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0683 - Die Verdammten der Nacht

0683 - Die Verdammten der Nacht

Titel: 0683 - Die Verdammten der Nacht
Autoren: Jason Dark
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wieder an das Bild erinnern konnte.
    Da unten, vor der Rückseite, hatte ihr toter Sohn gestanden. Und er war aus diesem dschungelähnlichen Garten gekommen. Einfach so, als wäre es das Normalste der Welt.
    Brenda stemmte sich gegen die Lehnen. Sie erhob sich mit den müden Bewegungen einer Greisin. Noch immer lag dieser flache Ausdruck in ihren Pupillen. Sie waren ohne Leben, und auch Brenda fühlte sich, als wäre alles Leben aus ihr gewichen.
    Sie war zu einem Roboter geworden.
    Durch die offene Tür der Loggia wehte ihr ein kühler Wind entgegen. Die Sonne hatte den Himmel verlassen, um den grauen Schatten der hereinbrechenden Dämmerung Platz zu schaffen.
    Es war kühl geworden. Und so wie die äußere Temperatur fühlte sie sich auch innerlich.
    Kalt wie Graberde.
    Ein schlimmer Vergleich, und vor ihren Augen erschienen wieder die Bilder der Beerdigung.
    Brenda war als erste hinter dem Sarg hergegangen. Ihr geschiedener Mann war nicht mitgekommen. Sie wußte nicht einmal, ob ihn ihre Nachricht über Mikes Tod erreicht hatte.
    Der Sarg, das Grab und der dumpfe Klang, der entstand, als die schwere Erde auf das Holz der Totenkiste fiel.
    Das alles war schrecklich. Sie hatte gedacht, es vergessen zu können, aber es lebte in der Erinnerung weiter. Verborgen im Unterbewußtsein, aber nun durch die fürchterlichen Vorkommnisse wieder in die Höhe gespült.
    Grauenhaft…
    Die Frau blieb an der Tür stehen. Sie schaute auf die Loggia und über das Geländer hinweg, wo in der Tiefe die dunkle Fläche lag.
    Sie hatte sich nicht mehr verändert und tiefer zurückgezogen, damit sie nicht mehr von den Strahlen der hellen Märzsonne betupft wurde.
    Jetzt wirkte das Gelände furchtbar abweisend, als würde es zu einer anderen Welt gehören, die bei irgendeiner Katastrophe ein Teilstück verloren und auf die Erde geschleudert hatte. Es paßte einfach nicht hierher, nicht nur wegen seines Aussehens, sondern auch wegen des inneren Atems, den Brenda spüren konnte.
    Da war etwas, da lag etwas Schreckliches. Ein Stück Natur nur äußerlich. Innerlich jedoch mußte es mit furchtbaren Dingen zu tun haben, die auch mit dem Tod ihres Sohnes zusammenhingen.
    Sie wunderte sich nicht einmal darüber, daß sie gerade jetzt über das Jenseits nachdachte, aber dem Erscheinen ihres toten Sohnes folgten zwangsläufig ähnliche Gedanken.
    Was war das für ein Gelände?
    Die Nachbarn hatten kaum darüber gesprochen. Und wenn, dann nur mit zuckenden Schultern. Ihr Interesse an diesem Stück Dschungel in London war schnell verschwunden. Sie wollten nicht darüber reden. Wenn sie Sonne tankten, saßen sie auf ihren Loggias. Das reichte ihnen völlig aus, oder sie fuhren halt ins Grüne.
    Schatten hatten sich zwischen die Büsche gedrängt. Sie kamen ihr anders vor als sonst. Noch dunkler, noch unheimlicher. Brenda Evans fürchtete sich vor diesem Gebiet.
    Sie schloß die Tür und zog den Hebel dabei nach unten. Jetzt war wieder alles normal, da konnte sie nachdenken und sich fragen, ob ihr Sohn tatsächlich dort unten gestanden oder sie sich ihn nur eingebildet hatte.
    Mit Psychosen hatte sie sich nie beschäftigt. Okay, es gab sie, aber doch nicht für sie, für eine Frau, die mit beiden Beinen im Berufsleben stand.
    Nein, das hatte sie anderen überlassen.
    Bis heute…
    Ihre Kehle war trocken. Sie brauchte einen Schluck Wasser und eine Dusche, denn sie hatte geschwitzt. An derartigen Streßtagen nahm sie sonst ein Bad, danach war ihr heute nicht zumute.
    Sie trank Mineralwasser, dachte daran, den Lachs zu öffnen und ließ es bleiben.
    Auch unter der Dusche wollten die Gedanken nicht fliehen. Sie hatte damit gerechnet, die Erinnerungen ebenso wegspülen zu können wie die Schaumstreifen, die gurgelnd im Abfluß verschwanden.
    Wenigstens nahm die Panik etwas ab.
    Sie dachte an Jane Collins, die blonde Detektivin. Die Karte steckte noch in ihrer Handtasche. Ob sie diese Frau vielleicht anrief, damit sie ihr einen Rat gab?
    Nein, es wäre nichts dabei herausgekommen. Jane hätte sie zwar nicht ausgelacht, aber wie sollte sie denn beweisen, daß sie ihren toten Sohn gesehen hatte?
    Nur durch die Aussage, und die kannte Jane Collins bereits. Zudem fragte sich Brenda, in welch einer Verbindung sie zu diesem blonden Mann und der grauhaarigen älteren Frau stand.
    Wer sah sich in deren Alter überhaupt derartige Filme an, die von lebenden Toten handelten?
    Das war nicht normal…
    Sie trocknete sich ab. Ein herrlich flauschiges Badetuch, das auch
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