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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand
Autoren: Deborah Crombie
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Luft, und die Anstrengung des Würgens hatte ihr die Tränen in die Augen getrieben. Es war nichts mehr übrig, was sie hätte erbrechen können, bis auf ihre Magenschleimhaut, aber irgendwie musste sie sich zusammenreißen, hinausgehen und sich dem Geruch des Frühstücks aussetzen, das ihre Mutter bereitet hatte.
      An diesem Morgen waren es wieder einmal Eier mit Speck. Ihre Mum war der Überzeugung, dass alle Kinder sich ordentlich gestärkt auf den Weg zur Schule machen sollten. So gab es abwechselnd gekochte Eier oder Porridge oder Vollkorntoast mit Marmite; und an diesem Donnerstagmorgen im März hatte Faith die schlimmste mögliche Alternative erwischt.
      Der Speckgeruch zog von der Küche ins Bad. Ihr Magen zog sich bedenklich zusammen, und im gleichen Moment hämmerte ihr kleiner Bruder Jonathan an die Tür. »Kommst dir wohl vor wie Madonna da drin, was? Jetzt sieh mal zu, dass du den Arsch hochkriegst, Faith!«
      Ohne den Kopf zu heben, sagte Faith: »Halt die Klappe«, doch es war nicht mehr als ein Flüstern.
      Dann die Stimme ihrer Mutter - »Jonathan, so was sagt man nicht!« - und ein forsches Klopfen an der Tür. »Faith, was ist denn los mit dir? Du wirst noch zu spät kommen, und du wirst schuld sein, wenn Jon und Meredith sich auch verspäten.«
      »Ich komm ja schon.« Mit unsicheren Bewegungen richtete Faith sich auf, spülte und putzte sich dann die Nase mit einem Stück Toilettenpapier. Als sie die Tür vorsichtig öffnete, wartete ihre Mutter schon auf sie, die Hände in die Hüften gestemmt; hinter ihr standen Jon und ihre Schwester Meredith, alle drei mit Mienen, die verschiedene Grade von Verärgerung ausdrückten. »Was soll das denn sein, ein Empfangskomitee?«, fragte sie, bemüht, sich nicht unterkriegen zu lassen.
     •Ihre Mutter ignorierte sie und packte sie mit festem Griff am Kinn, um ihr Gesicht in das matte Licht zu drehen, das durch die Wohnzimmertür fiel. »Du bist ja weiß wie die Wand«, verkündete sie. »Bist du krank?«
      Die Küchendüfte zwangen Faith, krampfhaft zu schlucken, bevor sie mit krächzender Stimme herausbrachte: »Mir geht’s gut. Das ist nur der Prüfungsstress.«
      Ihr Vater trat aus dem Schlafzimmer; er band sich gerade seine Krawatte. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht erst in letzter Minute mit dem Lernen anfangen? Und du weißt genau, wie wichtig die Mittlere Reife für dich -«
      »Lass mich doch einfach nur meine Bücher holen, okay?«
      »Sprich nicht in diesem Ton mit mir, junge Dame!« Ihr Vater zog den Knoten seiner Krawatte stramm und streckte dann die Hand nach ihr aus. Seine Finger gruben sich tief in das nackte Fleisch ihres Oberarms.
      »Tut mir Leid«, murmelte Faith. Sie riss sich los, flüchtete in das Zimmer, das sie mit ihrer Schwester teilte, und lehnte sich von innen an die Tür, sobald sie drin war. Sie hoffte inständig auf einen Augenblick der Ruhe, bevor Meredith wiederkam. Es war ein Kinderzimmer, dachte sie; mit einem Mal sah sie es mit neuen Augen. Die Wände waren mit Postern von Rockstars bedeckt, die beiden Betten mit zerzausten Plüschtieren. Ihr Hockeydress quoll aus dem Ranzen hervor; die Notenblätter für die Chorprobe am Nachmittag lagen verstreut am Boden. Lauter Dinge, die ihr so wichtig gewesen waren - und die jetzt all ihre Bedeutung verloren hatten.
      Sie würde nicht gut zurechtkommen, das wurde ihr plötzlich klar, und sie schloss die Augen, als die Welle der Verzweiflung sie überkam. Nichts würde je wieder gut sein.
      Und sie konnte es ihren Eltern nicht sagen. In der perfekten Welt ihrer Mutter begann eine Siebzehnjährige den Tag nicht mit dem Kopf über der Toilettenschüssel, und ihr Vater - nun, darüber durfte sie gar nicht erst nachdenken.
      Sie hatte versprochen, niemandem etwas zu verraten, und das war das Einzige, worauf es ankam.
      Faith kauerte sich zusammen und drückte die Arme gegen ihre neuerdings schmerzhaft geschwollenen Brüste. Niemals, niemals, niemals. Sie wiederholte das Wort wie eine Litanei, während sie sich sanft hin und her wiegte.
      Niemals.
     
     

* 2
     
    Glastonbury ist die einzige große religiöse Gründung unserer britischen Vorfahren in England, die ohne Unterbrechungen die Periode der angelsächsischen und normannischen Eroberungen überlebt hat, und seine erhabene Geschichte führt uns zurück bis in die Zeit der frühesten christlichen Ansiedlung in Britannien.
     
    Frederick Bligh Bond,
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