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0619 - Das Para-Mädchen

0619 - Das Para-Mädchen

Titel: 0619 - Das Para-Mädchen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Augen. »Muß das jetzt sein?«
    »Natürlich. Sonst würde ich dich ja nicht jetzt fragen müssen.«
    Im Hintergrund kicherte die nackte Nicole.
    Zamorras Hand berührte die Schuppenhaut des Jungdrachen, der kaum mehr als hundert Jahre zählte und vermutlich wenigstens noch einmal so lange brauchen würde, um erwachsen zu werden und damit in seinem heimatlichen Drachenland wieder Aufnahme zu finden. Die Schuppen fühlten sich ziemlich kalt an. »Du warst draußen?«
    »Ist das verboten?« fauchte Fooly und versprühte ein paar Funken.
    Zamorra wich unwillkürlich zurück. »Untersteh dich, Feuer zu speien!« warnte er.
    »Wie lautet die Frage?«
    »Wenn man etwas findet, das niemandem gehört«, sagte Fooly, »dann darf man es doch behalten, oder?«
    Zamorra stutzte. »Warum willst du das wissen?«
    »Na ja, weil ich was gefunden habe. Darf man es behalten oder nicht?«
    »Nur, wenn es wirklich niemand anderem gehört«, überlegte Zamorra. »Wenn da zum Beispiel ein Geldschein liegt, ist anzunehmen, daß jemand ihn verloren hat. Man darf ihn also nicht behalten, sondern muß herausfinden, wo der Besitzer ist, um ihn ihm zurückzugeben.«
    »Das ist nicht fair!« behauptete Fooly. »Wenn der Besitzer doch so dumm war, ihn zu verlieren und ein anderer so klug, ihn zu finden…«
    »Das ändert nichts an den Besitzverhältnissen. Hast du etwa einen Geldschein gefunden?«
    »Nein. Was ist, wenn man etwas anderes findet? Ein Flugzeug vielleicht, oder einen Stein, oder eine Kanone?«
    »Den Stein wird man wohl behalten dürfen…«
    »Falls es kein Edelstein ist«, warf Nicole ein, die sich zu den beiden gesellt hatte. »Je wertvoller etwas ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß man's behalten darf.«
    »Flugzeuge und Kanonen auf jeden Fall nicht!« stellte Zamorra klar und wechselte einen schnellen Blick mit seiner Gefährtin. »Fooly hat doch wohl kein Flugzeug gefunden?«
    »Ach, Flugzeuge findet man nicht. Das weiß doch jeder. Die stürzen höchstens ab, und danach kann man sie nicht mehr gebrauchen.« Fooly wedelte mit den kurzen Flügeln, die eine frappierende Ähnlichkeit mit Fledermausschwingen besaßen.
    »Und was hast du nun gefunden?« drängte Zamorra.
    »Komm mit, Chef!« Fooly winkte heftig und watschelte auf seinen kurzen Beinen los. Zamorra zuckte mit den Schultern. Rio lief ihnen nicht weg; Flugtickets buchen konnte er auch später noch. Auf einen Tag mehr oder weniger kam es überhaupt nicht an. Es drängte auch kein anderer Termin.
    Nicole schloß sich ihnen an. Als sie feststellte, daß es nach draußen ging, stürmte sie erst noch einmal davon, um in Jeans, Stiefel und einen Pullover zu schlüpfen, und gesellte sich dann hastig wieder zu den anderen.
    Fooly stapfte über den gepflasterten Vorhof.
    Château Montagne war vor tausend Jahren von Zamorras dämonischem Ur-Ur-Urahnen Leonardo deMontagne errichtet worden; den Burgfestungs-Charakter hatte es in all den Jahrhunderten nie verloren, wenngleich es längst zu einer gelungenen Synthese aus Schloß und Burg geworden war. Eine Burgmauer, die den Gebäudetrakt umschloß, gab es ebenso wie einen Graben, nur führte der kein Wasser, weil das bei der Hanglage wenig sinnvoll war. Früher sollten in dem damals noch tieferen Graben spitze, mit Gift bestrichene Pfähle und hungrige Raubtiere untergebracht gewesen sein.
    Fooly durchquerte das Tor.
    Vorsichtshalber rief Zamorra Merlins Stern zu sich, das Amulett, das ihn und die anderen außerhalb des Châteaus vor schwarzmagischen Angriffen schützen konnte. Es war eine reine Routinehandlung, eine Sicherheitsmaßnahme, die ihm längst in Fleisch und Blut übergegangen war: Niemals ungeschützt das Château verlassen!
    »Hier«, erklärte Fooly jenseits der Zugbrücke.
    Am Rand der Serpentinenstraße, die vom Dorf heraufführte, lag unmittelbar vor den Bohlen der Zugbrücke eine Gestalt.
    »Habe ich gefunden«, krähte der Jungdrache. »Darf ich sie behalten?«
    ***
    Das Einhorn bäumte sich auf, warf seine Reiterin ab. Dann drehte es sich, griff die heranjagenden Wölfe an. Sie kreisten es ein, schnappten nach seinen ausheilenden Läufen. Das Einhorn versuchte, die Bestien mit seinem langen Stirnhorn aufzuspießen. Respektvoll wichen sie ihm aus, knurrten und jaulten.
    Der Zauberer trat aus der blutroten Nacht hervor. Wieder hob er die Hand und schleuderte magische Kraft. Eine flirrende Feuerkugel breitete sich aus, sprühte Funken und Blitze nach allen Seiten.
    Die abgeworfene
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