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0641 - Grabgesang

0641 - Grabgesang

Titel: 0641 - Grabgesang
Autoren: Werner Kurt Giesa
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von damals anpeilen, und von dort bis zum Fort ist es ein ziemlich weiter Weg, den ich nicht zu Fuß zurücklegen möchte. Natürlich könntet ihr euch auch ein Boot zimmern und den Fluß abwärts treiben lassen, aber das mit den Pferden ist eine bessere Idee. Dann seid ihr wenigstens in jeder Hinsicht mobil. Kommt mit, sucht euch eure Tiere am besten selbst aus.«
    Er ging voraus zu den Stallungen. Hier betreute George, der junge Gärtner, Chauffeur, Techniker, oder für was auch immer er sich sonst noch einsetzen ließ mit seinen handwerklichen Universalkenntnissen, ein paar Reitpferde.
    »Wo steckt Diable eigentlich?« wunderte Nicole sich, weil sie den schwarzen Hengst nirgendwo sehen konnte.
    »Er geht wieder einmal seine eigenen Wege«, sagte Tendyke orakelhaft. »Das kommt manchmal vor. Dann ist er monatelang fort, und niemand weiß, wo er sich herumtreibt.«
    »Vielleicht in seiner Heimat, der Hölle?« überlegte Nicole.
    »Ist mir auch ziemlich egal«, sagte Tendyke. »George, machen Sie die ausgesuchten Tiere reitfertig. Expeditionsausrüstung, würde ich mal sagen.«
    Nicole begann sich bereits mit einer braunen Stute anzufreunden, die eine Blesse auf der Stirn trug. »Ich denke, die Lady hier nehme ich«, erklärte sie.
    Zamorra brauchte etwas länger, ein Pferd zu finden, das ihm belastbar genug erschien. Nicoles Tier hielt er nicht unbedingt für die beste Wahl, aber was half ihr ein ausdauerndes Pferd, wenn sie nicht damit zurechtkam?
    »Habt ihr schon eine Idee, auf welche Weise ihr Eva in die Gegenwart holen wollt?« wollte Tendyke wissen, während sie zum Bungalow zurückgingen. »Immerhin wird es einen Grund haben, daß sie damals nicht mit zurückkam. Falls dieser Grund immer noch existiert, werdet ihr Probleme bekommen. Vielleicht hat sie euch damals nicht alles gesagt, und sie war weniger so etwas wie ein Katalysator, sondern eher ein Ausgleich.«
    »Du meinst, wenn wir sie wirklich zurückholen, öffnen sich die Zeitkreise gleich wieder?«
    »Ich würde mal vorsichtshalber damit rechnen«, warnte Tendyke.
    »Was ist eigentlich mit dir?« fragte Zamorra. »Hast du Lust, uns zu begleiten?«
    Der Abenteurer schüttelte den Kopf. »Ich will das Risiko nicht eingehen, mir selbst zu begegnen. Ich habe das Fort zwar damals schon verlassen gehabt, aber wer weiß, ob man sich nicht irgendwo in freier Wildbahn begegnet. Das ist übrigens auch etwas, worauf ihr bei euren häufigen Zeitreisen achten solltet. Wenn ihr mehrmals die gleiche Epoche aufsucht, seht zu, daß ihr nicht über eure anderen Ausfertigungen stolpert. Die Folgen könnten ziemlich stressig werden, um's mal milde auszudrücken.«
    »Wir sind schon vorsichtig«, sagte Zamorra. »Diesmal besteht die Gefahr ja nicht. Es liegen ja mehr als vier Wochen zwischen den Ereignissen. Wahrscheinlich existiert nicht einmal mehr das Jagdlager der Indianer. Die dürften längst weitergezogen sein.«
    »Wann brecht ihr auf?«
    »Sobald wir die Pferde haben«, beschloß Zamorra.
    ***
    »Niemand?« echote Eva. »Wieso - niemand?«
    Der Graue lächelte. Er antwortete nicht, sondern näherte sich dem Para-Mädchen. Eva glaubte einen kalten Hauch zu spüren, der von dem Fremden ausging. Sie versuchte, Magie in ihm zu finden. Aber da war überhaupt nichts. Sie sah ihn zwar vor sich, aber sie hatte das Gefühl, es gäbe ihn in Wirklichkeit gar nicht.
    War er eine Illusion, so wie der Friedhof, den sie immer häufiger sah?
    Zögernd streckte sie die Hand aus und berührte den Mantel des Mannes. Er fühlte sich sehr materiell und echt an.
    »Niemand heißt niemand«, sagte sie. »Und niemand ist niemand. Was also soll dieser Unsinn, Monsieur?«
    »Richtig erkannt«, sagte der Graue. Selbst seine Augen waren, wie sie jetzt aus der Nähe erkannte, grau. »Niemand heißt niemand, und niemand ist niemand. Ich bin niemand. Deshalb bin ich Niemand.«
    »Das ist doch verrückt!« entfuhr es ihr. »So einen verquirlten Unsinn habe ich schon lange nicht mehr gehört !«
    »Du hast für eine Dame einen recht groben Wortschatz, meine Liebe«, sagte der Graue. »Aber es spielt keine Rolle. Jetzt nicht mehr, denn ich habe dich gefunden.«
    »Mich? Warum?«
    »Weil ich dich mit mir nehmen werde.«
    »Moment mal«, fauchte sie und trat ein paar Schritte zurück. »Da habe ich doch wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich kenne Euch überhaupt nicht! Warum sollte ich mit Euch gehen?«
    »Du willst von hier fort.«
    »Aber ich werde selbst entscheiden, wann ich gehe, wohin
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