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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
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einmal die Flucht.« Er trank wieder und schmatzte dabei.
    Grenier wollte ihm nicht widersprechen. Er stand auf und ging die Reihe der Kühe entlang. Am Morgen waren sie gemolken worden. Er schaute sich die Euter an, die im Winter weniger Milch gaben. Der Heuvorrat reichte auch nicht mehr lange. Es wurde Zeit, daß die Sonne das Leichentuch aus Schnee wegschmolz.
    »Ich gehe jetzt, Piccé.«
    »Ist gut, ich bleibe noch. Und denk an meine Worte. Es kommt etwas Böses auf uns zu. Die Vögel haben es zuerst gespürt. Sie sind sehr wild geworden und greifen Menschen an. Diese Vorzeichen sollte niemand übersehen, verstanden?«
    »Klar – und merci für den Tip.«
    »Das sage ich jedem anderen auch.«
    Grenier wollte auf dem Rückweg nach seiner Mütze schauen, die ihm bei dem Angriff der Vögel vom Kopf gefallen war. Er hatte den Stall wieder verlassen und schaute in das Dorf hinein.
    Ein Dichter hätte es möglicherweise als weiße Idylle beschrieben.
    Der Schnee lag wie ein glattes Tuch auf den Bergen und klebte an den Hängen. Von hier unten aus war nicht festzustellen, wie dick er tatsächlich war. Mehrere Meter maß die helle Schicht.
    Zur rechten Seite hin, im Osten, stiegen die Berge sehr steil an, bis hoch in die Regionen der Gletscher, wo das Eis auch im Sommer nicht wegtaute.
    Obwohl die Sonne nur blaß schien, blendete der helle Schnee.
    Grenier mußte die Augen verengen. Seine dunkle Brille hatte er zu Hause gelassen. Er schaute an den unendlich lang erscheinenden Flächen hoch, und plötzlich sah er den Schatten.
    Er war nicht mehr als ein Hauch, und Grenier wunderte sich, wo er herkam. Ein normaler Schatten, durch eine Lichtquelle ausgelöst, war es jedenfalls nicht. Jacques schluckte.
    Er dachte an den Angriff der Vögel, schaute sich den großen Schatten noch einmal an. Er hatte den Eindruck, als wäre dieser aus dem tiefen Schnee aufgestiegen.
    Eigentlich unmöglich…
    Aber unmöglich war im Prinzip auch der Angriff der Vögel gewesen, und wenn er genau hinschaute, sah der auf dem Schneehang liegende Schatten aus wie ein gewaltiger Flügel…
    Der Flügel eines Riesenvogels…
    Jacques bekam eine Gänsehaut. Er dachte an die Worte des alten Piccé.
    Hatte er nicht von einem gewaltigen Würgeadler gesprochen? Ja, der Monstervogel war tief im Berg verborgen.
    Grenier schluckte.
    Plötzlich hatte er es eilig, zu seiner Familie zurückzukehren. Die Mütze war nicht mehr wichtig.
    Bevor er das Haus erreichte, fing es wieder an zu schneien. Ihm kamen die Flocken vor wie gefrorene Tränen…
    ***
    Hinter uns lag ein Fall zum Abgewöhnen – aber wir hatten es geschafft, den Terror zu zerstören. Der von einem Templer-Zombie, einer teuflischen Kamera und einem Mann namens Vincent van Akkeren ausgegangen war, der sich als Nachfolger Baphomeths bezeichnete, über Suko und mich allerdings gestolpert war und nun seine weittragenden Pläne vergessen konnte. [1]
    Wir hatten ihn erwischt und gefangengenommen, um ihn nach London zu schaffen, wo er vor ein Gericht gestellt und abgeurteilt werden sollte. Punkte gab es genug, auch aus seiner fernen Vergangenheit, als er noch gewisse Filme produziert hatte, über deren Inhalt ich nicht einmal nachdenken wollte.
    Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt, und in diesem Fall war es der Schnee.
    Wir hatten das Dorf an der Loire verlassen. Zusammen mit van Akkeren wollten wir nach London fliegen. Bis Paris war es ein ziemliches Stück zu fahren. Auf dem Flughafen von St. Etienne lief nichts mehr – er war zugeschneit. Ebenso verhielt es sich mit Lyon, und so hatten wir uns entschlossen, von Genf aus zu starten, denn dieser Flughafen war noch offen. Suko und ich hofften sehr, daß dies auch bis zu unserer Ankunft so blieb, die sich wegen des Wetters noch verzögerte.
    Wir hatten einmal übernachten müssen. Als wir abfuhren, hatte es schon geschneit.
    Auf der Autobahn ließ es sich noch fahren, später wurde es kritisch. Zudem gerieten wir in die Berge, und dort ist es fast immer kälter als in den Tälern.
    »Das gibt nichts«, sagte Suko.
    »Meine ich auch.« Van Akkeren, der neben Suko im Fond des Renault hockte und Handschellen trug, lachte. »Ich bin gespannt, wann wir in London sind. Wenn ihr mich fragt, schaffen wir es nie.«
    »Wir fragen Sie aber nicht!« erklärte ich.
    »Euer Pech.« Er lehnte sich zurück und zeigte ein zufriedenes Gesicht, wie ich im Innenspiegel erkennen konnte.
    Das war nicht immer so gewesen. Er hatte zweimal versucht, uns zu
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