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0582 - Der Totenbaum

0582 - Der Totenbaum

Titel: 0582 - Der Totenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gelehriger Schüler bin?«
    »Bestimmt nicht mehr lange«, prophezeite Robin und prüfte angelegentlich das Magazin seiner Dienstwaffe.
    Worauf Brunot es vorzog, für die nächsten zehn Minuten in tiefstes Schweigen zu verfallen.
    ***
    »Bäume, die Menschen ermorden«, wiederholte Zamorra und sah den Drachen an. »Was willst du damit sagen?«
    Bäume…
    Düstere Erinnerungen stiegen in Zamorra auf. Es war gerade mal ein paar Tage her, da hatte er es mit einem eigenartigen Fall zu tun gehabt. Abgestorbene Bäume, die gegen den Strom flußaufwärts trieben und sich kurzfristig zu etwas Dämonischem entwickelt hatten, das Menschen ermordete und dann zu Staub zerfiel. Später hatte sich herausgestellt, daß es sich um einen Dämon handelte, der eigentlich längst tot war - vor langer, langer Zeit von Asmodis erschlagen und mit einem Fluch bedacht, weil es dieser Dämon gewagt hatte, eine Tochter des Asmodis zu töten…
    Ein wenig von der Substanz eines dieser ›Bäume‹ hatte Zamorra in seinem ›Zauberzimmer‹ erforschen wollen. Auf eine bislang nicht erklärbare Weise war aus dieser Asche-Substanz ein Miniatur-Bäumchen gewachsen… [2]
    »Böse Asche«, hatte Fooly damals dazu gesagt. »Böse Bäume…«
    In den letzten Tagen hatte Zamorra versucht, diese Dinge zu erklären. Er ahnte, daß das Kapitel noch nicht ganz abgeschlossen war, er hatte jedoch keinen Anhaltspunkt gefunden.
    Gerade eben hatte er noch an einer Textpassage im Notebook zu diesem Thema gearbeitet. Und jetzt kam Fooly an und fragte nach Bäumen, die Menschen ermordeten?
    »Ich will damit gar nichts sagen«, wich der Jungdrache aus. »Was glaubst du wohl, warum ich dich danach frage? Kannst du dir solche Bäume vorstellen?«
    »Kann ich«, sagte Zamorra. »Wir hatten doch gerade erst vor ein paar Tagen damit zu tun.«
    »Ich glaube, daß es etwas anderes ist«, sagte Fooly leise. Er klang sehr ernst, gar nicht so wie vorhin.
    »Hängt es auch mit Asmodis zusammen?« fragte Zamorra.
    Seine Frage hatte einen sehr realen Hintergrund. Beim letzten Mal war es um Asmodis' Tochter gegangen. Aber auch etliche Jahre früher hatten es Nicole und Zamorra schon mal mit einer magischen Hinterlassenschaft des Ex-Fürsten der Finsternis zu tun gehabt. Mit einem mörderischen Monsterwald.
    Er dachte gleich noch um ein paar Ecken weiter.
    Asmodis und Merlin waren Brüder. Merlin war der ›König der Druiden‹, und die Druiden hegten enge Beziehungen zu Bäumen, denn in ihnen wohnten die Dryaden. Warum also nicht…?
    »Das weiß ich nicht«, unterbrach Fooly seine ausschweifenden Gedanken.
    »Wie bist du überhaupt auf diese Idee gekommen?«
    »Ich habe mit meinem Freund gesprochen«, erwiderte der Jungdrache. »Er hat es mir zugeflüstert. Es gibt Bäume, die morden. Wenigstens einen. Andere Bäume haben ihn dabei beobachtet. So etwas spricht sich herum.«
    Zamorra schluckte.
    Mit seinem ›Freund‹ meinte Fooly natürlich den großen, alten Baum etwas abseits am Hanggrundstück, mit dem er sich zuweilen unterhielt. Fooly behauptete standhaft, mit Bäumen sprechen zu können. Selbst Zamorra konnte sich nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte, aber Fooly wirkte oft so überzeugend, daß der Dämonenjäger nahe daran war, es ihm zu glauben.
    Immerhin wartete der Jungdrache zuweilen mit Informationen auf, die ihm angeblich der Wind zugetragen hatte - beziehungsweise das Rauschen der Bäume!
    Aber wie konnte man aus diesem Rauschen Worte heraushören?
    Nicole hatte sogar versucht, zu dem Baum eine telepathische Verbindung aufzubauen. Es war ihr nicht gelungen. Zumindest dafür hatte Fooly sofort eine Erklärung parat: Erstens fände die Verständigung natürlich nicht auf telepathische Weise statt, und zweitens spüre der Baum, daß sie ihn nicht als gleichberechtigten Gesprächspartner ansahen.
    Erst wenn Zamorra und Nicole ihre Skepsis ablegten - und zwar wirklich ablegten, bis ins tiefste Unterbewußtsein -, erst dann könnten sie sich mit ihm unterhalten.
    »Du sagst also«, sagte Zamorra, »daß ein Baum einen Menschen getötet hat, habe ich das richtig verstanden?«
    »Nicht ich sage das«, protestierte der Drache, »sondern mein Freund, der Baum.«
    »Hat dein Freund dir auch mehr verraten? Vielleicht, wo dieser Mord geschehen ist, wer das Opfer ist und wie es passiert ist? Normalerweise ist es ja eher umgekehrt; Menschen ermorden Bäume, nicht wahr?«
    »Leider«, seufzte der Drache. »Ich frage mich, ob sie überhaupt wissen, was sie da tun.
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