erlebt, in den frühen Siebzigern, wissen Sie? Glastonbury Fayre haben sie es genannt. Das muss tierisch beeindruckend gewesen sein. Und selbst das war kein Vergleich mit dem ursprünglichen Glastonbury Festival - was die Qualität angeht, nicht die Quantität.«
      »Mit dem ursprünglichen Festival?«, wiederholte Montfort verständnislos.
      »Der Komponist Rutland Boughton hat es 1914 ins Leben gerufen«, antwortete Nick. »Boughton war ein Riesentalent - seine Oper Die unsterbliche Stunde hält immer noch den Rekord als die Opernproduktion mit der längsten Laufzeit. Alle möglichen Größen der Zeit hatten mit dem Festival zu tun: Shaw, Edward Eigar, Vaughan Williams, D. H. Lawrence. Und Glastonbury selbst hat auch Leute hervorgebracht, die zu der damaligen kulturellen Renaissance beigetragen haben, wie zum Beispiel Frederick Bligh Bond und Alice Buckton... Und dann war da noch die Sache mit Bonds Freund Dr. John Goodchild und der Auffindung des >Grals< in der Saint-Bride’s-Quelle. Das hat einige Wellen geschlagen...« Nick merkte, dass er ins Schwadronieren geraten war; er verstummte und trank den Schaum von seinem Bier ab.
      Als er wieder aufblickte, sah er, wie Montfort ihn anstarrte. Nick wurde rot. »Tut mir Leid. Wenn ich mal in Fahrt komme -«
      »Sie wissen Bescheid über Bligh Bond?«
      Die Intensität in Montforts Stimme verblüffte Nick. »Nun ja, das ist schon eine faszinierende Geschichte, nicht wahr? Bond besaß ein enormes Wissen, seine Ausgrabungen auf dem Gelände der Abtei sind der Beweis dafür; andererseits, denke ich, man kann der Kirche keinen Vorwurf machen, nur weil sie die Vorstellung etwas unbehaglich fand, dass Bond seine Anweisungen für die Grabungen von Mönchen erhalten haben soll, die seit fünfhundert Jahren tot waren.«
      »Unbehaglich?« Montfort schnaubte verächtlich. »Sie haben ihn
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