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0618 - Der Mondschein-Mörder

0618 - Der Mondschein-Mörder

Titel: 0618 - Der Mondschein-Mörder
Autoren: Jason Dark
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keinem Irrtum erlegen zu sein.
    Die Saite riß!
    Ich war selbst überrascht, als ich das Geräusch hörte, zog den Kopf ein, denn ein Ende peitschte dicht an meiner Stirn vorbei und erlebte in den folgenden Sekunden eine Kettenreaktion.
    Die Harfensaite, von einer schwarzen gefährlichen Magie erfaßt, begann zu dampfen.
    Sie zerzischte, sie strahlte auf, sie wurde zu einem grünen Dampf, der weitersauste und auch die anderen Saiten erfaßte, diese ebenfalls zerstörte und auf die beiden Skelette zuraste, die dem Land Aibon entwichen waren.
    Die magische Kraft meines Dolches erwischte auch sie. In Aibon hätte sie es möglicherweise nicht geschafft, in meiner Welt behielt ich die Oberhand.
    Vor meinen Augen vergingen die kleinen Monstren. Sie zerpulverten zu Staub und waren letztendlich nur mehr grünlich schimmernde Wolken, die zwischen dem Unterholz festhingen.
    In meiner unmittelbaren Umgebung zischte und glühte es so lange nach, bis auch die letzte Saite verschwunden war und ich mich wieder frei bewegen konnte.
    Auf der Stelle drehte ich mich herum und kroch auf allen vieren den Weg zurück.
    Neben dem Denkmal richtete ich mich auf, trotz der Kühle schweißnaß, wobei in meinem Nacken noch immer Blut aus der verdammten Wunde floß. Ich holte mein Taschentuch hervor und preßte es gegen den Schnitt.
    Im Auto befand sich der Erste-Hilfe-Kasten. Er war zum Glück gefüllt. Ich klappte ihn auf, suchte nach den passenden Pflastern und verarztete mich.
    Es klappte einigermaßen, auch wenn das verdammte Brennen noch blieb. Die Saiten hätten es doch fast geschafft und mich zerschnitten wie ein Stück Wurst.
    Ein Spaß war das nicht.
    Musik hatte mich empfangen, Musik begleitete mich auch weiter.
    Diesmal waren es die echten, die richtigen Klänge, die mir entgegenwehten. Flötenspiel, wie es nur der rote Ryan produzieren konnte.
    Ich kletterte aus dem Wagen und schaute auf den Wald zurück.
    Er stand wie hingezaubert vor dem Denkmal und wurde von den Schatten des Waldes umgeben. Dennoch konnte ich ihn gut erkennen. Er sah eigentlich aus wie immer. Seine Kleidung bestand aus naturfarbenen, zusammengenähten Fetzen, die mich an Felle oder Tücher erinnerten. Wahrscheinlich waren es beide.
    Der rote Ryan mit seinem feuerfarbenen Kopf, der etwas blassen Haut und den zahlreichen Sommersprossen, hatte mich aussteigen sehen und erwartete mich.
    Vor ihm blieb ich stehen. »Vielen Dank«, sagte ich.
    »Wofür?«
    »Für die Begrüßung.«
    Da senkte er den Blick. »Es tut mir leid, John, aber sie war eigentlich für mich bestimmt.«
    »Ach ja?«
    Der rote Ryan ließ seine Flöte in irgendeiner für mich nicht sichtbaren Tasche seines Kleidungsstücks verschwinden und senkte dabei den Kopf. »Ich glaube, wir beide haben uns einiges zu erzählen, John.«
    »Der Meinung bin ich auch.«
    »Dann komm.«
    ***
    Auf einem gefällten Baumstamm hatten wir uns niedergelassen.
    Von dieser Stelle aus konnten wir den Weg beobachten, der am Denkmal vorbeiführte und den Wald durchschnitt.
    Bisher hatte der rote Ryan noch nichts gesagt, ich erinnerte ihn wieder daran.
    »Es ist traurig«, murmelte er, »aber manche richten sich nicht nach den Gesetzen des Landes Aibon.«
    »Was meinst du damit?«
    »Sie verlassen es.«
    Ich deutete auf das Unterholz. »Wie die beiden Skelette mit den Harfensaiten – oder?«
    »So ist es.«
    »Weshalb haben sie das getan? Was wollten sie mit dem Verlassen ihrer Welt bezwecken?«
    »Mich daran hindern, mit dir Kontakt aufzunehmen.« Er gab die Antwort, als wäre dies die natürlichste Sache der Welt.
    »Soll ich dir das glauben?« Ich kniff ein Auge zu.
    »Das mußt du.«
    »Okay, aber ich brauche eine Erklärung.«
    Er hob die Schultern. »Die kann ich dir geben. Etwas, das zehn Jahre zurückliegt, wird in dieser Welt auftauchen. So lange hat es gebraucht, aber nun hat es der Mondschein-Mörder geschafft.«
    Wieder kam ich mit dem neuen Begriff nicht klar. »Mondschein-Mörder?« echote ich, »wer ist das?«
    »Wir in Aibon nannten ihn so. Er ist ein Geist, ein Phantom gewesen, hör genau zu.«
    »Ja, gewesen. Das heißt, daß er jetzt nicht mehr vorhanden ist. Oder irre ich mich da?«
    »Sogar gewaltig. Es brauchte zehn Jahre, um alles in die Reihe bringen zu können. Er ist frei.«
    »Und in unserer Welt, also nicht mehr in Aibon?«
    »Richtig, John.«
    »Soll ich ihn fangen?«
    »So habe ich mir das vorgestellt.«
    Ich schaute auf die Spitzen meiner Schuhe, die dicht zusammenstanden. Mein Kinn hielt ich
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