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0496 - Die Flotte der Clans

Titel: 0496 - Die Flotte der Clans
Autoren: Unbekannt
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auf den Tod.
    Seit er denken konnte, hatte er Alter und Tod gehaßt, aber das Pendel der Zeit war niemals stehengeblieben, um ihn zu verschonen.
    Mit zwölf Jahren hatten sich die ersten Spuren des Alters gezeigt, und er hatte, früher als die meisten anderen, damit begonnen, Masken zu tragen. Mit dreizehn hatte er sein viertes und letztes Kind gezeugt, um es unmittelbar nach der Geburt in einer Aufwallung von Haß und Neid umzubringen.
    Glücklicherweise hatte er die ganze Sache als Unfall verschleiern können.
    In der elften Stunde des Schiffes wurde Jantir zwanzig.
    Er saß jetzt in seiner Kabine, der Kopf ruhte auf den Armen. Er hatte sein Essen nicht angerührt. Seine Augen tränten. Seine Gedanken waren verworren. Es gab Greise, so wurde berichtet, die vor der Hinrichtung irre wurden. Andere begingen Selbstmord, bevor sie zwanzig Jahre alt wurden. Erstaunlich, daß nur wenige mit siebzehn, achtzehn oder neunzehn Jahren starben. Zäh waren sie alle.
    Jantir hob den Kopf.
    Vor ihm lag das Messer, das er sich in die Brust stoßen konnte.
    Im Wandfach hinter der Massage befanden sich die Gifte, die einen schmerzlosen Tod verhießen.
    Jantir konnte sich an jedes einzelne dieser zwanzig Jahre erinnern. Vom dritten bis zum zwölften Lebensjahr hatte Jantir wild und glücklich gelebt.
    Der Alte erhob sich. Mit einer Hand auf den Tisch gestützt, bewegte er sich auf das Wandfach zu. Dort lag auch seine letzte Maske. Er wollte sie aufsetzen, bevor die Alterspolizei kam, denn sein Gesicht war für jüngere Clan-angehörige kein schöner Anblick.
    Er zog die transparente Plastikhaut über den Kopf und schob Atem- und Speiseschlitze zurecht. Dann setzte er die verschiedenen Wulste auf.
    Er klappte den Spiegel auf und betrachtete sich. Sein Gesicht sah jetzt jung aus. Die Wangen waren glatt, die Lippen voll. Die weißen Haare schimmerten silbern. Trotzdem war dieses Gesicht eine Karikatur. Es vermochte nicht über den alten Körper hinwegzutäuschen.
    Jantir kicherte.
    Bei Pentschypon-Kala!
    Er hatte ein aufregendes Leben hinter sich. Viele Angehörige des Murra-Clans beneideten ihn darum. Mit sechs Jahren hatte er sich zurr erstenmal verheiratet - früher als alle anderen! Er hatte auf Sakora gekämpft und den Krieg gegen die aufständischen Afafas miterlebt. Als reichster Mann seiner Gruppe war er von Vaclon zurückgekehrt. Und in der Uyl-Zeit hatte er drei Sklavinnen besessen.
    Dieses Leben war ein Rausch gewesen.
    Doch jetzt war es vorbei, nur die Erinnerungen waren dem alten Mann geblieben.
    Er öffnete ein größeres Wandfach, wo er seine letzten Schätze aufbewahrte. Dort lagen das Krnuoa-Schwert, die Singende Maske von Elerkein und drei Asmathsteine. Mehr war ihm nicht geblieben. Alte Männer, die nicht arbeiten und kämpfen konnten, mußten ihre angesammelten Schätze verkaufen, um die letzten Jahre ihres Lebens Nahrung zu bekommen.
    Das war das Gesetz hier in der Außenrandzone von Gruelfin.
    Keiner an Bord dachte sich etwas dabei.
    Jantir nahm seine Habseligkeiten aus dem Wandfach und breitete sie vor sich auf dem Tisch aus.
    Mit zitternder Hand schrieb er einen Zettel. Für Inas Thurba, der einzigen Frau, der ich wirklich verbunden war ...
    Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Er grinste bitter, als er den Zettel zusammenfaltete und neben das Schwert legte. Inas war jetzt siebzehn - wenn sie Glück hatte, konnte sie noch drei Jahre leben. Das Schwert und die anderen Sachen würden ihr Durst und Hunger ersparen.
    Jantir suchte die Bilder seiner Kinder heraus und verfluchte sie.
    Es war ein Ritual, an das sich fast alle an Bord der Jucla-Schiffe hielten. Danach verbrannte Jantir die Bilder seiner Kinder. Über den Flammen wärmte er sich die Hände. Der Qualm stand schwer unter der flachen Decke der Kabine.
    In der zwölften Stunde des Schiffes befahl Pentschypon-Kala 896. die Hinrichtung Jantirs.
    Sechs Minuten später betraten drei Mitglieder der Alterspolizei die Kabine des Alten.
    Jantir stand auf dem Tisch. Er war auf sein Schwert gestützt.
    Rpola, der fünfzehnjährige Polizist hatte Erfahrung. Es ging nie ganz ohne Schwierigkeiten ab, wenn man diese Greise zur Hinrichtung abholte.
    „Machen Sie keinen Unsinn, Jantir", sagte Rpola sanft. „Sie kommen jetzt mit uns."
    Jantir hob das Schwert mit beiden Händen. Das Gewicht der Waffe riß ihn fast von den Beinen. So schwankte er auf dem Tisch herum und schrie.
    „Jantir!" rief Rpola. „Verhüllen Sie das Gesicht."
    Jantir hob die Waffe noch höher.
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