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050 - Die Blutsauger

050 - Die Blutsauger

Titel: 050 - Die Blutsauger
Autoren: Lee Barton
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glasklarem Verstand, aber, wie man ganz richtig sagt: Not macht erfinderisch.
    Leroy mußte seine gebückte Stellung aufgeben, denn die Decke berührte seinen Rücken. Er legte sich auf den Boden und sah zu dem kalten rauhen Stein empor, der wie das ausdruckslose Gesicht des Todes immer näher kam.
    Dann versuchte er, die Decke mit seinen Händen und Knien zurückzuhalten, und er glaubte, es wäre ihm einen Augenblick lang gelungen, aber dann sank die Decke weiter. Leroy hätte gern gebetet, aber er war nicht fähig dazu. Er wollte Gott zu Hilfe rufen, aber sein Mund konnte den heiligen Namen nicht aussprechen.
    Er schluchzte verzweifelt, während der Stein weiter herabsank.
    Plötzlich stand er still, und das kratzende, laute Drehgeräusch hörte abrupt auf. Sein Herz machte einen Sprung. Gaben die Vampire ihr schreckliches Vorhaben auf? Wollten sie ihn doch lebend haben? War das ganze Manöver nur dazu in die Wege geleitet worden, um ihn verrückt zu machen?
    Er horchte auf die Schritte über ihm. Es waren schnelle Schritte. Kam man ihm zu Hilfe? Nein, es waren vertraute Schritte. Lilette und ihr Vater rannten. Wohin? Warum? Er lag flach auf dem kühlen Steinboden und dachte nach. Weshalb rannten sie davon, wenn es ihnen fast gelungen war, ihr Ziel zu erreichen und ihn zu Tode zu quetschen? Er konnte es sich nicht erklären. Aber dann erriet er die Antwort. Obwohl es kein Licht in der Zelle gab, in der er sich befand, so mußte es jetzt fast Morgen sein. Und Vampire vertrugen das Licht nicht. Das Tageslicht war tödlich für sie, und beim Morgengrauen verloren sie ihre bösen Kräfte. Die gefährlichen Tagesstunden mußten sie in ihren Gräbern, ihren Särgen verbringen. Und deshalb hatten Lilette und ihr Vater auf die beiden letzten Drehungen verzichtet; das Tageslicht war seine Rettung. Das hieß, er hatte zwölf Stunden Zeit, um zu entfliehen. Zwölf Stunden! Das war nicht viel, wenn man sich in einer derart verzweifelten Lage befand und übermüdet war.
    Er nahm seine Kraft zusammen und schaffte es, sich auf den Bauch zu drehen. Seine Finger tasteten über die Steinwände der Zelle, aber die roh behauenen Steinblöcke waren so massiv und stark wie damals, als sie von den normannischen Erbauern gelegt wurden. Nur der Mörtel war im Laufe der Zeit zerbröckelt.
    Nun konzentrierte er sich auf den Mörtel. Vielleicht war das seine Chance?
    Fieberhaft dachte er nach, wie er bröselnden Mörtel und widerstandsfähigen Stein zu seinem Vorteil ausnützen konnte. Es mußte doch eine Möglichkeit geben …! Es mußte ganz einfach. Er tastete über den Steinboden, auf dem er lag, und plötzlich stießen seine Finger auf ein Metallstück. Es fühlte sich an wie ein verbogener Nagel, rostig und etwa zwanzig Zentimeter lang.
    Eine Idee wurde plötzlich in seinem Gehirn lebendig, mit einer blitzartigen Helligkeit stand die Lösung vor seinem geistigen Auge. Und welche Fehler er auch immer hatte, eine seiner Tugenden hieß Beharrlichkeit. Nun war ihm klar, daß sein Leben von seiner Ausdauer abhing. Er bearbeitete den Mörtel, bis seine Finger wund waren. Seine Fingerspitzen wurden zu glühenden Punkten kaum erträglichen Schmerzes, und seine Armmuskeln ermüdeten.
    Der Mörtel zerbröselte zu Staub, der in seine Nase, seine Kehle, seine Augen gelangte. Er fluchte und hustete, aber er gab nicht auf. Er kratzte weiter bis zur völligen Erschöpfung.
    Eines war klar: der Tag dauerte nicht ewig, die Stunden verrannen rasch. Mit dem Abend kehrten die Kräfte der Vampire zurück und sie würden wiederkommen, zurück zu der schrecklichen alten Maschinerie über ihm. Und das kratzende, quietschende Geräusch würde wieder einsetzen und erst verstummen, wenn er zerquetscht am Boden lag.
    »Stop!« drängten die Nerven seiner geschundenen Finger.
    »Weiter, weiter!« befahl sein Wille.
    Sein Wille behielt die Oberhand. Er machte weiter. Von Zeit zu Zeit unterbrach er das Kratzen, aber nur, um an dem Steinblock zu zerren und zu versuchen, ihn zu bewegen. Es dauerte Ewigkeiten, bevor er den Eindruck hatte, der massive Stein hätte unter seinen ungeduldigen Händen einen Millimeterbruchteil nachgegeben und sich bewegen lassen. Aber die winzige Bewegung war genau die Ermutigung, die er brauchte. Sein verdrehter Körper setzte mit allen Kräften zu einer letzten Anstrengung an. Der dicke Nagel war fast so dünn wie eine Nadel und glühendheiß, aber er arbeitete wie ein Besessener an dem Mörtel, der den Stein noch umgab.
    Wieder
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