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0605 - Der Horror-Engel

0605 - Der Horror-Engel

Titel: 0605 - Der Horror-Engel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Uniformen glänzten Polizeiembleme.
    Sie kamen im Laufschritt auf den Cadillac zu. Einer riß die Tür des staubbedeckten Wagens auf. Der andere stand ein paar Meter abseits und hielt die Hand dicht über dem Colt, der im offenen Holster steckte.
    In hart akzentuiertem Englisch fuhr der erste Zamorra und Nicole an: »Aussteigen! Sie sind festgenommen!«
    Nicoles Unterkiefer klappte erdmittelpunktwärts. Zamorra überwand seine Sprachlosigkeit schneller als sie.
    »Festgenommen? Was zum Teufel soll das heißen?« stieß er heiser hervor. »Wie wäre es, wenn Sie uns erst mal etwas zu trinken anböten?«
    »Steigen Sie aus! Sofort! Sie kommen mit zum Hubschrauber!«
    »Nichts lieber als das«, seufzte Nicole.
    »Los, los, Bewegung!« forderte der Aborigine.
    »Können Sie diese Festnahme auch begründen? Auf wessen Weisung erfolgt sie?« fragte Zamorra, während er langsam aus dem Wagen kletterte.
    »Sie befinden sich unbefugt auf Aborigine-Land«, erklärte der Uniformierte schroff. »Und jetzt schwingen Sie ihre weißen Hintern in den Kopter, ehe ich einen Grund finde, sehr ungemütlich zu werden!«
    ***
    Der Geflügelte sah, daß die beiden Menschen abgeholt wurden. »Sie wurden gerettet«, sagte er grimmig. »Nun werde ich doch töten müssen. Daß Zamorra einer der Steinernen ist - warum habe ich das nicht damals schon erkannt? Und warum hast du es mir nicht gesagt, statt dich in allgemeinen Andeutungen zu ergehen?«
    Er erhielt keine Antwort.
    »Wo bist du?« fragte er und suchte nach der Blonden.
    Er fand sie in dem Unterschlupf, den sie mit Magie im roten Felsgestein geschaffen hatte. Für ihn, - damit er einen Ort hatte, an dem er sich verbergen konnte.
    Denn mit seinen mächtigen Flügeln gab es für ihn keine Möglichkeit, sich unter den Menschen zu bewegen. Närrisch, wie sie waren, hielten sie ihn für einen Engel, einen Gott oder ein Ungeheuer - je nachdem, welcher Religion sie anhingen.
    Die Blonde war zu seiner einzigen Vertrauten geworden. Sie hatte versprochen, ihm zu helfen. Und er glaubte ihr, denn sie war ein magisches Wesen wie er selbst.
    Vor etwa anderthalb Jahren waren sie sich zum ersten Mal begegnet. Aber noch hatte sie keine Möglichkeit gefunden, ihn wie versprochen zurück in seine eigene Welt zu bringen.
    Er berichtete ihr nun, was er gesehen hatte. »Ich werde ihn töten. Er hat mich getäuscht, und das muß bestraft werden. Niemand…«
    »Du hast dich verändert«, sagte die Blonde. »Zu deinem Nachteil. Du bist härter und unnachgiebiger geworden als einst. Du fragst nicht mehr, sondern entscheidest nach dem Augenschein.«
    »Ich habe mich nicht verändert«, widersprach er. »Ich bin immer noch derselbe wie einst.«
    »Wirklich?«
    Er schloß die Augen.
    Er wollte heim. Seit mehr als tausend Jahren schon. Und erstmals sah er eine Chance, aber diese Chance rückte immer weiter von ihm weg, trotz der Versprechungen der blonden Magierin.
    Jener Zamorra hatte ihn von Gash’Ronn befreit, von der Welt, auf der die Unsichtbaren ihn gefangengehalten hatten.
    Sie waren Eroberer, Krieger.
    Und Sklavenhalter und Mörder!
    Einst hatten sie ihn besiegt und ihn nach Gash’Ronn verbannt, weil er ihnen mit seiner Gabe der Prophetie zu gefährlich war: Er konnte ihren Opfern die Zukunft zeigen, die die Unsichtbaren für sie vorbereiteten. Eine Zukunft, die aus Tod und Verderben bestand.
    Deshalb mußten sie ihn, den geflügelten Propheten, aus dem Weg schaffen. Sie konnten ihn nicht töten, vielleicht wollten sie es auch nicht, weil sie glaubten, er könne ihnen mit seiner fantastischen Gabe möglicherweise später selbst von Nutzen sein.
    Deshalb verbannten sie ihn in ein Gefängnis, in eine Hölle, die so groß war wie eine ganze Welt - Gash’Ronn.
    Seine Flügel konnten Bilder zeigen. Bilder aus der nahen Zukunft. Bilder, die Personen oder Ereignisse oder beides zeigten.
    Doch diese Bilder konnten nur von anderen gesehen werden.
    Seine Flügel befanden sich logischerweise hinter ihm - und Spiegel gaben diese Bilder nicht wieder.
    Um selbst zu erfahren, was er prophezeite, bedurfte es eines anderen Wesens, das diese Bilder sah und sie ihm schilderte.
    Vielleicht hätten die Bilder ihm sonst auch gezeigt, daß er von den Unsichtbaren gefangengenommen wurde. Aber er selbst hatte es nicht voraussehen und deshalb auch nicht verhindern können.
    Und andere hatten es ihm nicht gesagt - niemand hatte die Bilder gesehen, weil sie nicht entstanden waren. Denn niemand hatte sie gewünscht, und er selbst
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