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0460 - Der grausame Wald

0460 - Der grausame Wald

Titel: 0460 - Der grausame Wald
Autoren: Jason Dark
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gefühlt.«
    Edna Seymour ließ sich auf keine Diskussion mehr ein. Sie drehte sich um und verließ die Küche.
    Ihr Mann hörte, wie sie wieder zurück in das Wohnzimmer ging.
    Er ballte die Hände. Seine Frau war nicht mehr zu belehren. Nein, das schaffte er nicht. Sie würde weiterhin ihren eigenen Weg gehen, und er hatte das Nachsehen.
    Er haderte mit dem Schicksal. Der Schweiß brach ihm aus. Im Magen spürte er den Druck. Die Angst war wieder da und ließ sich so leicht nicht verdrängen.
    Vielleicht mit einem Schluck Alkohol. Aber das Bier reichte da nicht aus. Er benötigte schärfere Sachen, deshalb stand er auf, trat an den Küchenschrank und griff zielsicher zu einer noch vollen Flasche Whisky. Die nahm er mit in den Wohnraum, der ihm auch heute wieder so fremd vorkam, weil kein elektrisches Licht brannte und seine Frau drei Kerzen angezündet hatte.
    Sie standen auf einem runden Tisch, vor dem Edna auf einem Sitzkissen hockte.
    Ihr Blick glitt in die Flammen hinein, die sich wiederum in ihren Pupillen spiegelten.
    Normalerweise wäre er jetzt hoch in das Schlafzimmer gegangen und hätte sich vor die Flimmerkiste gesetzt, doch an diesem frühen Abend war alles anders.
    Monatsgedächtnis…
    Drei Monate war es her, daß ihr Sohn nicht mehr zurückgekehrt war. Drei lange Monate, in denen sich das Leben des Ehepaars völlig verändert hatte.
    Er nahm in einem der beiden Sessel Platz. Das Sitzmöbel stand schräg vor seiner hockenden Frau, er konnte ihr ins Gesicht schauen, das im Kerzenlicht ungewöhnlich weich wirkte.
    Ein Glas hatte er mitgenommen. Während der Whisky hineingluckerte, fragte er: »Du denkst wieder an ihn, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Er ist tot. Und die anderen sind es auch, Edna.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe seine Leiche nicht gesehen. Niemand hat die Leichen der Jungen gefunden. Für mich ist er nicht tot, er ist nur verschwunden.«
    »Und wohin?«
    »Irgendwohin.«
    »Das ist keine Antwort, Edna. Mach dir nichts vor, wir werden ihn nicht mehr wiedersehen.«
    »Du vielleicht nicht, aber ich.«
    Gordon Seymour schüttelte den Kopf, setzte das Glas an und nahm einen kräftigen Schluck. Es war kein teurer Whisky. Die scharfe Flüssigkeit brannte in seiner Kehle, als wäre diese aufgerauht worden. Einige Male schüttelte er sich nach dem Schluck, stellte die wieder verkorkte Flasche weg und fragte: »Wie soll es weitergehen, Edna?«
    Bei ihrer Antwort schaute sie in die Kerzenflammen. »Ich werde warten, Gordon.«
    »Und worauf?«
    »Auf ihn. Ich werde auf ihn warten.«
    »Wie lange denn?« Spott klang in dieser Frage durch.
    »Das kann ich dir nicht sagen, doch ich habe das Gefühl, als würde er zurückkehren.«
    »Wenn du meinst.«
    »Sag das nicht so.«
    »Wie denn?«
    Ihre Augen weiteten sich. Vielleicht kam es Gordon auch nur so vor. »Du mußt daran glauben!« flüsterte sie scharf. »Du mußt nur daran glauben, dann kehrt er zurück.«
    »Womöglich noch heute nacht, wie?« Er hatte die Frage spöttisch gestellt, aber die Antwort seiner Frau klang sehr ernst.
    »Damit rechne ich.«
    Gordon wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Da er sich für keinen der beiden Gefühlsausbrüche entscheiden konnte, griff er zur Flasche und schenkte sich wieder ein. Er trank langsam und überlegte sich seine Frage.
    »Wie kannst du nur so etwas behaupten, Edna?«
    »Weil ich es weiß.«
    »Und woher?«
    »Intuition. Ich habe gefühlt, daß er sich bereits auf dem Weg zu seinem Elternhaus befindet. Er befindet sich noch weit weg von uns, aber er wird hier erscheinen. Wir sollten ihm einen netten Empfang bereiten.«
    »Mein Sohn hat sich drei Monate lang versteckt, dich ebenso wie mich fast zu einem Wrack gemacht, und da soll ich noch jubeln und ihm einen großen Empfang bereiten?«
    »Er ist unser Kind.«
    »Schon, nur ist er für mich tot. Sie haben doch das Gebiet durchsucht, in dem sich die Gruppe befunden hat. Was fanden sie? Nichts, keine Spuren, nicht einmal die Zelte, nur diesen komischen Wald, bei dem die Bäume die Blätter verloren hatten. Die Wissenschaftler sind gekommen, haben alles untersucht und stehen nach wie vor vor einem Rätsel. Jedenfalls habe ich nichts Gegenteiliges vernommen.«
    »Diese Wissenschaftler sind Ignoranten!« erklärte Edna mit fester Stimme.
    »Und wieso?«
    »Weil sie nur an das glauben, was sie sehen.«
    Er neigte sich vor. »So ergeht es mir auch, Edna. Wir stehen schließlich mit beiden Beinen im Leben.«
    »Das streite ich nicht ab, Gordon. Auch
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