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0573 - Der uralte Henker

0573 - Der uralte Henker

Titel: 0573 - Der uralte Henker
Autoren: Jason Dark
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Dasein. Auf einer Mauer hockten Tauben und starrten in den gepflegten Innenhof hinein. Alles war völlig normal. Von einer Gefahr, wie sie Francesco angekündigt hatte, spürte der jüngere Padre nichts.
    Bis die Tauben wegflogen.
    Eigentlich etwas völlig normales, doch andere Vögel taten es ihnen gleich und stiegen vom Garten her, wo sie sich wohl gefühlt hatten, dem blauen Himmel entgegen.
    Darüber wunderte sich Bernardo, sagte jedoch nichts. Trotz seines schlechten Augenlichts konnte man dem alten Mönch nichts vormachen. Er hatte ebenfalls bemerkt, daß etwas nicht stimmte. Das Flattern der Flügel hatte er sehr genau vernommen.
    Er lehnte sich nicht mehr an, ruckte nach vorn und blieb kerzengerade hocken.
    »Was hast du?«
    »Mein Sohn, es ist soweit. Die Stunde meines Todes naht. Die Tiere gaben ein Zeichen.«
    »Das ist doch…«
    Da spürte es Bernardo auch. Es war wie ein kalter Hauch, der ihn erwischte, über seinen Nacken strich und auch seine Haare nicht ausließ, die sich hochstellten.
    Jetzt erhob er sich, drehte sich erst nach links und sah deshalb nicht, was an der rechten Seite geschah.
    Dort drang eine pechschwarze Wolke aus der hohen Hecke hervor. Sie war wie ein Nebel, nur eben völlig licht- und lautlos.
    Francesco aber sah sie.
    »Bernardo!« rief er. »Bitte…«
    Der Jüngere flirrte herum.
    Er sah die Wolke und die furchtbare Gestalt in ihrem Innern. Lorenzo, der Henker, war da!
    ***
    Er sprach nicht ein Wort. Er stand da, umhüllt von den dunklen Schwaden, stützte sich auf seinem Schwert ab und hatte seine Knochenhände übereinander gelegt.
    Das schlohweiße Haar wallte wie eine Matte um seinen langgestreckten Kopf, wobei es sich unterhalb des Kinns mit dem Bart vereinte.
    Der alte Padre hatte von einem grausamen Tod gesprochen. War diese Gestalt der Tod?
    Selbst Lorenzo konnte nicht sprechen. Er wollte die rechte Hand heben und ein Kreuzzeichen schlagen, auch das schaffte er nicht.
    Der Anblick bannte ihn auf der Stelle.
    Ein fast nur aus Fetzen bestehender Umhang umwallte den Körper der Gestalt, die aus blassen, laternenhaften Augen den beiden Mönchen entgegenblickte.
    Francesco hatte sie ebenfalls gesehen. Auch wenn er sie nicht genau erkennen konnte, wußte er doch, wen er vor sich hatte und wer ihm erschienen war.
    »Du bist der Tod!« sagte er. »Ich habe dich erwartet. Ich habe dich gespürt. Du kannst mich nehmen, ich werde mich dir nicht in den Weg stellen und mich wehren. Bitte…«
    »Nein!« keuchte Bernardo, der endlich wieder handeln konnte. Er sprang auf seinen Lehrmeister zu, um ihn von der Bank zu ziehen, als der Unheimliche das Richtschwert hob.
    Er bewegte seine Arme schnell und zackig, er wollte den Mord, und die Klinge schwebte plötzlich über beiden Männern.
    Francesco merkte dies und handelte entsprechend.
    Bernardo konnte den Aufschrei nicht unterdrücken, als ihn der harte Stoß mit dem Ellenbogen in der Magengegend traf. Er taumelte zurück und geriet aus der Reichweite dieser fürchterlichen Waffe.
    Sie raste nach unten.
    Bernardo hörte noch einen dumpfen Laut, dann sank sein Lehrmeister nach vorn und fiel bäuchlings zu Boden. Sein Rücken war getroffen worden, die Kutte voller Blut.
    »Francesco!« brüllte der Padre. »Gütiger Gott, ich…«
    »Er ist der erste«, erklärte der Henker mit dumpfer Stimme, bevor er zurück in die Wolke tauchte, die sich um seine Gestalt schloß wie ein Etui.
    Sie zog sich ebenso lautlos zurück, wie sie gekommen war, verbarg den Henker und löste sich zusammen mit ihm auf.
    Zurück blieb ein Toter und ein Padre, der die Welt nicht mehr verstand.
    Sein Schrei war über die Mauern des Gartens hinweggedrungen und auch gehört worden.
    Plötzlich waren die Helfer da und wichen entsetzt zurück, als sie das Bild sahen.
    Padre Bernardo kniete neben seinem toten Lehrmeister und weinte. Die Hände hielt er dabei zum Gebet gefaltet. Man fragte ihn nach Erklärungen, aber er schüttelte nur den Kopf und bat darum, den Bischof sprechen zu dürfen.
    Das geschah zwei Stunden später.
    Der Bischof belächelte den Padre nicht, als er dessen Version hörte.
    Er nickte nur hin und wieder. Anschließend ließ er sich noch einmal den Mörder beschreiben.
    »Ja, ich glaube, daß ich dir helfen kann, Bernardo.« Der Bischof griff zum Telefon und ließ sich durch einen Bediensteten ein Buch bringen. Es war ein historisches Werk, das sich vor allen Dingen mit den mittelalterlichen Gräueltaten beschäftigte, die sich in der Gegend um Mailand
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