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061 - Der Zinker

061 - Der Zinker

Titel: 061 - Der Zinker
Autoren: Edgar Wallace
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er eben aus dem Gefängnis entlassen wurde. Kennen Sie ihn?«
    »Oberflächlich.« Plötzlich fuhr Leslie auf: »Was, zum Teufel, bilden Sie sich ein, mich hier auszufragen?« Mit einer Kopfbewegung wies er zur Tür. »Und wenn ich Sie nochmals dabei erwische, daß Sie hier herum spionieren, lasse ich Sie augenblicklich an die Luft setzen! Haben Sie mich verstanden?«
    Tillmans Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
    »Das würde eine sensationelle Erfahrung für mich bedeuten«, erwiderte er und war im nächsten Augenblick schon draußen.
    Als er allein war, wurde sich Leslie der merkwürdigen Situation bewußt und lachte leise vor sich hin.
    Suttons Sekretärin war an diesem Nachmittag nicht im Dienst, und er hatte das Büro für sich allein. Obgleich genug Arbeit auf ihn wartete, setzte er sich doch nicht an den Schreibtisch. Alle paar Minuten ging er zum Fenster und beobachtete die Straße. Als es zu dunkeln anfing und die ersten Straßenlaternen angezündet wurden, entdeckte er den Mann, den er erwartete. Er konnte ihn deutlich sehen. Larry Graeme stand unter einer Laterne, Zigarre im Mund, die Hände in den Taschen. Immer wieder kehrte Leslie zum Fenster zurück, aber Graeme verließ seinen Posten nicht.

4
    Larry Graeme war ein Dieb, der seine Geschäfte allein, ohne die Mithilfe anderer betrieb. Als er an einem rauhen Februarmorgen aus Dartmoor entlassen wurde, ging er sofort zu seiner Wohnung in Southwark, die er in bester Ordnung vorfand. Sie befand sich in einem Häuserblock, einige hundert Meter von der Dover Street entfernt, in dem teils illustre und wohlhabende Leute wohnten. Auch der große Barrabal wußte nichts von diesem Schlupfwinkel, sonst hätte er sicher vermutet, daß in dieser Wohnung versteckt ein respektables Reservekapital den Heimkehrer erwartete.
    Die Hausmeisterin begrüßte ihn gleichgültig; sie war an Mr. Graemes häufige Abwesenheit schon gewöhnt. Da er sein Geld gut anzulegen verstand und eine Hypothek auf dem Haus besaß, konnte ihm die Wohnung nicht gekündigt werden.
    Auch diesmal fand er alles so, wie er es verlassen hatte: Nicht einmal eine Zigarre war aus der Zedernholzkiste auf dem Kaminsims verschwunden.
    Fürs erste interessierte er sich weniger für das in einer Kassette aufbewahrte Geld als für seine Browningpistole und die Schachtel Patronen, denn er war mit einem Plan aus dem Gefängnis zurückgekommen. Der Aufenthalt hatte ihm diesmal sehr zugesetzt. Er war zu alt für das Gefängnis geworden. Die Wärter waren wenig liebenswürdig, zweimal hatten sie ihn abgefaßt, als er sich Tabak verschaffen wollte. Man beschäftigte ihn im Waschhaus des Gefängnisses, und obgleich er ein ruhiger und eher philosophischer Mensch war, wurde sein Haß durch den Klatsch, den er dort hörte, immer wieder aufs neue angestachelt.
    Im Waschhaus begegnete er einem Mann, der genau wie er auf Grund einer anonymen Anzeige des ›Großen Unbekannten‹ zu zehn Jahren verurteilt worden war. Aber niemand außer Larry wußte von dem gespaltenen Nagel. Dieses Geheimnis behielt er auch für sich. Es tat ihm jetzt leid, daß er Barrabal davon erzählt hatte.
    Er kam nach London zurück, grübelte, überlegte, dachte an den Zinker und an die Browningpistole.
    Einen Anhaltspunkt hatte er - den gespaltenen Nagel am dritten Finger. Dazu kam noch etwas anderes. Der Zinker kaufte in großem Stil gestohlene Autos und ließ seine Geschäfte durch Zwischenhändler in Soho abwickeln. Larry streifte durch Soho und beobachtete. Durch Zufall traf er in der Regent Street die junge Dame, die ›den Mann mit dem gespaltenen Fingernagel‹ manikürte. Sie kannte auch die doppelte weiße Narbe auf dem ersten Gelenk.
    »Ich kenne seinen Namen nicht«, sagte sie, »aber ich sah ihn öfters in ein Geschäftshaus in der Mortimer Street gehen. Ich wohne in der Nähe der Tottenham Court Road und komme immer dort vorbei. Es wäre schön, wenn Sie durch mich Ihren Bruder wiederfinden würden!«
    »Da haben Sie recht «, antwortete Larry. Die Geschichte vom lang vermißten Bruder war der Vorwand gewesen, unter dem er seine Erkundigungen eingezogen hatte. Die junge Dame besaß eine gute Beobachtungsgabe. Obwohl Larry den Zinker nie richtig gesehen hatte, konnte er ihn sich nach ihrer Beschreibung ziemlich genau vorstellen.
    Er durchsuchte die Mortimer Street und beobachtete die Leute, die die Firma Frank Suttons betraten oder verließen. In den letzten Tagen hatte er sich mit zwei Angestellten etwas angefreundet.
    Der letzte
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