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0527 - Der Tag der Kobra

0527 - Der Tag der Kobra

Titel: 0527 - Der Tag der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sogenannten zivilisierten Ländern. In einem indischen Dschungeldorf oder in südamerikanischen »Bananenstaaten« hätte es vermutlich gereicht, dem örtlichen Polizeichef eine größere Zuwendung für die Polizeisportvereinskasse zukommen zu lassen, um die Angelegenheit zu regeln -was allerdings eher von Verbrechern ausgenutzt und angewandt wurde als von unbescholtenen Personen. Aber hier war so etwas nicht möglich. Und der Polizei und den Justizbehörden etwas von einem Schlangendämon zu erzählen, führte unweigerlich in stationäre psychiatrische Behandlung.
    Verflixt, warum hatte dieser Angriff des Kobra-Dämons nicht irgendwo draußen im Outback stattfinden können, wo kein Mensch danach gefragt hätte, was geschah? Warum mitten in einer Wohnsiedlung an Sidneys Südrand?
    Tendyke murmelte eine Verwünschung und wählte neu. Diesmal rief er den Zeitungsverlag an. Dorthin hatte Zamorra gewollt, um die Reporterin Rani Rajnee abzufangen. Da sie Tendyke aufgelauert hatte, konnte sie natürlich nicht in der Redaktion erschienen sein, aber vielleicht war Zamorra noch dort, oder man konnte Tendyke sagen, wohin sich der Freund jetzt gewandt hatte.
    »Oh, Mister Tendyke«, säuselte es ihm entgegen. »Mister Zamorra wollen Sie sprechen? Das ist ein Problem. Ihr geschätzter Mitarbeiter hat hier einen Wirbel ausgelöst, der am ehesten mit den Begriffen ›öffentlicher Aufruhr‹ oder auch ›vorsätzliche Brandstiftung‹ zu umschreiben ist.«
    »Ach, der auch?« entfuhr es Tendyke unwillkürlich. »Ich bin in einer halben Stunde bei Ihnen!«
    »Dann werden Sie Ihren famosen Mister Zamorra hier aber nicht mehr vorfinden, sondern unter polizeilicher Aufsicht im Krankenhaus…«
    ***
    Ben Nevis spielte Zuschauer, Daß er an seinem Arbeitsplatz am Flughafen garantiert längst vermißt wurde, interessierte ihn nicht einmal entfernt. Das war nicht mehr sein Leben. Er war jetzt ein Diener Ssacahs, nur das zählte.
    Und was aus dem Mann wurde, den er hatte infizieren sollen.
    Von der gegenüberliegenden Straßenseite aus spielte er den Schaulustigen, der sich dafür interessierte, warum es beim Zeitungsverlag brannte. Er verfolgte das Auftauchen von Feuerwehr und Polizei, und er beobachtete, wie Zamorra in einem Krankenwagen abtransportiert wurde. Das war ungewöhnlich. Offenbar hatte der Ssacah-Ableger ihn nicht infizieren können, denn sonst wäre er jetzt selbst ein Diener. Da war auch der Mann aus der Pförtnerloge. Ihm näherte sich Nevis, nachdem die Polizei wieder fort war, und befragte ihn.
    Sie erkannten sich als ihresgleichen; der Pförtner erzählte Nevis, was er der Polizei verschwiegen hatte. Nämlich, daß Zamorra gegen die Ssacah-Ableger kämpfte und sie zerstörte, dann aber das Bewußtsein verlor. Der Mann konnte nicht sagen, ob Zamorra nicht sogar mittlerweile tot war, denn er hatte den Abtransport des Ssacah-Feindes nicht mehr verfolgen können; die Polizisten hatten ihn als einzigen unmittelbaren Zeugen des Geschehens in der Befragungsmangel gehabt.
    Nevis wandte sich wortlos ab. Es gab in diesem Teil der Stadt nur ein Krankenhaus, in das man Zamorra bringen konnte. Dorthin wandte sich Nevis.
    In seiner Tasche fühlte sich der ihm verbliebene Ssacah-Ableger wohl…
    ***
    Irgendwie schaffte es Tendyke, zu Zamorras Krankenzimmer vorzustoßen - und auch hineinzugelangen. Zu seiner Verwunderung hatte man ihn in einem ganz normalen Zimmer untergebracht; Tendyke hatte ihn eher in der Intensivstation vermutet. Denn so, wie er sich die Sache hatte schildern lassen - er bekam natürlich nur die offizielle Version zu hören -, konnte es sich nicht um eine »normale« Rauchvergiftung handeln. Dazu war das bestialisch stinkende PVC-Feuerchen schon von der Sprinkleranlage so schnell abgelöscht worden, daß der Feuerwehreinsatz umsonst gewesen war. Zamorras Zusammenbruch, seine Bewußtlosigkeit, mußte einen anderen Grund haben.
    Natürlich konnte sich Tendyke zusammenreimen, was passiert war. Ein Kampf gegen Messingschlangen, ähnlich, wie er es erlebt hatte, nur hatte Zamorra vermutlich bessere Möglichkeiten zur Verfügung gehabt, sich zu wehren. Aber so wie es aussah, war er trotzdem gebissen worden.
    Der Polizeibeamte, der vor dem Zimmer wachte, ließ Tendyke eintreten -kam aber mit. Er blieb einen Meter vom Fußende des Bettes entfernt stehen, während Tendyke sich seinem Freund näherte.
    Zamorra sah nicht gut aus. Sein Gesicht war totenbleich. Man hatte ihn in ein Krankenhaushemd gesteckt, und an seinem Arm
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