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048 - Blut für Lukretia

048 - Blut für Lukretia

Titel: 048 - Blut für Lukretia
Autoren: Dämonenkiller
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gesehen, dass sich mein Sohn …«
    Die Erde bebte stärker. Die Kapelle schwankte hin und her. Ein Fiat machte sich selbständig, fing zu rollen an, wurde immer rascher und krachte gegen die Kapelle.
    »Der Vulkan bricht aus!«, schrie Enrico entsetzt.
    Der Inspektor drehte sich um. Er warf dem etwa einen Kilometer entfernten Krater ›La Sofatara‹ einen Blick zu. Ein Knall ertönte, und eine kilometerhohe Wolke aus Asche und Dampf schoss aus dem Krater. Gesteinsbrocken rasten heran. Ein Stein traf den Inspektor an der rechten Hand. Er stieß einen Schmerzensschrei aus.
    »Wir müssen fliehen!«, brüllte Enrico und stürzte in die Kapelle.
    Seit langem hatten die Vulkanologen vor einem drohenden Vulkanausbruch gewarnt, doch ihre Warnungen waren nicht beachtet worden. Seit Jahren waren Hebungs- und Senkungserscheinungen rings um den Golf von Neapel festgestellt worden. Die Umgebung von Pozzuoli hatte sich allein im vergangenen Jahr um mehr als zwei Meter gehoben. Im Norden, rings um die Stadt Pozzuoli, liegen die Phlegräischen Felder. Dort ist die Erdkruste über dem glutflüssigen Magma nur zwei Kilometer dick. Der westlich der Stadt gelegene Monte Nuovo war am 28. September 1538 schlagartig entstanden, als sich die ganze Gegend um fast zehn Meter gehoben hatte. Alle waren sich der Gefahr bewusst gewesen, doch nur wenige hatten die notwendigen Konsequenzen gezogen und waren aus Pozzuoli fortgezogen. Die Vulkanologen hatten nicht voraussagen können, wann und wo der Ausbruch stattfinden würde.
    Jetzt war es soweit.
    Die riesige Wolke, die aus dem Krater strömte, bestand aus Dampf mit einer Temperatur von über achthundert Grad. In den Dampf mischten sich giftige Gase, vor allem Kohlenmonoxyd und Schwefelwasserstoff. Enrico rannte zu seinem Wagen. Seine Hände zitterten, als er die Tür aufsperrte und sich hinter das Lenkrad fallen ließ.
    »Beeilt euch!«, schrie er seiner Familie zu. Seine Frau setzte sich neben ihn, während die Kinder im Fond des Mercedes Platz nahmen.
    Enrico fuhr los. Er sah, wie der Inspektor in seinen klapprigen Alfa Romeo einstieg. Überall hasteten Menschen zu ihren Autos, nur von einem Gedanken getrieben: Flucht!
    »Schließt die Fenster«, sagte Enrico. »Der Vulkan stößt giftige Dämpfe aus.«
    »Wohin fährst du, Papa?«, fragte Giuliano.
    »Ich versuche die Straße nach Neapel zu erreichen.«
    Er trat das Gaspedal durch. Der schwere Wagen raste die steile Straße hinunter, auf Pozzuoli zu. Aus dem Krater drang noch immer Dampf. Enrico bog nach links in eine schmale Straße ein, die rund um den Berg führte.
    »Rasch, Enrico!«, schrie Gina verzweifelt.
    Hundert Meter über der Straße öffnete sich der Berghang. Ein riesiger Schlund tat sich auf. Eine Explosion zerriss die Luft und rüttelte den Wagen durch. Flammen schossen aus der Öffnung hervor, dann folgte ein siedendheißer Schlammsturzbach. Ein Bauer, der mit einem Pferdefuhrwerk unterwegs war, wurde von den Schlammmassen getroffen. Er riss die Arme hoch und fiel den Abgrund hinunter. Die Pferde rasten weiter, kamen von der Straße ab und übersprangen die Leitschiene, wurden zu Boden gerissen und stürzten, sich immer wieder überschlagend, die Böschung hinunter.
    Plötzlich war es dunkel geworden. Die dichten Rauchschwaden hüllten die Sonne ein. Der Berg platzte auf, eine unsichtbare Kraft riss ihn der Länge nach auf. Rotglühende Lava quoll hervor. Enrico stieg auf die Bremse, riss das Steuer nach rechts und bog in einen schmalen, holprigen Feldweg ein. Der rotgelbe Strom des geschmolzenen Gesteins verfolgte ihn. Dampf stieg auf, und die Erde bebte. Ein umgekippter Leiterwagen versperrte Enrico den Weg. Verzweifelt versuchte er auszuweichen, riss das Steuer herum. Der Wagen brach nach links aus, streifte eine Hausecke, stellte sich quer und schlitterte gegen einen halb verfallenen Brunnen. Die glühende Lava hatte den Wagen erreicht und schob ihn zur Seite. Der dünnflüssige Feuerstrom hüllte den Wagen ein. Die Fensterscheiben platzten, und die Lava drang ins Innere des Wagens …

    Lukretia hatte sich vom Erdbeben nicht aufhalten lassen. Mit geschlossenen Augen nahm sie die Beschwörung vor. Die Utensilien, die sie dazu brauchte, hatte sie in der Nische gefunden. Sie malte magische Kreise und Zauberformeln auf den Boden. Ihre Lippen formten Worte in einer fremden Sprache. Der Sinn der Worte war nur wenigen Dämonen bekannt. Die Erde zitterte noch stärker. Immer mehr Steine lösten sich aus der Decke, und die
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