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0529 - Der Würgeadler

0529 - Der Würgeadler

Titel: 0529 - Der Würgeadler
Autoren: Jason Dark
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sagte ich und startete wieder.
    Sehr langsam rollten wir auf den kleinen Ort zu. Viel sahen wir von der Landschaft nicht, denn es schneite immer weiter.
    Der Ort, dessen Namen wir nicht wußten, lag völlig eingeschneit in der Hügellandschaft. Die höheren Berge begannen erst im Osten und Westen, das Tal war relativ weit. Die Hänge sahen aus wie weite Matten, die in die Unendlichkeit stiegen.
    Die kettenbestückten Räder wühlten sich durch den jungfräulichen Schnee. Aufgeklart hatte das Wetter nicht. Zwischen Himmel und Erde lag noch immer ein trüber Vorhang, der die Sonne verdeckte. Dennoch konnten wir an einem Hang einen Schatten erkennen. Er lag dort wie hingepinselt. Auch Suko wunderte sich darüber.
    »Siehst du ihn?«
    Ich nickte. »Weißt du, was das ist?«
    »Nein!«
    »Aber ich«, hörten wir van Akkeren aus dem Fond. »Ich weiß es genau. Das ist das Grauen, das Böse…«
    Wir gaben ihm keine Antwort, waren aber beide beunruhigt, auch deshalb, weil hoch über dem Schatten die sechs schwarzen Vögel kreisten, als wollten sie gerade ihn beobachten…
    ***
    Jacques Grenier fand kein Mitglied seiner Familie mehr vor dem Haus, doch Sohn und Enkel hatten dort ihre Spuren hinterlassen und den Schnee so gut wie möglich weggeräumt.
    Es rieselte leicht vom Himmel. In den letzten Minuten waren die Flocken nicht stärker geworden, und Grenier hoffte, daß es auch so bleiben würde.
    An der Tür trat er seine Füße ab. Der Schnee fiel von den Sohlen und löste sich auch vom Leder. Hinter der Tür befand sich ein kleiner Windfang, in dem auch die Garderobe untergebracht worden war. Eisenhaken schauten aus der Wand.
    An einem hing Grenier seine Jacke auf, zog die schweren Schuhe aus und die warmen Pantoffeln an. Dann betrat er die große Küche, in der sich die Familie Grenier versammelt hatte.
    Im Kamin brannte das Feuer. Es gab eine natürliche Wärme ab, die den gesamten Raum erfüllte. Gegenüber stand der Herd. Der Tisch war schon gedeckt, und Eliette Grenier, Pauls Frau, stand am Herd und rührte in einem großen Topf mit Suppe.
    »Da bist du ja, Vater, dann können wir essen.« Eliette war eine hochgewachsene, blonde Person, die zu arbeiten gewohnt war. Sie stammte von einem Hof aus dem Nachbarort. Dort hatte sie als Kind und junges Mädchen schon erlebt, was es heißt, das Leben eines Bergbauern zu führen. So war ihr Leben nach der Heirat keine große Umstellung für sie gewesen.
    Eliette Grenier gehörte zu den Frauen, die sich nicht beschwerten.
    Sie besaß ein sehr freundliches Naturell, war stets nett und hilfsbereit, beliebt im Ort und auch bei ihrem Schwiegervater, der auf sie nichts kommen ließ und mit seinem Sohn öfter wegen Eliette hart ins Gericht ging, wenn ihm einmal nicht gefiel, wie er sie behandelte.
    Sie war siebenunddreißig, nicht gerade schlank, aber Frauen mit der Figur eines Mannequins konnten die harte Arbeit hier nicht bewältigen.
    Sie drehte sich um und lächelte ihrem Schwiegervater entgegen.
    Paul und Jacques saßen bereits am Tisch. Der Duft der Suppe strömte durch die geräumige Küche mit dem alten Holzboden.
    Der ältere Grenier lächelte, dabei entstanden zahlreiche Falten auf seinem Gesicht. »Das duftet ja herrlich.«
    »Bündner Gerstensuppe«, erklärte Eliette. »Du hast sie dir doch heute gewünscht.«
    »Das hatte ich ganz vergessen.« Jacques schlug sich gegen den Kopf und zuckte zusammen, als er die Stelle berührte, wo er vom Vogel gebissen worden war.
    Eliette fiel es auf. »Was ist los?«
    »Nichts, Kind, nichts.« Er sagte noch immer Kind , wie früher. An der Stirnseite des viereckigen Tisches nahm er Platz. Paul stand auf und holte den großen Topf.
    Das Austeilen der Mahlzeit war wieder Eliettes Sache. Sie hielt sich an die Reihenfolge. Zunächst Jacques, danach Paul, anschließend Pierre, zum Schluß kam sie an die Reihe. Vor dem Essen sprachen sie ein gemeinsames Gebet. Dann wurde Brot gereicht. Frisches, sehr schmackhaftes, selbstgebackenes Bauernbrot, zu dem jeder noch dünnen Hobelkäse essen konnte, der ebenfalls auf dem Tisch stand.
    »Wie war es beim Vieh?«
    Jacques ließ den Löffel sinken. »Im Prinzip ist alles in Ordnung, Paul. Allerdings müßte der Stall ausgemistet werden.«
    »Wann?«
    Jacques aß erst. »Wenn möglich, noch heute.«
    Sein Sohn widersprach. »Das ist nicht drin. Du weißt, daß wir andere Dinge zu tun haben.«
    »Natürlich.«
    »Dann morgen«, sagte Paul und schaute Pierre dabei über den Tisch hinweg an.
    Der Junge
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