Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0599 - Die Kralle

0599 - Die Kralle

Titel: 0599 - Die Kralle
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
weißen Kerzen zwischen die Finger.
    Fünf davon stopfte er in seine rechte Hosentasche. Zündhölzer nahm er sicherheitshalber auch mit, schob die Lade wieder sacht zu und drehte sich langsam um.
    Dabei bemerkte er, wie sich die Schatten veränderten. Sie bewegten sich heftiger, zogen sich zusammen, schnellten vor, als wären die Kerzen von einem Luftzug getroffen worden.
    Den spürte er im gleichen Augenblick im Genick.
    George versteifte. Er wußte plötzlich, daß er sich nicht mehr allein in der Küche befand, traute sich aber nicht, in Richtung Tür zu schauen, sondern blieb geduckt stehen.
    Von der Tür hörte er das leise Lachen, denn die flüsternde Stimme.
    »Hi, George, willst du dich nicht umdrehen und mich begrüßen?«
    Der Butler spürte den klebrigen Schweiß in seinen Achselhöhlen.
    Die Angst war wie eine Klammer. Er zögerte noch, atmete tief ein und drehte sich erst dann um.
    In der offenen Tür stand Ricardo, der Tote, der Zombie, der Wiedergänger!
    George hatte damit gerechnet, eine halbverfaulte Leiche zu sehen, das war nicht der Fall. Ricardo sah aus, wie er ihn in Erinnerung hatte, um nichts verändert, auch nicht verbrannt.
    Ein sehr glattes Gesicht, das von den langen Haaren beinahe wie eine Fahne umweht wurde. Er trug ein graues, umhangähnliches Kleidungsstück, das keine Ärmel besaß, damit er beide Hände schnell bewegen konnte. Auch die Hand mit der Kralle.
    Er hielt den Arm angewinkelt und die Kralle so gedreht, daß sie auf den Butler zeigte. Ihm würde ein einziger weiter Sprung ausreichen, um den Stahl in Georges Körper zu rammen.
    Im Gesicht bewegte sich nichts. Nur wenn der Austausch aus Licht und Schatten über die Haut floß, flackerten seine Augen wie ein Zündholz im Windzug.
    Er stand nur da, schaute, wartete und lächelte plötzlich. Es war ein breites Lächeln, ohne allerdings Humor zu zeigen, eher strahlte es eine Todeskälte aus.
    »Hallo, George.«
    Der Butler schluckte. Er hob die Arme und vollführte eine abwehrende Handbewegung, als wollte er die Gestalt wie einen bösen Alp vertreiben. »Geh weg!« keuchte er. »Geh einfach weg. Ich… ich will dich nicht sehen, du bist tot …«
    »Ich war tot, jetzt lebe ich wieder.«
    George fragte automatisch. »Wieso?«
    »Voodoo, George, nur Voodoo. Mein Freund Dacros ist einer der großen Meister. Er ist ein Zombiemacher, und er hat mich eingewiesen. Dacros gehorchen die Toten.«
    »Auch du, auch du? Ich habe gesehen, daß du verbrannt bist. Das Feuer hat dich gefressen. Du mußt Asche sein. Du warst verkohlt und…«
    »War ich das wirklich?«
    »Viele haben dich gesehen…«
    »Das stimmt, George, sie haben mich gesehen, aber sie sahen in Wirklichkeit einen Zombie. Nur äußerlich war ich tot, gut zurechtgemacht, geschminkt mit verbrannter Haut bedeckt. Wir beide haben sehr lange geübt, damit die Täuschung perfekt gelang.«
    »Man begrub dich…«
    »Richtig, George, man hat mich begraben. Da aber hatte ich bereits das Gift eingenommen. Man begrub offiziell einen Toten, doch ich lebte im Sarg weiter. Ich habe durchgehalten, denn Dacros gab mir das Gift. Ich habe ihm voll und ganz vertraut und bin wieder aus dem Grab geklettert, dank seiner Hilfe. Es ist modern geworden, ein Zombie zu sein. So habe ich es als einer von wenigen außerhalb Haitis geschafft, wieder ins Leben zurückzukehren und Rache an den Personen zu nehmen, die sich nicht scheuten, mir die Frau wegzunehmen. Deliah hat sich einem anderen, einem Widerling, an den Hals geworfen. Er lebt nicht mehr, George, ich habe ihn gekillt. Ich werde alle töten, auch Deliah. Sie hat auf meine Warnungen nicht gehört, jetzt ist es zu spät.«
    »Und… und ich?«
    »Keine Zeugen, George, keine Zeugen. Ich bin gekommen, um alle zu vernichten. Wer wie ich, die lange Zeit im Sarg verbracht hat, bekommt ein anderes Denken. Niemand hat Deliah abgeraten, auch die eigene Familie nicht, deshalb werde ich mich auch um sie kümmern müssen. Ich lasse mir nichts mehr bieten.« Er ging einen Schritt vor. »Draußen wartet mein Freund Dacros. Er hat die Feuer angezündet, er schlägt bereits die Voodoo-Trommel, denn er ist der Meister.« Ric hob den normalen Arm. »Hörst du die Trommeln in der Nacht?«
    Der Butler nickte. Ihm war das Geräusch tatsächlich aufgefallen, denn es störte die Ruhe.
    »Unter dem Klang der Trommeln wirst du dein Leben verlieren!« sprach Ric und ließ sich nicht mehr aufhalten. Er betrat die Küche und hämmerte die Tür zu, damit dem Butler dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher