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0460 - Der grausame Wald

0460 - Der grausame Wald

Titel: 0460 - Der grausame Wald
Autoren: Jason Dark
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des Boy Scouts nicht halten können.
    Er lag jetzt in dem trüben Matsch, der einmal Gras, Laub und Humus gewesen war.
    »Lieber Gott, hilf…« Aus Rays Mund drangen die Worte stockend. Er ging dabei mit schweren Schritten weiter und hörte die Schreie eines anderen Jungen.
    Sie waren in eine furchtbare Lage hineingeraten. In einen Taumel des Schreckens, in einen Horror ohnegleichen, der weder zu beschreiben noch zu erklären war.
    Wenn er weiterlief und dabei gegen die Äste schlug, so konnte er sie abbrechen. Manchmal setzten sie ihm auch Widerstand entgegen, so daß er den Eindruck bekam, sie wären aus Gummi.
    Irgendwann fiel er hin. Eine kleine Mulde war ihm zum Verhängnis geworden.
    Als er den Hang hinabrollte und dabei das faulige, zusammenklebende Laub durch den Druck seines Körpers mit in die kleine Mulde hineinrutschte, wußte er, daß er es nicht mehr schaffen konnte. Er hatte seinen Mund geöffnet. Zum erstenmal drang das Zeug über seine Lippen. Es füllte den Mund, er spürte das Brennen, den Schleim auf der Zunge, der ihm wie krabbelndes Gewürm vorkam.
    Auf der Seite blieb er liegen. Ray hörte die schrecklichen Schreie seiner Schützlinge. Er konnte ihnen nicht helfen, denn die Blätter rieselten weiter zu Boden. Sie suchten sich die Menschen aus und die Tiere, die nicht geflohen waren.
    Ein tödlicher Herbst hatte Einzug gehalten.
    Die durch den Wald gellenden Schreie hallten nicht mehr so laut durch die kahle Welt. Innerhalb der nächsten Minuten wurden sie leiser und leiser. Vielleicht ein letztes, ersticktes Röcheln, ein Stöhnen, ein schweres Seufzen, dann wurde es still.
    Nicht einmal Blätter rieselten mehr.
    Die Stille des Todes hielt das Gelände umfangen.
    ***
    Stunden später!
    Ob tot oder nicht, das spielte keine Rolle mehr, der Tag ließ sich nicht aufhalten. Die Sonne zog ihre Bahn, sie sank am Abend, sie ging am Morgen auf.
    Auch über Wales.
    Für eine Weile schien es so, als würde sie sich schämen, hinter der grauschwarzen Dunkelheit emporzukriechen. Sie blieb noch versteckt, dann schob sie die graue Wand zur Seite, und erste, schüchtern wirkende Strahlen zeigten sich. Sie malten ein Muster, das weit gefächert den Himmel bedeckte.
    Vom tiefen Rot bis hin zum hellen Gelb war die Farbenpracht vertreten. Die blendenden Finger fielen über die Wälder, Täler, Hügel und Felder hinweg. Sie ließen das wogende Kleid der Bäume goldfarben schimmern.
    Ein wunderschönes Bild, ein friedliches Bild, das Malern immer wieder als Motiv gedient hatte.
    Aber der Friede war nicht überall.
    Innerhalb des Grüns einer intakten Landschaft existierte eine furchtbare Welt, eine Insel, wie sie oft genug von Autoren, die Angst vor dem hatten, was kommen konnte, beschworen worden war.
    Ein toter Wald…
    Ein Gebiet des Schreckens, des Horrors, der absoluten Leblosigkeit, der ewigen Stille, die nichts Positives an sich hatte. Eine grauenvolle Öde, kein Blatt, keine Knospe. Dafür umgestürzte Bäume oder Äste, die wie braune, tote Arme aussahen, zur Seite hin abstanden mit blattlosen Fingern, die manchmal wie Greifer wirkten.
    Ein Gebiet des Todes…
    Es hätte in die Kulisse eines Films gepaßt, der den Umwelt-Horror den Menschen drastisch vor Augen halten wollte. Aber dieses Gebilde, auch an die Schreckensbeschreibungen eines Edgar Alan Poe erinnernd, war Realität und befand sich mitten in Wales.
    Der braune Boden schien aufgewühlt worden zu sein. An einigen Stellen dampfte er noch, und auch die morgendlichen Nebelschwaden fanden ihren Weg durch das dürre Gestrüpp und vorbei an den modrig wirkenden Baumstämmen.
    Hinter dem Wald und an die Kulissenwand eines Theaters erinnernd, strahlte allmählich etwas auf.
    Es war der schon heiße Ball der Sommersonne, die sich aus den Tiefen einer anderen Welt oder Zeit allmählich hervorschob und auch vor dem zerstörten Waldstück nicht haltmachte.
    Sie schickte ihre Strahlen in den grauen Nebel hinein, so daß er sich zu einer fast strahlenden Wand aufhellte.
    Er kam sommertags gegen die Kraft der Sonne nicht an.
    Waren die kahlen, braunen und blattlosen Bäume noch vor kurzer Zeit gnädig unter dem Schleier verborgen geblieben, so stachen sie nun stärker hervor.
    Allmählich klärten sie ihre Konturen. An manchen Stellen sahen sie aus wie große Scherenschnitte.
    Die Strahlen der Morgensonne enthüllten diese zerstörte Welt in all ihrer Grausamkeit und all ihrem Schrecken. Sie zeichnete ein konturenscharfes und exaktes Bild, wie gestochen wirkend
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