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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang
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Da ich fast den ganzen Tag über in der Sonne geschlafen hatte, brauchte ich nicht zu befürchten, daß mich die Müdigkeit übermannen konnte, bevor die Kerle kamen.
    Ich hörte den ersten kommen, als es noch nicht einmal Mitternacht sein konnte. An den Sternen hatte ich gelernt, die Zeit zu schätzen. Außerdem bekam man eine Art Zeitgefühl, je länger man sich daran gewöhnte, keine Uhr zu besitzen. Ein zweiter und dritter Mann erschienen ungefähr eine Stunde später. Und nach zwanzig Minuten kamen noch einmal zwei.
    Ihr Gespräch brachte für mich nicht mehr viel Neues an den Tag. Sie beschlossen, in drei Tagen vormittags gegen zehn außerhalb von Eagleness zusammenzutreffen zu dem Überfall. Einer von ihnen, der offenbar den ganzen Plan entwickelt hatte, wies jedem bestimmte Aufgaben zu und beschrieb das Innere der kleinen Bank dabei so gut, als ob er stundenlang drinnen gewesen wäre. Als sie sich trennten, war es meiner Meinung nach zwischen zwei und drei Uhr früh. Ich ließ eine Viertelstunde vergehen, bevor ich mich auf den Weg machte.
    Bis hinab nach dem im Tal gelegenen Eagleness war es ein Weg von vier Meilen. Irgendwann zwischen vier und fünf hatte ich das ländliche Städtchen erreicht. Ich ging durch stockfinstere Straßen, entdeckte nirgendwo ein Licht und fand endlich ein Gebäude, das im Finstern ungefähr nach einem Rathaus aussah, weil es größer war als alle übrigen Häuser. Im Licht eines Streichholzes entdeckte ich dann, daß es eine Art Warenhaus war.
    Bis es anfing, hell zu werden, konnte noch gut und gern eine Stunde vergehen, und ich hatte nicht die Absicht, im Hellen gesehen zu werden, wenn ich die Stadt wieder verließ. Während ich noch nachdachte, wie und wo ich einen der schlafenden Bürger dieses Städtchens wecken konnte, regelte sich das Problem von selbst. Auf einmal knarrte hinter mir etwas, ich drehte mich um, und schon leuchtete jemand mit einer Taschenlampe auf mich.
    »Hände hoch, du verdammter Strolch!« rief eine Männerstimme.
    Unter dem linken Arm trug ich mein Bündel, also reckte ich den rechten in die Höhe. Die Lampe kam näher, und am Geräusch der Schritte hörte ich, daß es zwei sein mußten.
    »Der Lump wollte garantiert einbrechen«, sagte der zweite.
    »Sicher«, stimmte der erste zu. »Man sollte diesem nichtsnutzigen Pack sämtliche Knochen brechen.«
    Sie waren dicht vor mir, und bevor ich wußte, was geschah, schlug mir der eine den Lauf eines Gewehres auf die Schulter. Daß er den Kopf nicht traf, war nicht seine Absicht, sondern ich verdankte es nur der Schnelligkeit, mit der ich im letzten Augenblick wegzuckte.
    Na schön, dachte ich wütend, ihr habt es nicht anders gewollt. Tramp hin — G-man her, niemand muß sich untätig zum Krüppel prügeln lassen. Ich ließ mein Bündel fallen, schlug mit der Handkante auf den Arm des Burschen, der die Taschenlampe hielt, und sprang sofort zurück, als die Lampe zu Boden fiel.
    Jetzt konnte ich, da ich nicht mehr geblendet wurde, wenigstens ihre Umrisse erkennen. Ich schlug zwei- oder dreimal zu, dann löste sich ein Schuß aus dem Gewehr und fuhr in den Nachthimmel. Ich setzte einen tüchtigen Fausthieb an und merkte zufrieden, daß auch das Gewehr auf die Erde fiel. Einer hängte sich von hinten an meinen Hals und beschäftigte mich ein paar Sekunden, bevor ich ihn endlich loswurde. Das nutzte der andere, ergriff Lampe und Gewehr, lud durch und hielt mir schon die Mündung auf den Bauch, als eine dritte Männerstimme brüllte:
    »Stop! Keine Bewegung! Laß den Schießprügel in Ruhe, Billy! Verdammt noch mal, willst du dich ein paar Jahre einsperren lassen, nur weil du einen lausigen Tramp erschossen hast?«
    Ein paar bange Sekunden blieb die Mündung des Gewehrlaufes auf meinen Magen gerichtet, während sich schnelle Schritte näherten. Dann endlich senkte sich der Lauf.
    »Wir haben den Kerl beim Einbruch ertappt«, sagte der Bursche vor mir.
    »Kommt mit in mein Büro.«
    »Ja, Sheriff.«
    Das hörte ich gern. Der Sheriff war der Mann, den ich gesucht hatte. Ich hob mein Bündel auf und marschierte zwischen ihnen daher. Im Büro entpuppten sich meine beiden Angreifer als junge Burschen von höchstens zwanzig Jahren. Ihrem Gerede konnte man entnehmen, daß die Jugend des Städtchens freiwillig Wachdienste eingerichtet hatte, solange das Jahrestreffen der Tramps stattfand.
    Die beiden erzählten, wie sie mich beobachtet hätten, daß ich einen Einstieg in das Kaufhaus suchte. Ihre Geschichte entsprach
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