Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0582 - Der Totenbaum

0582 - Der Totenbaum

Titel: 0582 - Der Totenbaum
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
immer größer, daß es sich bei der zweiten Leiche um eben diese Aups handelte. Er ließ sich ihre Adresse geben.
    Als er auf den Klingelknopf drückte, geschah zunächst gar nichts, aber etwas später öffnete ihm eine alte Frau, die sich derzeit allein im Haus aufhielt. Sie war Verena Aups' Großmutter, die Eltern waren auf einer Urlaubsreise, und Verena hatte sich heute den ganzen Tag noch nicht gezeigt.
    »Und das hat Sie nicht erstaunt?« hakte Robin nach.
    »Soll ich meiner Enkelin vielleicht nachspionieren?« fragte die alte Dame. »Sie ist alt genug und kann tun und lassen, was sie will! In diesem Haus schleicht sich niemand ins Zimmer eines anderen, und fremde Post wird auch nicht geöffnet!«
    »Vielleicht ist Verena ja erkrankt und braucht dringend Hilfe.«
    »Dann hätte sie mir das garantiert schon übers Haustelefon mitgeteilt!«
    Diese Telefone, die es scheinbar in jedem Zimmer und auch im Korridor gab, waren Robin bereits aufgefallen. Sie erinnerten ihn an Zamorras Loire-Schloß, in dem auch sämtliche Räume über eine Sprechanlage verbunden waren.
    »Darf ich mich trotzdem in Verenas Zimmer umsehen?« bat der untersetzte, wie immer ein wenig nachlässig gekleidete Chefinspektor.
    »Nein. Warum?«
    Jetzt mußte er die Katze aus dem Sack lassen. Lieber wäre es ihm gewesen, Verena hätte nicht im Haus ihrer Familie gewohnt, sondern irgendwo allein für sich - sofern sie tatsächlich die Tote vor der Friedhofsmauer war.
    »Wir sind uns noch nicht sicher, Madame, aber Ihre Enkelin könnte einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein. Um das herauszufinden, bin ich hier. Ich bitte Sie noch mal, mir Einblick in Verenas Zimmer zu gewähren.«
    »Ein… Gewaltverbrechen? Das einzige Gewaltverbrechen, das hier jemals geschah, war, als der Halunke Gérard Maldieux mein erklärtes Lieblingsschwein geschlachtet hat. Und das ist schon über siebzig Jahre her! Na schön, Monsieur Polizist, werfen Sie einen Blick in Verenas Wohnung! Aber wehe, Sie klauen was!«
    Nahm sie seine Worte nicht ganz ernst?
    Immerhin führte sie Robin zu Verenas Zimmer - nein, zu ihrer Wohnung. Verenas Eltern und die alte Großmutter schienen mit nur kleinen Zimmern auszukommen.
    »Können Sie sich so eine Gemeinheit vorstellen?« lamentierte die alte Dame unverdrossen weiter. »Schlachtet der Kerl einfach meine Suzette, behauptet, daß das nötig sei, weil er Wurst und Schinken machen müsse, und dann zwingt mein Vater mich auch noch, Suzettes sterbliche Überreste zu essen! Das habe ich den beiden nie verziehen! Ich…«
    Robin schaltete seine Ohren auf Kaufhaus - durchgehend geöffnet! -und hörte Großmütterchen nicht weiter zu. Dafür sah er sich kurz in der Wohnung um.
    Es hatte den Anschein, als sei Verena gestern abend noch hier gewesen und als sei sie seitdem auch nicht wieder hinausgegangen. Kleidungsstücke lagen im Bad und im Schlafzimmer. Allerdings stand auch die Tür des Kleiderschranks offen, und ein Kleiderbügel lag auf dem Bett, das unbenutzt war. Im Wohnzimmer stand eine noch verkorkte Flasche Wein nebst zwei Gläsern auf dem Tisch.
    Verena Aups hatte also auf jemanden gewartet.
    »Ist Alan Lacroix oft hier?« fragte der schnauzbärtige Chefinspektor.
    »Alan? Fast ständig. Mein Sohn sagt immer, die zwei sollten endlich Nägel mit Köpfen machen und heiraten. Sie passen wunderbar zusammen. Aber Verena will noch nicht. Wozu auch? Wenn ich zu meiner Zeit die Freiheiten gehabt hätte, die junge Mädchen heute haben, ich…«
    Ohren wieder auf Durchzug!
    Robin hatte erst mal genug gesehen. Alles deutete darauf hin, daß Verena zunächst auf Alan Lacroix gewartet und dann nach ihm gesucht hatte - und nun wahrscheinlich tot war.
    Aber er brachte es nicht fertig, das der munteren und agilen alten Dame zu sagen. Nicht jetzt. Er wollte erst Gewißheit.
    Er hätte sie mitnehmen können zur Identifizierung in der Gerichtsmedizin. Aber den schaurigen Anblick wollte Robin der alten Madame Aups nicht zumuten.
    »Und? Sind Sie jetzt schlauer, Monsieur Räuberjäger?« fragte die Großmutter. »Was ist denn nun, wurde Verena - wie sagten Sie noch gleich - Opfer eines Gewaltverbrechens oder nicht?«
    Robin schluckte.
    »Das läßt sich nicht sagen«, wich er aus. »Es ist bisher nur ein Verdacht, aber ich denke, Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Den Verdacht zu festigen oder zu zerstreuen?«
    »Darauf kann ich Ihnen noch keine Antwort geben.«
    »Sie sind genau wie diese Hohlköpfe in Paris, die wir alle paar Jahre wählen, damit sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher