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056 - Zielort: Kratersee

056 - Zielort: Kratersee

Titel: 056 - Zielort: Kratersee
Autoren: Claudia Kern
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nicht mit mir absprechen«, sagte die Stimme aus der Freisprechanlage. »Glauben Sie, der Präsident hätte mir den Titel ›Finanzchef‹ zum Scherz verliehen?«
    »Wenn«, murmelte Crow so leise, dass das Mikrofon es nicht wahrnahm, »war es ein sehr schlechter Scherz.«
    Ncombes Mundwinkel zuckten. Sie saß auf der anderen Seite des Schreibtischs und hatte gerade ein paar Akten zurückgele gt, als Hendersons Anruf eingegangen war.
    »… schicken Sie einfach einen Soldaten in den Tresorraum, der viertausend Visa-Bax abholen soll«, fuhr die aufgeregte Stimme fort. »Viertausend! Sind Sie noch bei Trost?!«
    Crow ignorierte den Tonfall. »Soll das heißen, Sie haben nicht so viele Kreditkarten vorrätig?«
    »Doch, aber das sind fast unsere gesamten Vorräte. Und wie mir der Soldat mitteilte, soll ich in rund einem Jahr nicht nur hundert pro Mann, sondern noch einmal die doppelte Menge auszahlen. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass das nicht funktionieren wird.« Die Stimme schluckte hörbar. »Ich werde mich beim Präsidenten über Sie beschweren.«
    »Da sind Sie nicht der Erste, Henderson, und bestimmt auch nicht der Letzte.« Crow unterbrach die Verbindung, ohne eine Antwort abzuwarten. Er wusste, dass der Fehler auf seiner Seite lag. Bei den umfangreichen Vorbereitungen zur Expedition war es ihm einfach nicht in den Sinn gekommen, sich tiefergehende Gedanken über die Finanzierung zu machen.
    Er dachte an den alten Grundsatz seines Vaters: Niemals rechtfertigen, niemals entschuldigen. Damit hatte General Henry Crow sein Leben gemeistert, und General Arthur Crow sah keine Veranlassung, von diesem Wahlspruch abzuweichen.
    Er sah auf, als er Ncombes Blick bemerkte. »Möchten Sie mich etwas fragen, Sergeant?«
    »Ja, Sir.« Sie zögerte und straffte sich nach einem Moment. »Sir, wollen Sie die Männer bei ihrer Rückkehr von der Expedition bezahlen?«
    »Zweifeln Sie an meinem Wort?«
    »Natürlich nicht, Sir, aber wenn wir doch kaum noch Bax haben…« Ncombe hob die Schultern.
    Crow lächelte. »Natürliche Selektion, Sergeant. Vierzig Männer gehen auf diese gut einjährige Reise voller Gefahren. Was denken Sie, wie viele zurückkommen werden?« Er sah Ncombes Stirnrunzeln und unterbrach s ich.
    »Und wenn die Angehörigen der Männer Anspruch erheben?«, fragte sie.
    »Anspruch? Überschätzen Sie diese Barbaren jetzt nicht ein wenig, Sergeant? Die sind doch zu einfältig, um das Wort überhaupt zu kennen.«
    »Sir«, warf Ncombe ein, »wie können Sie wissen, ob jemand dumm ist, wenn Sie nicht einmal seine Sprache beherrschen?«
    »Gut, dass Sie es erwähnen. Genau dafür habe ich den Mann angefordert, der vor meinem Büro wartet und den Sie jetzt bitte hereinholen.«
    Crow sah Ncombe hinterher, als sie die Tür öffnete. Sie war gerade mal dreiundzwanzig Jahre alt, schlank, tiefschwarz und trug ihre Haare in regelwidrigen Rastas. Vor zwei Tagen hatte er sie in sein Büro befohlen, um die längst fällige, aber von ihrem direkten Vorgesetzten immer wieder verzögerte Verwarnung auszusprechen. Ein Blick von ihr hatte gereicht, um die Standpauke in ein Bewerbungsgespräch zu verwandeln. Crow spürte ihre Willensstärke und war sicher, dass sie eine interessante Herausforderung bieten würde, wenn sie ihre Scheu vor ihm erst überwunden hatte.
    »General«, sagte Ncombe und riss ihn aus seinen Gedanken. »Doktor Jed Stuart.«
    Der Mann, der das Büro nach dieser Ankündigung betrat, war in vieler Hinsicht das exakte Gegenteil seiner Adjutantin. Er war weiß, groß und hager mit kurzen blonden Haaren und etwas, das Crow nach kurzem Nachdenken als Aura der Zerstreutheit bezeichnete. Nervös blieb er vor Crows Schreibtisch stehen und sah sich um, als suche er nach einem Grund, sich zu entschuldigen.
    »Setzen Sie sich, Doktor.«
    »Danke, General.« St uart nahm Platz und schlug die Beine übereinander. Sein Fuß wippte vor und zurück.
    »Sie beherrschen einige der Barbarensprachen, wie ich höre?«, fragte Crow.
    »Nun.. hm… wir bezeichnen sie eher als… äh… neue Sprachen, nicht als, Sie wissen schon, Barb arensprachen.« Er räusperte sich. »Aber das war ja nicht die Frage, sondern wie viele ich… nun, sagen wir, sieben… acht, wenn Sie einen recht interessanten Dialekt aus dem Norden dazu rechnen… eine Innuitkultur übrigens. Ein Stamm lagert direkt vor der Stadt, wie ich höre… nun…« Erneutes Räuspern. Stuart zeigte auf eine kleine Statue, die Crow vor Jahren auf einem Markt gekauft hatte
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