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Titel: 06
Autoren: Biss der Tod euch scheidet
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verließ, waren: „Was kann denn in zwei Wochen schon schiefgehen?"
    Scheißberühmte letzte Worte.
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    Ich starrte auf das postergroße Bild von Antonia Taylor, Ant, die mich angrinste. Ganz genau mich. Ich hätte schwören können, dass die Augen im Foto mir folgten, wann immer ich mich bewegte. Es stand auf einer Staffelei, neben dem meines Vaters.
    Ich erkannte das Foto meines Vaters wieder. Es war von der Handelskammer von Minneapolis aufgenommen worden, als er und Ant einen nutzlosen Preis entgegengenommen hatten, den er ihr mit seinem Geld erkauft hatte. Ants Foto war von Glamour Shots. Sie kennen die Sorte: rauchiges Augen-Make-up, lange Fingernägel und toupierte Haare.
    „.. haben das wahre Glück in den späten Jahren gefunden . ."
    Kotz. Ich wusste nicht, ob ich nur die Augen verdrehen oder lachen sollte.
    Unter diesen Umständen tat ich keines von beiden.
    Sinclair war, einen Tag nachdem Tina das Land verlassen hatte, verschwunden. Ich nahm an, dass er immer noch wegen unserer ständigen Streitereien schmollte und beschlossen hatte, Brautzilla aus dem Weg zu gehen. Und ehrlich gesagt, war ich froh, dass mir eine Verschnaufpause vergönnt war. Ich wollte den Penner lieben und nicht darüber nachdenken, wie gerne ich ihm einen Pflock ins Herz rammen würde. Und ich vermisste unseren Sex. Unser .. na, eben alles. Ich war genauso traurig, dass er gegangen war, wie erleichtert, alleine zu sein.
    Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass ich zu stolz war, ihn auf seinem Handy anzurufen, um ihm zu berichten, was meinem Vater und seiner Frau zugestoßen war. Das wäre genauso ge
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    wesen, als hätte ich ihn um Hilfe gebeten. Er würde sicher bald von alleine zurückkommen, ohne dass ich ihn anrufen musste, der Blödmann. Ich rechnete jeden Tag mit ihm, jede Minute.
    Der Raum hatte keine Fenster, was schade war, denn draußen war ein wunderschöner Sommertag von der Sorte, die einen den Winter vergessen ließen. Große flauschige Schäfchenwolken und ein schöner blauer Himmel luden mehr zu einem Picknick ein als zu einem Begräbnis.
    Es war schon merkwürdig. War denn ein Doppelbegräbnis nicht Anlass genug für ein Unwetter? Der Tag, an dem ich gestorben war, war bewölkt gewesen und es hatte geschneit. Außerdem hatte ich gerade meinen Job verloren. Und meine Geburtstagsparty war abgesagt worden. Alles war genauso schrecklich gewesen, wie es sich gehörte.
    „.. . eine wahre Tragödie, wie wir Sterblichen sie nicht fassen können . ."
    Wenigstens etwas, worin der Pfarrer nicht irrte. Nicht nur, dass ich es nicht fassen konnte, ich wurde auch das Gefühl nicht los, dass das alles nur ein kranker Scherz war. Dass Ant ein Begräbnis vortäuschte, um in der Zwischenzeit in mein Haus einzubrechen und meine Schuhe zu stehlen - noch einmal. Und dass Dad auf dem Golfplatz war und sich ins Fäustchen lachte, weil er uns allen so prima ein Schnippchen geschlagen hatte. Dass er nicht in einem dummen, sinnlosen Autounfall gestorben war. Statt auf die Bremse hatte mein Vater auf das Gaspedal getreten und war in einen geparkten Müllwagen gerast. Unbewegliche Kraft trifft auf quetschbares Objekt. Schluss mit lustig für Dad und Ant.
    Die andere Antonia, die ich kannte, ein Pseudo-Werwolf, war mit ihrem Gefährten George, äh . . Garrett, einen Tag nachdem Sinclair gegangen war, verschwunden. Das hatte mich nicht überrascht. Obwohl Antonia nicht in der Lage war, sich bei Vollmond in einen Werwolf zu verwandeln (was sie zum Gespött
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    ihrer Meute gemacht und sie schließlich zu uns gebracht hatte), war sie doch ein waschechter Werwolf und hatte damit auch den natürlichen Drang herumzustreunen.
    Kurz bevor sie uns verließ, hatte sie über schreckliche Kopfschmerzen geklagt.
    (Anstatt sich zu verwandeln, konnte sie in die Zukunft sehen, doch die Visionen waren nicht immer klar und nicht immer angenehm.) Sie war, wenn das überhaupt möglich war, noch zickiger als üblich gewesen. Gleichzeitig wollte sie nicht mit der Sprache herausrücken, was ihr eigentlich fehlte. In diesem Zustand war Garrett der Einzige, der es mit ihr aushielt.
    Ein Wort zu Garrett. Nostro, der alte Vampirkönig - den Sinclair und ich getötet hatten -, hatte sich einen Spaß daraus gemacht, frisch erwachte Vampire fast verhungern zu lassen. Und wenn Vampire hungern, verwildern sie. Schlimmer noch, sie werden zu Tieren, die auf allen vieren gehen und niemals duschen. Sie waren wie tollwütige, fleischfressende Pitbulls.
    Laura, Sinclair und Tina
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