Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
048 - Cinemania

048 - Cinemania

Titel: 048 - Cinemania
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
Stromerzeugung genutzt wurden. In den Straßen hingen elektrische Lampen, doch es gab kein zentrales Kohlekraftwerk wie in Washington, das Energie für die Privilegierten innerhalb der Stadtmauern produzierte. »El'ay« war wesentlich dezentraler organisiert; hier versorgte sich jede Siedlung selbst mit dem Nötigsten.
    Ehe Matt weiter über die städtischen Strukturen nachdenken konnte, lenkte ihn ein riesiger Schriftzug ab, der in der benachbarten Hügellandschaft aufragte und ihm kalte Schauer über den Rücken jagte.
    HOLLYWOOD Wie war das möglich? Nach so vielen Jahren musste das alte Wahrzeichen doch längst verrottet sein! Die Neugier packte ihn so stark, dass er Blaukopf mit sanftem Schenkeldruck in Richtung der riesigen Lettern lenkte.
    Aruula korrigierte den Kurs ihrer Libelle und blieb an seiner Seite. Gemeinsam flogen sie näher. Nach wenigen Minuten wurde sichtbar, dass der Schriftzug an zahlreichen Stellen ausgebessert, aber ansonsten tadellos in Schuss war. Auf dem steil abfallenden Hang ragten kleine Steinaltäre aus dem grünen Untergrund, vor denen Menschen in stiller Ehrfurcht verharrten. Für sie schien das HOLLYWOOD- Zeichen eine Art Totem zu sein, das sie anbeteten. Vielleicht in Erinnerung an eine alte, bessere Zeit, die sie nur noch aus Überlie- ferungen kannten.
    Sobald sich die Schatten der Bellits auf dem Boden abzeichneten, kam Bewegung in die Pilger.
    »Mechicos!«, gellte es von einem zum anderen. Wie auf Kommando starrten alle in den Himmel. Ihre Flinten richteten sich zwar nicht auf die Libellen, aber den finsteren Mienen war zu entnehmen, dass man Matt und Aruula für Eindringlinge hielt. Vorsichtshalber drehten sie ab und flogen in Richtung Küste.
    Ungefähr eine halbe Stunde später passierten sie Beverly Hills. Die Bergsiedlung hatte die Flutwelle gut überstanden, viele der alten Villen waren zu kleinen Festungen ausgebaut worden. Auch in dieser Gegend wohnten überwiegend Weiße, die nicht sonderlich auf fremde Gesellschaft erpicht waren.
    Matt überlegte einen Moment, ob sie das Gebirge überfliegen sollten, um ins San Fernando Valley vorzustoßen, entschied sich aber dafür, lieber weiter die Überreste von L. A. zu erkunden. Irgendwo musste es einen Platz geben, an dem Handelsware umgeschlagen wurde. Dort waren Fremde meistens willkommen.
    Über die Reste von Hollywood hinweg ging es Richtung Süden. Das belebte Viertel wurde von ausgedehnten Hüttensiedlungen abgelöst, in denen immer öfter schwarze Gesichter zu sehen waren. Sie überflogen den Harbor Freeway, der eine achtspurige Schneise bis zur Küste zog. Von hier bis zum Watts-Tower konzentrierte sich einst das afroamerikanische Viertel der Stadt, und daran hatte sich nicht viel geändert. Hier herrschten die Blax.
    Dunkle Augenpaare verfolgten misstrauisch jede Bewegung der Bellits. Die Menschen vor den Hütten fassten den Überflug als Provokation auf.
    Eine Gruppe Jugendlicher in schwerer Lederkleidung eilte zu ihren Frekkeuschern. Dreadlocks, Tätowierungen und mit scharf geschliffenen Nägeln besetzte Schulterpolster wiesen sie als Angehörige derselben Gang aus, und die Flinten in ihren Händen zeigten, dass sie nicht mit sich spaßen ließen.
    Ihre Frekkeuscher folgten den Bellits mit großen Sprüngen, um festzustellen, wer da so frech in ihr Revier eindrang. Es war eine Drohgebärde, die schnell in einen Konflikt münden konnte.
    Matt und Aruula waren nicht scharf darauf, ein Fly-by-Shooting zu provozieren, deshalb stiegen sie auf eine Höhe, in die ihnen die Riesenheuschrecken nicht folgen konnten. Triumphgelächter hallte ihnen nach. Die Blax deutete ihr Ausweichmanöver als Flucht.
    Zufrieden kehrte die Frekkeuscher-Gang auf den Boden zurück. Sie hatten die Fremden in ihre Schranken gewiesen, das reichte ihnen.
    In gut hundert Metern Höhe flogen Matt und Aruula weiter. Dank des besseren Überblicks realisierten sie nun, dass nur im Süden des Tals tief fliegende Bellits zu sehen waren. Dort mussten die Siedlungen der Mechicos liegen. Ein Gebiet, das sie wohl besser meiden sollten. Der einzige Ort, an dem sich Bellits, Frekkeuscher und Andronen munter mitein- ander mischten, war Downtown, das anscheinend eine Art Handelszentrum darstellte.
    »Lass uns dort rüber fliegen.« Aruula zog die gleichen Schlüsse wie ihr Gefährte. »Vielleicht gibt es da was zu essen. Ich hab langsam Hunger.«
    Matt hatte ebenfalls ein flaues Gefühl im Magen. Sie kurvten bereits seit drei Stunden in der Gegend herum und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher