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0697 - Der Leichenholer

0697 - Der Leichenholer

Titel: 0697 - Der Leichenholer
Autoren: Jason Dark
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wie ein helles, weiß und grau schäumendes Band.
    Ein Naturschauspiel, für das ich keinen Blick hatte. Sein Rauschen hörte ich nicht, die Scheiben waren sehr dick und schluckten den Schall. Hinter mir hörte ich Schritte. Mein Freund durchwanderte den Raum, um sich zu orientieren.
    Nur sah er nicht viel.
    Ein Licht brannte am anderen Ende des Raumes. Diese Lichtquelle spiegelte sich auch in der Scheibe als gelber Tupfen.
    Ich drehte mich wieder um.
    Edna hielt sich zwischen mir und Suko auf. Sie lachte sogar, als sie mich anschaute. »Ja, so kann es gehen. Da nimmt man sich viel vor, und es kommt nichts dabei heraus.«
    »Das steht noch nicht fest.« Ich löste mich vom Fenster und näherte mich ihr.
    Ich hatte allerdings das Gefühl, reingelegt worden zu sein. Irgendwie hatten wir einfach die Zeit verpasst, und das schien Edna genau zu wissen.
    Bevor ich sie erreichte, meldete sich Suko. »Ah, da ist noch etwas.« Der Schein seiner Bleistiftlampe zuckte auf uns nieder. Er glitt über eine schwarze Fläche hinweg, die auf mich den Eindruck machte, als bestünde sie aus einer Ziehharmonika.
    Das war eine Falttür…
    Von zwei verschiedenen Seiten lief sie einem Mittelpunkt entgegen, wo sie dann geschlossen wurde.
    Suko war dabei, sie zu öffnen, was Edna jedoch zu einem Lachen veranlasste.
    »Was willst du da?«
    »Nachschauen.«
    Sie konnte ein Kichern nicht vermeiden. »Bitte, tu es. Schau ruhig nach, du…«
    »Halten Sie den Mund!« Auch ich hatte jetzt meine Lampe hervorgeholt und sie eingeschaltet. Ich verfolgte den Strahl mit den Augen und stellte fest, dass er genau die Gegenstände und Utensilien aus der Dunkelheit holte, die wir bisher so vermisst hatten.
    Hinter der Falttür hatte der Maler die Farbe, die Staffeleien, Töpfe und Pinsel aufbewahrt, die eben für seine Arbeit unerlässlich waren. Ihn selbst sahen wir nicht.
    Bisher hatte die Faltwand den typischen Ateliergeruch zurückgehalten. Nun wehte er uns entgegen.
    Ich roch Farben, Lösungsmittel und Holz.
    Ich blieb in Ednas Nähe, der ich nach wie vor nicht traute. Diese graue Maus hatte es faustdick hinter den Ohren. Ihr Gesicht sah aus wie eine alte Zeichnung, in die jemand noch einige graue Striche mehr hineingemalt hatte.
    Sie wartete…
    Auch ich lauerte, ob Suko, der sich jenseits der offenen Falttür umschaute, eine Spur entdeckte.
    Dabei ging er gründlich vor. Er leuchtete in jede Ecke, holte halb fertige Bilder aus der wattigen Schwärze, schaute sich die Motive an, hob nur die Schultern und ging weiter. Es gab einfach keinen Hinweis auf den Maler.
    Selten in letzter Zeit hatte ich mich so dumm gefühlt. Man hatte uns regelrecht reingelegt, an der Nase herumgeführt. Wir waren gute Läufer, leider auch die ewigen Zweiten, und von denen spricht halt niemand bei einem Rennen.
    Was blieb uns übrig?
    Zurückstecken oder Edna fragen. Die aber würde sich eher die Zunge abbeißen, als ein falsches Wort zu sagen.
    Suko kam zurück. Ich hatte noch gesehen, wie er die Schultern gehoben hatte. Dabei warf seine Gestalt einen großen Schatten, wobei sich seine Schultern deutlich an der Wand abmalten, die diese Bewegung sehr eckig und übergroß wiedergab.
    Selbst der Klang seiner Tritte kam mir dumpfer und irgendwie deprimiert vor.
    »Nichts, John, nur Utensilien, mit denen wir beide nichts anfangen können.«
    Darüber konnte Edna nur lachen. Ich presste die Lippen zusammen und musste eingestehen, dass dieser uns unbekannte Maler noch immer einen zu großen Vorsprung hatte.
    Ich drehte mich nach links und schaute Edna an, die mir frech ins Gesicht starrte. Sie fühlte sich als Siegerin, und, verdammt noch mal, sie hatte nicht einmal Unrecht.
    »Nun? Was gefunden?«
    »Nicht das Richtige. Wo steckt Rafugil?«
    »Ich weiß es nicht. Ich bin nicht sein Hüter. Da müssen Sie sich schon selbst bemühen.«
    »Danke. Fragt sich nur, wo er sich verkrochen hat. Und an das Arbeiten scheint er sich ebenfalls nicht gewöhnt zu haben, trotz des großen und ungewöhnlichen Ateliers.«
    »Das ist euer Pech.«
    Es gab auch keine Spuren. Der Boden war blank, gescheuertes und anschließend geputztes Holz, hin und wieder von einigen Farbtupfern bedeckt, die wie ein Muster aus einem Malkasten wirkten, ansonsten bekamen wir nichts zu Gesicht.
    »Und Colette Mercier?«, fragte ich. »Sie war doch hier?«
    Edna hob die Schultern.
    Ich schüttelte sie durch. »Verdammt, sie ist hier gewesen! Und jetzt ist sie verschwunden wie auch die drei anderen jungen Frauen zuvor.
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