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0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang

Titel: 0509 - Der Würger auf dem Schienenstrang
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kletterte den Bahndamm hinauf. Männer der Mordkommission begegneten ihm, erfahrene abgebrühte Beamte, die seit Jahr und Tag mit den Opfern von Morden, den Leichen tödlicher Unfälle und den mitunter entsetzlich verstümmelten Körpern von Selbstmördern umzugehen hatten. Männer, die auch ein grausiger Anblick so schnell nicht mehr erschüttern konnte, weil sie ihren glasklaren Verstand für die Suche nach den Tätern bewahren mußten. Dennoch wirkten auch sie irgendwie verstört. Die Bemerkungen, die sie sich zuriefen, waren weniger von Zynismus geprägt als sonst. Es war, dachte Martens, als ob sie sich alle irgendwie persönlich beteiligt fühlten. Als ob es ihre Frau, ihre Schwester, ihre Tochter wäre, die da unten lag.
    Martens lief auf dem Gleis entlang bis zur Brücke, kletterte die Böschung hinan und schob sich durch die Neugierigen, die sich hier schon stauten. Er hatte Mühe, bis zu seinem Dienstwagen zu kommen. Zwei Journalisten von einer Tageszeitung zupften ihn am Ärmel. Martens schüttelte den Kopf und brummte abweisend:
    »Keinerlei Kommentar. Tut mir leid, Gents. Nicht ein Wort.«
    Er warf sich in den Wagen, riegelte die Tür von innen zu und überzeugte sich, daß alle Fenster bis auf den letzten Millimeter geschlossen waren. Von draußen starrten die Gesichter neugieriger Gaffer herein und sahen zu, wie er zum Mikrofon des Sprechfunkgerätes griff. Aber er sprach so leise, daß man draußen kein Sterbenswörtchen hören konnte.
    »Tony Martens in Wagen zwei-vier-zehn-eins. Der Dienststellenleiter erwartet meinen Anruf.«
    »Ich verbinde«, sagte eine Stimme aus der Funkleitstelle, und gleich danach fragte der FBI-Chef des Detroiter Büros: »Ja, Tony?«
    Martens tupfte sich mit einem säuberlich gefalteten Tuch die Stirn ab.
    »Meiner Meinung nach kann kein Zweifel bestehen, Rick. Es muß wieder derselbe, gewesen sein. Wenn es ein Anschlußtäter wäre, müßte er verdammt gut über die Praktiken seines Vorgängers informiert sein.«
    »Sehen Sie sich alles genau an, Tony. Wir wollen jede Kleinigkeit wissen. Der Fall bleibt für die örtliche Bearbeitung in den Händen der Mordkommission der Stadtpolizei. Aber Sie wissen, daß das FBI bereits eine interne Bundesfahndung angekurbelt hat, und dieser neuerliche Mord wird die Fahndungsabsicht bei uns nicht vermindern. Dazu brauchen wir aber alle Informationen, die nur zu erhalten sind. Bleiben Sie also am Ball.«
    »In Ordnung, Rick. Es kann ein paar Stunden dauern, bis die hier mit der Spurensuche fertig sind. Ich habe den Eindruck, daß es dieser Aris mehr als genau nimmt. Der läßt jedes abgefallene Blatt unter jedem Strauch umdrehen.«
    »Großartig! Endlich einer, der wirklich gründlich arbeitet.«
    »Wenn es nichts Besonderes gibt, melde ich mich dann erst wieder, wenn wir hier fertig sind.«
    »Okay, Tony. Bis später.«
    Martens klemmte das Mikrofon in die Halterung, stopfte sein Tuch in die Hosentasche und griff nach den Zigaretten. Er zündete eine an, sog den Rauch ein und stellte fest, daß sie abscheulich schmeckte. Verwundert machte er einen neuen Zug, bis ihm aufging, daß es nicht an der Zigarette lag. Es lag an dem bitteren Geschmack in seinem Mund, es lag an dem, was er drüben am Bahndamm gesehen hatte. Es ist ein Unterschied, dachte er, ob man sich so etwas auf Fotos oder in der Wirklichkeit ansehen muß. Er stieg aus, warf die Zigarette in den Rinnstein und schloß sorgfältig den Wagen ab. Beim FBI hatte man kein Verständnis für Leute, die ihren Wagen unabgeschlossen herumstehen lassen und so den allzu vielen Autodieben noch das Handwerk erleichterten.
    Von der Straße her mußte er sich durch ein Gebüsch schieben und über eine Ferngas-Rohrleitung hinwegsteigen, die hier neben der Straße herlief. An den knackenden Zweigen in seinem Rücken hörte er, daß ihm jemand folgte. Er drehte sich um. Ein rotes schwitzendes Gesicht mit einer von Sommersprossen übersäten Nase blickte ihm entgegen.
    »Daily News!« stieß der Mann hervor. »Ich komme mal mit runter, G-man. Möchte mit Lieutenant Aris sprechen.«
    Aber in diesem Augenblick schob sich schon einer der uniformierten Polizisten heran, von denen es in der ganzen Gegend nur so wimmelte. Lieutenant Aris schien alle Reserven, Bereitschaften und angrenzenden Reviere nach jedem abkömmlichen Mann durchgekämmt zu haben. Jenseits des Sportplatzes konnte Martens ebenfalls Uniformen erkennen. Offenbar hatte Aris das ganze große Gebiet vom Bahndamm bis zur anderen Seite des
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