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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang
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seiner wettergegerbten Haut blaß geworden. Er bedachte die Fotosammlung auf meinem Schreibtisch noch mit einem angewiderten Blick, dann rutschte er auf seinem Stuhl herum, so daß er zum Fenster blickte und die Bilder nicht mehr zu sehen brauchte.
    »Das ist ja grauenhaft«, sagte er leise. »Lieber Himmel, wer tut denn so etwas?«
    Ich steckte mir eine Zigarette an und ging ein paar Schritte im Zimmer auf und ab. Jimmy hatte die entscheidende Frage gestellt, aber um sie zu beantworten, hätte man mehr wissen müssen als wir wußten. Jedenfalls konnte es nicht schaden, Jimmy mit den bis jetzt bekannten Tatsachen vertraut zu machen.
    »Ich werde Ihnen jetzt sagen, was wir wissen«, begann ich und setzte mich wieder an den Schreibtisch. »Und danach sollen Sie entscheiden, Jimmy, ob Sie uns helfen wollen oder nicht.«
    Ich tippte auf die Fotogruppe in der Mitte:
    »Das war Shirley Lane, 17 Jahre alt, in der letzten Klasse der High School, überdurchschnittlich begabt, wie es heißt, und sehr hübsch. Shirley wohnte bei ihren Eltern. Der Vater war Abteilungsleiter der Störungsstelle bei der Telefongesellschaft von Los Angeles. Die Mutter stammt aus einer alten kalifornischen Familie, die große Besitzungen im San Fernando Valley hat. Shirley hat zwei Geschwister, einen zwei Jahre älteren Bruder und eine drei Jahre jüngere Schwester.«
    Ich machte einen langen Zug an meiner Zigarette und rief mir die übrigen Fakten in mein Gedächtnis zurück. Seit Phil und ich uns mit dieser Geschichte beschäftigen mußten, hatten wir jede Information auswendig gelernt, die von unserer Zentrale in Washington übermittelt worden war.
    »Shirley Lane«, fuhr ich fort, »war 108 Pfund schwer, fünf Fuß und dreieinviertel Zoll groß und von normaler schlanker Gestalt. Außer einer kleinen Blinddarmnarbe hatte sie keine besonderen Kennzeichen. Die Lanes wohnen ungefähr vierzig Meilen außerhalb von Los Angeles. Eineinhalb Meilen nördlich ihres Besitztums führt die Bahnlinie vorüber. Und dort — achtzehn Yard vier Fuß und drei Zoll südlich des Gleisstranges — wurde Shirley Lane am Morgen des 2. März dieses Jahres in dem Zustand auf gefunden, den Sie auf diesen Bildern ja deutlich genug sehen.«
    Ich drückte meine Zigarette aus, ging zum Fenster und blickte hinab in die 69. Straße. Es wimmelte von Passanten — wann tut es das in New York nicht. Leute, die ihre Arbeit, ihre Geschäfte, ihre Familie oder ihr Vergnügen im Sinn hatten. Vielleicht auch ein paar, die gerade über ein geplantes oder ein begangenes Verbrechen nachdachten. Nach dem Gesetz der Wahrschein- i lichkeit mußten sogar ein paar Gangster unter den Tausenden sein, die in kurzer Zeit tief unter mir vorbeiwirbelten.
    Gangster! Ich rieb mir über die Stirn. Gangster sind skrupellos, im Grunde ihres Wesens feige, arbeitsscheu und was weiß ich noch. Aber zunächst einmal sind sie normale Menschen, Leute mit einem nicht übermäßig entwickelten, aber doch vorhandenen Verstand. Der Kerl, den wir zu' suchen hatten, konnte gar nicht normal sein. Kein normaler Mensch hätte fertiggebracht, was der Lump nun schon dreimal praktiziert hatte.
    »Ann Gordon«, sagte ich hart und ging zum Schreibtisch zurück, um auf die Fotos links zu zeigen. »Verkäuferin in einem Warenhaus, Schuhabteilung. Vierundzwanzig Jahre alt, Größe fünf Fuß und vier Zoll, Gewicht 117 Pfund, schlanke Gestalt, keine besonderen Kennzeichen. Ann Gordon fand man am späten Abend des 19. April dieses Jahres im Bundesstaat Oklahoma, nur knapp eine halbe Meile von ihrem Häuschen entfernt, auf dem Gelände eines Güterbahnhofs verstümmelt auf. Die Einzelheiten zeigen die Fotos der Mordkommission.«
    Das Telefon klingelte. Ich nahm den Hörer und sagte:
    »Cotton.«
    Durch die Leitung tönte die stets ein wenig heisere, irgendwie nach Nachtlokal klingende Stimme von Myrna Sanders. Sie ist das hübscheste Mädchen aus unserer Telefonzentrale und würde ohne Murren sechsunddreißig Stunden hintereinander Dienst tun, wenn ein ernster Fall es von uns allen verlangte. Beweise dieser Art hatte sie genug erbracht, und so gehörte sie zu uns wie jeder erprobte G-man.
    »Blitzmeldung aus dem Hauptquartier in Washington, Jerry«, sagte sie. »Das vierte Opfer in der Eisenbahnserie wurde in der Nähe Detroits gefunden. Einzelheiten folgen später per Fernschreiben.«
    »Danke, Myrna«, sagte ich und legte den Hörer zurück.
    Einen Augenblick kochte ich vor Wut. Irgendwo in diesem riesigen Lande war ein
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