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07 - Ein Grab im Dschungel

07 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 07 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Timothy Stahl
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Kreaturen davor, von seinem Wasser zu trinken …
    Isleif schreckte aus seiner Grübelei auf.
    Er hörte, wie Wasser sich bewegte, mit altbekanntem Geräusch, weil altbekanntes Gewicht es durchpflügte und ihm entstieg.
    Mutter kam.
    ***
    Yucatán, Mexiko, Gegenwart
    Das Grab von Ts’onot lag in einer Bodensenke, deren Sohle im Laufe der Jahrhunderte abgesackt zu sein schien. Der eigentliche Zugang befand sich heute ein gutes Stück über dem Grund der Senke in deren Seitenwand, die etwa zehn Meter hoch beziehungsweise tief war und sich fast mosaikartig aus Erdreich, Pflanzenbewuchs und Felsen zusammensetzte.
    Durch dieses Absinken hatte sich auch der Verbund der aufeinandergeschichteten, kopfgroßen Steine gelöst, mit denen Diego de Landa den Eingang zur Grabhöhle praktisch zugemauert hatte.
    Die Natur hatte es Abby und Xavier also abgenommen, diese Mauer von Hand einreißen zu müssen. So wie sie aufgrund des abgesunkenen Bodens auch nicht bis ganz nach unten klettern mussten, wofür Abby dankbar war. Denn de Landa hatte nicht nur Wegmarken für den Kundigen hinterlassen, sondern auch Sorge dafür getragen, dass kein Unkundiger zufällig in das Grab geraten konnte.
    Während Xavier schon in die Senke hinabstieg, wobei er sein langes Jagdmesser als Kletterhilfe benutzte, entnahm Abby ihrem Rucksack rasch noch eines der gefaxten Blätter.
    »Wo bleibst du?«, rief Xavier, schon unter ihr am Höhlenzugang und einen Fuß in dem mannshohen Loch in der Wand. Die Khakikleidung, die er wie auch Abby trug, ließ ihn ein wenig mit seiner Umgebung verschmelzen, obgleich er nur ein paar Meter entfernt war.
    »Ich komme schon«, antwortete Abby. Sie streifte noch rasch fingerlose, feste Handschuhe über, für den Fall, dass sie an scharfkantigen Steinen Halt finden musste. »Und du bleibst besser, wo du bist.« Sie winkte mit dem Blatt in ihrer Hand, das sie ihm zeigte, als sie nach kurzer Klettertour neben ihm anlangte.
    »De Landa hat das Grab vor unbefugtem Zutritt geschützt.« Xavier nickte anerkennend.
    Das Blatt zeigte einen mit Steinen gepflasterten Weg. Und nur einige dieser Steine waren mit stilisierten Fußspuren markiert.
    »Man darf also nur auf diese Steine treten«, vermutete Abby.
    »Si, dann wollen wir mal nichts überstürzen.«
    Im Schein ihrer Taschenlampen stiegen sie durch das Loch in einen Gang, der schon nach wenigen Schritten schräg nach unten führte. Und dort begann auch das Pflaster, genauso, wie Diego de Landa es aufgemalt hatte. Was geschehen würde, wenn sie daneben traten, wurde aus der Aufzeichnung nicht ersichtlich – aber sie hatten auch kein Interesse daran, es auszuprobieren.
    Die Lichtkegel sprangen von Stein zu Stein, die alle gerade groß genug waren, um einen Fuß darauf setzen zu können. Mitunter lagen die richtigen Steine so weit auseinander, dass man zum nächsten fast hinüberspringen musste, aber schließlich hatten sie es geschafft.
    Vor ihnen lag das eigentliche Grab, die Gruft des Maya-Kaziken Ts’onot.
    Der Leichnam war noch da, so wie Diego de Landa ihn zuletzt gesehen haben musste. Natürlich längst völlig verwest und nur noch ein Skelett, von grauem Gewebe bedeckt, das sicher einmal edler Stoff gewesen war.
    Der Tote lag auf einem rechteckigen Steinblock inmitten der Grabkammer, die von quadratischer Form war und deren Durchmesser keine fünf Meter betrug.
    Wie das umhergeisternde Licht der Taschenlampen enthüllte, waren der steinerne Block und auch die Wände des Raums aus natürlichem Fels mit eingemeißelten Zeichen verziert, vom Boden bis zur Decke, und auch über die Decke selbst zogen sie sich in vielen geraden Linien. Vielleicht erzählten sie die Lebensgeschichte Ts’onots in der Schrift der Maya, die Abby nicht zu lesen verstand.
    Sie trat neben den Toten. Hinter sich spürte sie Xaviers Nähe.
    Ts’onot trug eine hölzerne Maske, die zwar rissig geworden, aber doch erstaunlich gut erhalten war. Gnädig verbarg sie den grinsenden Totenschädel, zu dem Ts’onots Antlitz geworden sein musste und dessen wahre Züge die Maske grob stilisiert nachbildete.
    Abbys Blick wanderte über den Leib des Toten. Die Hände lagen auf seiner Brust, wie zum Gebet gefaltet; eine Geste, zu der sich der Christ Diego de Landa womöglich hatte hinreißen lassen, obwohl die Götter der Maya nicht mit dem seinen verwandt waren. Aber vielleicht hatte Ts’onot ja auch durch die Bekanntschaft des Spaniers Gefallen oder zumindest Interesse an dessen Glauben gefunden.
    Die Hände
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