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0605 - Das Gespenst vom Tower

0605 - Das Gespenst vom Tower

Titel: 0605 - Das Gespenst vom Tower
Autoren: Jason Dark
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kaltgestellt.«
    »Ha!« quiekte sie, »dann wußtest du, daß du an diesem Abend jemand abschleppen würdest?«
    »Nein«, erklärte er erstaunt. »Es ist ein reiner Zufall gewesen, daß ich dich getroffen habe. Ich bin glücklich darüber. Einfach happy. Wunderbar ist das.« Er küßte sie leicht auf die Wange, und Anne erschauderte. »Bis gleich, Darling.«
    Anne hörte ihn weggehen und wechselte auch ihren Standort. Sie ging auf die Steuerbordseite. Wenn sie dort durch das Fenster schaute, konnte sie die dunklen und mächtigen Mauern des Towers sehen. Nie hatte sie dieses gewaltige Bauwerk so bewundert wie an diesem späten Abend. Es war schon komisch. Da wohnte sie seit ihrer Geburt in London und dachte erst jetzt über das Bauwerk nach.
    Das Hausboot lag nicht still auf dem Wasser. Aus und gegen das Ufer laufende Wellen wiegten es auf und ab. Für einen Moment schloß sie die Augen und schalt sich innerlich eine Närrin, daß sie sich hatte einfangen lassen wie ein Teenager, der seine erste Liebe erlebt. Vielleicht war es auch so; möglicherweise reagierte man beim Älterwerden wieder wie in der Jugend, aus Angst, etwas zu verpassen.
    Anne hatte schon einiges hinter sich. Zwei Verlobungen waren geplatzt, danach hatte sie keine feste Bindung mehr eingehen wollen, und sie wußte auch, daß es bei Justin nicht lange dauern würde.
    Es war warm unter Deck. Der schon zuvor genossene Alkohol und das Wiegen des Hausboots sorgten für ein Gefühl der Schläfrigkeit.
    Gleichzeitig hatte sie auch das Gefühl, von irgendwelchen Schwingen weggetragen zu werden. Ihretwegen ruhig in den Siebten Himmel. Die Realität würde sie früh genug wiederhaben.
    Sie öffnete – und… Der Schrei erstarb ihr auf den Lippen. Direkt schaute sie auf das viereckige Bordfenster, und dicht dahinter sah sie ein fürchterliches Gesicht, mit einer dünnen, bräunlichen Haut und sehr breiten Lippen. Quer zwischen ihnen und noch breiter als das Gesicht steckte ein bleicher Knochen …
    ***
    »Justin!!!!«
    Ihre Stimme kippte fast über, als sie den Namen des Mannes rief und gleichzeitig mit dem rechten Fuß auftrat. Der Schrei drang durch das Hausboot und alarmierte den Mann.
    Er stürzte in den Raum zurück. Sein Jackett hatte er ausgezogen, die obersten drei Knöpfe des beigen Hemds standen offen, die Krawatte lag irgendwo, und er sah eine Frau, die sich einkriegen wollte, die Hände zu Fäusten geballt hatte, gegen eines der Fenster starrte und deren Schreien in einem leisen Wimmern zerfloß.
    Er faßte ihre Schultern, drückte seine Fingerkuppen in die weiche Haut und schüttelte Anne. »Bist du verrückt geworden? Was hast du? Bist du krank? Dann sag es gleich.«
    »Nein, nein, Justin, nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin weder krank noch verrückt. Ich habe es nur gesehen.«
    »Aha, und was?«
    Sie flüsterte die Antwort und drehte sich dabei herum. Diesmal krallte sie ihre rotlackierten Nägel in den Hemdstoff. »Das Gesicht, Justin, die Fratze…«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, zum Teufel.« Sie ließ ihn los und deutete mehrmals auf das Fenster. »Dahinter. Genau hinter dieser Scheibe ist es aufgetaucht. Urplötzlich war es da, und es war so grauenhaft, daß ich einfach schreien mußte, denn im Maul steckte quer ein bleicher Knochen. Der… der sah aus wie eine Kannibale.«
    »Ach ja?« Justin wollte grinsen oder die Frau für verrückt erklären, aber er sah, daß die Angst in ihrem Gesicht echt war. Wenn er da nichts gegen unternahm, konnte er den Rest der Nacht vergessen und sich selbst einen antrinken.
    »Du mußt mir glauben, Justin, du mußt es! Ich habe mich nicht geirrt. Wirklich nicht.«
    »Tatsächlich?«
    »Du glaubst mir nicht, wie?«
    »Sagen wir mal so. Es fällt mir schwer.« Er faßte sie an. Zuerst an den Schultern, dann ließ er seine Handflächen über ihre Brusthügel gleiten, bevor er sie zu einer Couch führte. »Hier bleibst du jetzt sitzen und wartest, bis ich wieder zurück bin. Okay, Anne?«
    »Willst du weg?«
    »Klar.«
    Sie wollte aufstehen, er drückte sie nieder. »Nicht von Bord. Ich hole uns nur etwas zu trinken. Champagner ist immer gut gegen einen derartigen Schock. Das mußt du mir glauben, ich kenne mich da aus.«
    Das glaube ich, daß du dich auskennst, dachte sie. Überhaupt gehörte er zu den Männern, die hier eine routinierte Schau abzogen.
    Ein Typ, der nichts anbrennen ließ. Sie schaute ihm nach, wie er den Raum verließ. Dabei kam ihr sein Gang verändert vor. Er wirkte siegessicherer,
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