Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0500 - Die Quelle des Lebens

0500 - Die Quelle des Lebens

Titel: 0500 - Die Quelle des Lebens
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
küßte ihn.
    Zamorra schüttelte den Kopf.
    »Pardon, cherie«, sagte er leise. »Dafür bin ich jetzt wahrhaftig nicht in der richtigen Stimmung.«
    Nicole zuckte mit den Schultern. »Ich hatte gedacht, ich könnte dich nach deinem Alptraum ein wenig aufmuntern«, sagte sie. »Verschieben wir’s eben auf später.«
    Zamorra sah ihr nach, während sie im Bad verschwand, und dachte an den Mann aus seinem Alptraum.
    Wer war Torre Gerret?
    ***
    »Willkommen auf Llewellyn Castle, mein Freund«, hatte Lord Saris vor ein paar Tagen zur Begrüßung gesagt. »Ich freue mich, Zamorra, daß du gekommen bist, mir beim Sterben zu helfen.«
    Trotz des prachtvollen Sommerwetters, das den Mauern von Llewellyn-Castle einen geradezu unwirklichen Glanz verlieh, fühlte Zamorra sich so beklommen wie nie zuvor in seinem Leben. Das lag weniger an seinem Alptraum als an der Erinnerung an die makabren Begrüßungsworte des Lords. Sie waren nicht dazu angetan, seine Stimmung zu verbessern.
    Immerhin hatte Sir Bryont Saris ap Llewellyn recht. Professor Zamorra war hier, um ihm beim Sterben zu helfen!
    Er hatte es ihm schon vor längerer Zeit versprochen. Helfen, aufpassen, abschirmen, beschützen! Denn es durfte nichts fehlschlagen. Seit mehr als 30 Jahrtausenden gab es die Llewellyn -Erbfolge, die bislang noch nicht unterbrochen worden war. Die Geschichtsschreibung der Menschheit reichte längst nicht so weit in die Vergangenheit zurück, und Spötter behaupteten, der erst Llewellyn habe noch den letzten Saurier gekannt.
    Das mochte stimmen.
    Er erste Llewellyn war zugleich aber auch der letzte. Es war immer dieselbe Person gewesen - dieselbe Person in verschiedenen Körpern.
    Der Geist, das Bewußtsein, die Seele - wie auch immer man das nennen wollte, was die Persönlichkeit eines Menschen, seinen Charakter, seine Erinnerungen, seine Liebe und seinen Haß ausmachte - starb nicht, sondern wechselte lediglich in einen neuen Körper, wenn der alte erschöpft war. Dabei wurde jeder Körper genau ein Jahr älter als der vorherige.
    Sir Bryont hatte das gesegnete Alter von 265 Jahren erreicht. Sein Vorfahre, Sir Rhoy, war 264 Jahre alt geworden, und sein Sohn Rhett würde mit 266 Jahren anno 2259 das Zeitliche segnen. Und dabei waren sie in Wirklichkeit alle drei die gleiche Person, nur in verschiedenen Inkarnationen. Wann das alles begonnen hatte und wie diese Art von verkappter Unsterblichkeit entstanden war, wußte niemand. Auch der Lord konnte sich daran nicht mehr erinnern. Sein Gedächtnis, das ständig neue Erlebnisse verarbeiten mußte, war nicht in der Lage, mehr als dreißigtausend Jahre in die Vergangenheit zurückgreifen zu können. Um nicht überlastet zu werden, mußte Unwichtiges verdrängt werden, und je länger das Leben währte, desto mehr Verdrängung war erforderlich, weil immer wieder neuer »Speicherplatz« benötigt wurde.
    Wenn Bryont Saris starb, verließ sein Bewußtsein den erschöpften Körper. Es schlüpfte in den neugeborenen Nachfolger, der im gleichen Moment das Licht der Welt erblicken mußte, in dem sein Vater starb. Nur so konnte es überleben und die Erbfolge gewährleisten. Deshalb hatte der Llewellyn genau neun Monate vor seinem Tod, dessen Datum ihm natürlich genau bekannt war, einen Sohn zu zeugen, der pünktlich geboren werden mußte.
    Das war einer der großen Schwachpunkte. In der Vergangenheit war der Laird, das Clans-Oberhaupt, hingegangen und hatte sich die Frau genommen, die ihm gefiel. Heute hatte sich die Emanzipation auch in Schottland bemerkbar gemacht, und in den letzten Jahren hatte Sir Bryont einige Fehlversuche hinter sich gebracht, bis er in Lady Patricia endlich die Frau gefunden hatte, die ihn verstand.
    Sie wußte, was auf sie zu kam.
    Sie liebte ihren Mann so sehr, daß sie es akzeptierte. Nicole Duval hatte sich lange mit ihr darüber unterhalten; Lady Patricia tröstete sich damit, daß Bryont ihr auf eine andere Weise erhalten blieb: in Gestalt ihres gemeinsamen Sohnes! Als solchen konnte sie ihn unter geänderten Voraussetzungen weiter lieben und ihm helfen, vom Kind zum Mann zu reifen und dabei die Erinnerungen an sein früheres Leben wieder zurückzugewinnen. Zum ersten Mal aber hatte Laird es in Lady Patricia mit einer Frau zu tun, die ihn nicht geheiratet hatte, weil diese Vermählung zwischen ihm und ihren Eltern ausgehandelt worden war oder weil sie hoffte, mit dem Namen Saris ap Llewellyn auch Macht, Einfluß und Reichtum des Clans zu erwerben. Sie liebte ihn wirklich von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher