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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ihre kalte Stirn und verließ die Kammer, die 21 Sommer lang für sie beide gemeinsame Unterkunft gewesen war.
    Aber er ging nicht so weit, wie sie es vielleicht gewollt hatte; er blieb in der Nähe. Er wollte bei ihr sein, wenn sie starb, wollte sie nicht alleinlassen. Er wollte nicht später an ihrem Totenbett stehen und sich Vorwürfe machen müssen. Er wolltê sie nicht mit dem Gedanken sterben lassen, daß er nicht für sie da war.
    Sie hatte ein ganzes Leben lang alles für ihn gegeben, sollte er da weniger geben wollen?
    ***
    Da polterten schwere Stiefel die Stiege herauf. Ein höchst verwunderter Knecht, der nicht verstand, warum ein fremder Edelmann nicht den Bauern, sondern eine kranke Magd besuchte, hatte ihm den Weg gewiesen. Robert stand im Schatten; aber obgleich er sich nicht rührte und sogar den Atem anhielt, schien der Fremde seine Nähe irgendwie gewahr zu werden. Doch blieb er nur ganz kurz stehen, um in Roberts Richtung zu blicken.
    Dann klopfte er höflich an die Kammertür und trat ein.
    Lautlos huschte Robert zur Tür, um zu lauschen. Es gehörte sich nicht, aber er mußte wissen, wer dieser Mann war. Für die Dauer eines Herzschlags hatte er den Eindruck gehabt, daß sie irgendwie miteinander verwandt waren. Das konnte jedoch nicht sein; er hatte diesen Fremden nie zuvor gesehen. Und wenn es einen Verwandten gab, der so reich war, wie dieser Fremde aussah, warum bei allen Heiligen ließ er sie beide dann in Armut darben? Robert würde ihn dafür verabscheuen und hassen müssen.
    »Was wollt Ihr jetzt noch von mir, Fürst?« hörte er seine Mutter mit erstaunlicher fester Stimme sagen. »Warum seit Ihr gekommen? Um meine Seele zu nehmen?«
    »Ich bin nur gekommen, um zu sehen, wer von uns stärker bleibt«, erwiderte der Fremde. Er sprach mit einer durchaus angenehm klingenden Stimme. »Mich dünkt, daß ich derjenige bin. Und, um ehrlich zu sein, es erfüllt mich mit Zufriedenheit.«
    »Ihr werdet ihn nicht bekommen«, sagte Elena. »Er wird Euch niemals gehören. Er ist mein Sohn. Ihr bekommt keine Macht über ihn. Und ich sage Euch nochmals, was ich Euch schon vor zwei Jahrzehnten sagte: Euer eigener Sohn wird sich von Euch wenden! Und das Kindeskind wird sich auf Euren Throne setzen und Euresgleichen zu seinen Sklaven machen! Und nun nehmt meine Seele oder laßt es, ganz wie es Euch beliebt.«
    »Du bist zu stark für mich, Zigeunerin. Ich muß dich lassen. Aber gegen deinen Fluch kämpfe ich. Und ich habe mehr Zeit als du. Mehr Zeit, als ein Menschenleben währt. Er wird viele Leben hinter sich bringen.«
    Und dann konnte Robert gerade noch zurückspringen, als der Fremde das Zimmer verließ.
    Doch sie sahen sich, und diesmal nicht heimlich.
    Der Fremde, an dessen breitem Ledergürtel in einer kunstvoll verzierten Scheide ein kurzes Schwert mit breitem Steg hing, streckte einen Arm aus.
    Dann berührte er Robert mit den Fingerspitzen.
    Da fühlte Robert, daß er von diesem Mann schon einmal berührt worden war.
    Aber das lag lange, sehr lange zurück…
    »Ein prachtvoller Bursche bist du, das muß ich sagen«, sagte der Fremde. »Genau so habe ich dich mir immer vorgestellt. Deine Mutter hat gut für dich gesorgt, wie ich sehe. Aber komm mit, ich habe etwas für dich.«
    »Wer seid Ihr?« fragte Robert mißtrauisch. »Ich glaube, ich müßte Euch kennen, Herr, aber…«
    Der andere grinste. »Namen sind Schall und Schwefeldampf. Nenn mich den Conte d’Asmois, wenn du willst. Du wirst schon erfahren, wer ich bin. Frage einfach deine Mutter. - Aber ich will dir zeigen, was ich für dich habe. Nun komm schon.«
    Etwas widerwillig folgte Robert. »Macht rasch, Conte. Ich mag meine Mutter nicht lange alleine lassen.«
    »Bald wirst du sie für immer allein lassen müssen«, sagte d’Asmois, oder wie auch immer er heißen mochte. »Schau.« Sie waren unten angelangt. D’Asmois wies mit ausgestrecktem Arm auf den feurigen Rapphengst. »Er gehört dir.«
    »Wieso? Warum tut Ihr das, mon Conte?« fragte Robert.
    »Ich mache gern Geschenke«, sagte d’Asmois.
    Robert lachte ungläubig auf. »Mit Verlaub, Conte, doch wie kommt Ihr dann ohne Pferd heim? Oder glaubt Ihr im Ernst, ich könne Euch für dies Geschenk einen adäquaten Gegenwert bescheren?«
    »Vielleicht mache ich gern auch lange Spaziergänge. Nehmt den Hengst, und behandelt ihn gut. Er hört auf den Namen Diable.«
    Das paßt zu dem schwarzen Biest, dachte Robert. Es sieht aus, als hätte die Hölle es ausgespien.
    Im nächsten
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