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0480 - Satan mischt die Karten

0480 - Satan mischt die Karten

Titel: 0480 - Satan mischt die Karten
Autoren: Werner Kurt Giesa
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deren Schalter auf das Geräusch reagierte, erlosch wieder.
    Die Dunkelheit erschreckte Marina nicht. Sie wußte, daß der Traum in dieser Nacht nicht wiederkehren würde.
    Aber sie fragte sich, warum er diesmal so extrem abgelaufen war. Ein Mord an zwei ihr unbekannten Männern! Sie, die Kartenlegerin, sollte den Fremden den Tod bringen! Weshalb? Es ergab alles keinen Sinn. Sie hatte nie einen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen - an den sie ohnehin nicht glaubte. Was sie tat, waren Tricks mit Karten, nichts anderes. Keine Magie, wie den Kunden vorgegaukelt wurde, nichts dergleichen. Und doch kamen diese seltsamen Träume. Sie wurde sie nicht mehr los.
    Vielleicht hatte Peter recht und sie sollte sich wirklich in Behandlung begeben. Aber irgendwie erschien ihr das wie eine Kapitulation vor dem Unheimlichen, vor ihren Alpträumen.
    Sie lag noch über eine Stunde wach und grübelte, ehe sie endlich wieder einschlafen konnte. In dieser Nacht kam der Traum nicht zurück.
    ***
    Fast 265 Jahre alt war der Mann, dem man dieses unwahrscheinliche Alter nicht ansah. Dabei hatte der ehemals dunkelblonde schottische Lord sich in den letzten zwölf Monaten schon stark verändert. Grauweiß war sein Haar geworden und deutete jetzt an, daß er nur noch ein paar Monate zu leben hatte, um dann in einem von ihm selbst rechtzeitig gezeugten Kind weiterzuleben, das am Tag seines Todes geboren werden würde. Das war das Gesetz der Erbfolge, dem Lord Bryont Saris ap Llewellyn unterlag - und das unter verschiedenen Namen in zahllosen Generationen schon seit weit mehr als 30 000 Jahren. Der Geschichtsschreibung nach hatte es vor 30 000 Jahren auf den britischen Inseln noch keine Menschen gegeben, die weit genug fortgeschritten waren, ein Sozialgefüge zu entwickeln und sich darüber hinaus auch noch magischen Praktiken zu verschreiben, aber der Llewellyn-Clan strafte in diesem Fall die offizielle Geschichtsschreibung und die Archäologie Lügen. Dagegen mußte der über Generationen überlieferte Spruch, der erste Llewellyn habe noch die letzten Saurier gekannt, als übertrieben gewertet werden - sofern damit nicht das legendäre Ungeheuer von Loch Ness gemeint war, welches von mehr oder weniger seriösen Wissenschaftlern und Sensationsjägern alle Jahre wieder gesucht wurde und mit dem Professor Zamorra schon mal ein Plauderstündchen abgehalten hatte.
    Er hatte es nie an die große Glocke gehängt, wie auch Stillschweigen bewahrt wurde über Sir Bryonts wahres Alter. Bis vor kurzem hatte er noch wie ein Mann mittleren Alters ausgesehen, jetzt aber, da er nur noch ein paar Monate zu leben hatte, hatte der Alterungsprozeß eingesetzt und schritt rapide fort. Die Stunde seines Todes kannte Sir Bryont exakt - in der Erbfolge wurde jeder Llewellyn genau ein Jahr älter als sein Vorfahre. Sir Bryonts Sohn würde demzufolge exakt 266 Jahre alt werden.
    Körperlich würde es sein Sohn sein, geistig dagegen er selbst - die Seelenwanderung klappte in dieser Form schon seit Jahrzehntausenden.
    Zamorra wußte nicht, wie er damit zurechtkommen würde. Sir Bryont war mehr als sein Freund; der schottische Lord, der einen Parlamentssitz im britischen Oberhaus innehatte, hatte ihn vor Jahren in seinen Clan »adoptiert«, und seither besaß Zamorra das Recht, einen Kilt in den Llewellyn-Clansfarben zu tragen. Ein Recht, das er allerdings aus leicht verständlichen Gründen außerhalb Schottlands nicht ausübte…
    Sir Bryont Saris und er waren seit vielen Jahren Freunde, und daß man sich nur selten sah, tat dieser Freundschaft keinen Abbruch, sondern förderte sie sogar noch. Zamorra hatte dem Lord eine Menge zu verdanken. Seit langer Zeit schon wußte er, daß die Tage seines Freundes gezählt waren, aber er hatte dieses Problem immer vor sich hergeschoben und verdrängt. Jetzt aber ragte es wie ein Menetekel vor ihm auf.
    Seine Gefährtin Nicole Duval und er hatten die Heimreise unterbrochen, um dem Lord wieder einmal einen Besuch abzustatten, und nun sahen sie ihn um Jahrzehnte gealtert. Innerhalb weniger Monate holte die Natur nach, worum sie zweieinhalb Jahrhunderte lang betrogen worden war. Es war der Lauf der Welt; dem Leben folgt der Tod, aber für den Lord würde es kein Tod sein, sondern eine unmittelbare Wiedergeburt, nur fand Zamorra es schwierig, in ein paar Monaten in dem Baby den Freund zu sehen, mit dem er vielleicht ein paar Tage vorher noch schwarzgebrannten Whisky gezecht hatte. Dieses Baby würde Jahre brauchen, um heranzuwachsen und
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