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051 - Duell mit den Ratten

051 - Duell mit den Ratten

Titel: 051 - Duell mit den Ratten
Autoren: Paul Wolf
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Rainer das soeben erstandene Frauenporträt auf seine Staffelei. Er war auf dem schnellsten Wege von dem Trödler nach Hause gegangen. Eine seltsame Erregung hatte sich seiner bemächtigt, wie er sie vorher noch nie verspürt hatte. Es war, als sei von dem Bild ein Funke auf ihn übergesprungen. Das Bild, so kitschig es war, übte eine unheimliche Faszination auf ihn aus. Es schlug ihn in seinen Bann. Es erregte ihn.
    Er mischte mit fliegenden Fingern die Farben auf der Palette und starrte zwischendurch immer wieder auf das Frauenantlitz. Was für eine Frau das gewesen sein mußte! Oder sollte man den Maler bejubeln? Blödsinn! Absoluter Blödsinn! Der Maler war ein Dilettant gewesen. Ein Fotograf von heute würde viel mehr aus diesem Gesicht herausholen. Es mußte die Frau sein, von der die Faszination ausging. Ihre Augen! Sie sahen einen an; sie sprachen; sie erzählten von Liebe und Leidenschaft; kurzum von Wollust. Es lag Verführung in ihnen, aber auch Bösartigkeit. Ja, diese Augen hatten gefühlskalt zugesehen, wie die Hände Gift in einen Weinbecher schütteten, der für den Gemahl, den Vater oder den Geliebten bestimmt gewesen war. Oder für einen König. Ja, diese Frau mußte das Format besessen haben, selbst Könige in den Tod zu schicken. Und der Mund! Er war halb geöffnet, als sei er mitten in einem Wort erstarrt; ein Wort, das Liebe oder den Tod oder beides gleichzeitig verheißen hatte. Es waren Lippen zum Küssen, Lippen die Triebe weckten, so daß einen das Verlangen überkam, in sie hineinzubeißen wie in eine reife Frucht.
    »Verdammt!« rief Dirk Rainer lauter, als er sonst fluchte, wenn er allein war. »Bin ich ein versponnener Romantiker!«
    Er war es nicht. Zum Teufel mit dem Bild! Die Frau war faszinierend, schön und gut, aber der Maler hatte sie völlig entstellt. Er hatte nichts weiter als die Grundierung für einen Übermalungskünstler wie ihn geschaffen. Ja, so war es. Vor zweihundert Jahren oder so hatte irgendein Trottel, der glaubte, die Krönung seines Lebenswerkes geschaffen zu haben, in Wirklichkeit nur die Ausgangsbasis für ein Genie wie ihn, Dirk Rainer, geliefert.
    Er schwang die Palette temperamentvoll, während er sich mit zwei großen Sätzen zu der Staffelei begab. Wie ein Raubtier, das sein Opfer anspringt. Und dann begann der Kampf. Es war eine Auseinandersetzung auf höherer Ebene. Die Arena war die Leinwand, die in diesem Fall nicht weiß und fleckenlos sein konnte, weil der Gladiator ein Übermalungskünstler war.
    Dirk Rainer kaufte sogenannte Kunstwerke wie dieses, sparte weder mit Farbe noch Energie und veränderte die Gemälde so lange, bis ein echtes Kunstwerk von ihm daraus entstanden war. Oft dauerte dieser Prozeß nur Minuten, manchmal Stunden, je nachdem, welcher Art die Grundierung war. Diesmal würde es länger dauern, das fühlte Dirk; diesmal kostete schon das Ringen um den ersten Pinselstrich viel Zeit.
    Einem ersten Impuls zufolge, hätte er beinahe ein braunes Quadrat in die rechte obere Ecke gemalt, aber er besann sich noch rechtzeitig. Nur die Frau auf dem Bild war wichtig; alles andere war von sekundärer Bedeutung. Der Hintergrund war einer Übermalung nicht würdig.
    Plötzlich zuckte Dirks Hand mit dem Pinsel wie von selbst nach vorne. Und noch ehe sich Dirk bewußt wurde, was er getan hatte, prankte unter der linken Brust der Dame in Öl ein faustgroßer schwarzer Fleck.
    Fünfundvierzig Meilen von seinem Atelier schrie zur gleichen Zeit eine Frau markerschütternd auf, als sie unter ihrer linken Brust einen stechenden Schmerz verspürte.
     

     
    »Hast du dich schon mit dem O.I. in Verbindung gesetzt, Dorian?« fragte Donald Chapman. »Seine Stimme klang am Telefon ziemlich wütend. Er war verärgert, weil du nicht sofort vom Flughafen zu ihm gefahren bist.«
    »Er wird meinen Bericht noch früh genug erhalten«, erwiderte Dorian. »Außerdem hat er vom Nachrichtendienst bestimmt schon die offizielle Version über die Vorfälle auf Borneo bekommen. Der O.I. kann warten. Mich beschäftigen im Augenblick andere Probleme.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Donald Chapman.
    Er war noch vor knapp vier Monaten ein normal großer Mann Mitte der Fünfzig gewesen und hatte dem Secret Service angehört. Als er Dorian, fast gegen seinen Willen, im Kampf gegen einen Dämon unterstützt hatte, war er diesem in die Hände gefallen. Der sogenannte Puppenmacher, einer von Dorians Brüdern, hatte es verstanden, Menschen bis auf die Größe von Puppen
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