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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee
Autoren: Karl May
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war, den Roten schon bis an die Hälse reichte. Sie wurden von ihr gehoben; sie schwammen; sie kämpften gegen den Tod und gegeneinander – vergeblich.
    Nur fünf oder sechs waren es, welche sich bereits so hoch befunden hatten, daß ihnen das Entkommen möglich war. Der ‚Alte Donner‘ befand sich unter ihnen; sie hatten nur eine einzige Fackel, welche der voransteigende Timbabatsche trug. Eine schmale Öffnung führte durch die Decke in das nächste Gestock, von wo aus ebensolche Stufen weiterführten.
    „Gib mir das Licht, und laß mich voran!“ gebot der Utahhäuptling dem Timbabatschen.
    Er griff nach der Fackel, doch das ‚Lange Ohr‘ weigerte sich, sie ihm zu geben. Es entspann sich ein kurzer Streit, welcher aber dennoch lange genug währte, das Wasser herankommen zu lassen. Es drang schon durch die Öffnung in dieses Stockwerk. Dasselbe war eng, viel, viel enger als das untere. Darum stieg die Flut mit zehnfacher Schnelligkeit an den Wänden empor.
    Das ‚Lange Ohr‘ war jünger und stärker als der ‚Alte Donner‘. Er riß sich von ihm los und warf ihn mit einem kräftigen Stoß zu Boden. Nun aber drangen die andern Utahs auf ihn ein. Er besaß keine Waffe und hatte nur eine Hand frei, sich ihrer zu erwehren. Schon legte einer das Gewehr auf ihn an, um ihn zu erschießen; da rief er: „Halt, sonst werfe ich das Licht in das Wasser, und dann seid ihr verloren! Ihr könntet nicht sehen, wohin ihr zu steigen habt, und das Wasser holt euch ein.“ Das half. Sie sahen ein, daß sie sich nur dann retten konnten, wenn sie Licht behielten. Schon stand ihnen das Wasser bis an den Hüften.
    „So behalte die Fackel, und steig voran, du Hund!“ antwortete der ‚Alte Donner‘. „Aber später wirst du es büßen!“
    Der Timbabatsche stand schon auf den Stufen und eilte weiter. Wieder gelangte er durch eine schmale Öffnung in das nächste Stockwerk. Die Drohung des Alten war ernstgemeint. Das ‚Lange Ohr‘ wußte es. Er dachte, daß er nur dann nichts zu befürchten habe, wenn die Utahs in der Flut umkamen. Darum blieb er, als er durch die Öffnung gestiegen war, stehen und blickte zurück. Hinter ihm erschien der Kopf des ‚Alten Donners‘.
    „Du hast mich einen Hund genannt und willst dich an mir rächen“, rief er ihm zu. „Du bist selbst ein Hund und sollst wie ein Hund sterben. Fahre zurück in das Wasser!“
    Er versetzte ihm einen Fußtritt in das Gesicht, so daß der Alte zurückstürzte und in der Öffnung verschwand. Einen Augenblick später erschien der Kopf des nächsten Utah; auch dieser erhielt einen Fußtritt und fiel zurück. So erging es dem dritten; weiter kam keiner, denn das Wasser hatte die andern erreicht und von den Stufen geschwemmt; es trat jetzt schon durch die Öffnung; der Timbabatsche befand sich allein; nur er war übriggeblieben.
    Er stieg weiter und weiter, noch einige Stockwerke höher, und das Wasser folgte ihm mit derselben Schnelligkeit. Da fühlte er, daß die Luft besser wurde. Der Aufstieg war nun so eng geworden und es gab keine Stufen mehr, sondern ein eingekerbtes Holz war als Leiter der Mauer gelegt. Schon setzte er die Fußspitzen in die Kerben, um nach oben zu klimmen, da hörte er über sich eine Stimme: „Halt, bleib unten, sonst erschieße ich dich! Die Utahs haben uns vernichten wollen; nun sind sie selbst alle verloren, und du sollst als der letzte von ihnen sterben!“
    Es war die Stimme des ‚Großen Bären‘. Der Timbabatsche erkannte sie.
    „Ich bin ja kein Utah! Schieß nicht!“ antwortete er voller Angst.
    „Wer bist du denn?“
    „Dein Freund, der Häuptling der Timbabatschen.“
    „Ach, das ‚Langer Ohr‘! So hast du erst recht den Tod verdient, denn du bist ein Abtrünniger, ein Verräter.“
    „Nein, nein! Du irrst!“
    „Ich irre nicht. Du hast dich auf irgendeine Weise in mein Geheimnis geschlichen und es den Utahs mitgeteilt. Nun magst du so ertrinken , wie sie ertrunken sind.“
    „Ich habe nichts verraten!“ beteuerte der Rote voller Angst, denn das Wasser stieg ihm schon bis an die Knie.
    „Lüge nicht!“
    „Laß mich hinauf! Bedenke, daß ich stets dein Freund gewesen bin!“
    „Nein, du bleibst unten!“
    Da ließ sich eine andre Stimme hören, nämlich diejenige Old Firehands: „Laß ihn herauf! Es ist des Fürchterlichen genug geschehen. Er wird seine Sünde eingestehen.“
    „Ja, ich gestehe es; ich werde euch alles, alles sagen!“ versicherte das ‚Lange Ohr‘, denn das Wasser reichte ihm schon fast
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