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0448 - Der Nebel-Henker

0448 - Der Nebel-Henker

Titel: 0448 - Der Nebel-Henker
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einsetzen können. Lieber wären ihm Ermittler in Zivil gewesen, aber die Kriminalpolizei von Bordeaux war personell chronisch unterbesetzt, und Rainier konnte einfach niemanden abordnen, der sich in dem kleinen Dorf und seiner Umgebung diese und ein paar der nächsten Nächte um die Ohren schlug.
    Natürlich war es Rainier klar, daß die Präsenz der Uniformierten und der Streifenwagen den Mörder abschrecken mußte. An eine Überrumpelung und Festnahme war nicht zu denken. Wenn er nicht gerade ausgesprochen strohdumm oder überaus leichtsinnig war, würde er sich nicht aus seinem Versteck wagen, solange er Gefahr lief, daß die Beamten ihn erwischten. Dadurch wurden allerdings auch weitere Morde zwangsläufig verhindert.
    Die Polizeibeamten hingegen fragten sich ernsthaft, was sie hier eigentlich sollten. Nach dem zweiten Mord wagte sich mit Einsetzen der Dämmerung keine Frau mehr ohne Begleitung auf die Straße.
    Nebel legte sich über Lencouacq und schränkte die Sicht ein. Dieser Nebel war für die Gegend und die Jahreszeit typisch und trat häufiger auf als anderswo, weil ringsum ausgedehnte Feuchtgebiete und Sümpfe lagen. Die kalte Witterung ließ die daraus aufsteigende Feuchtigkeit zu Nebel kondensieren.
    Einer der drei Wagen hatte in einer Seitenstraße Position bezogen, und die beiden Beamten wechselten sich ab, nach draußen zu gehen und sich im Schutz des Nebels in der Nähe der beiden bisherigen Tatorte herumzutreiben. Die beiden anderen Fahrzeuge fuhren die Umgebung ab und bemühten sich, Auffälliges zu bemerken. Aber wo nichts Auffälliges war, konnte auch nichts bemerkt werden.
    Nichts geschah. In den Morgenstunden meldeten sich sechs müde und lustlose Polizisten zurück.
    »Glauben Sie, daß das Zweck hat?« fragte Pierre Lanart. »In dieser Nacht ist nichts passiert, und in den nächsten Nächten wird auch nichts passieren. Der Kerl schlägt erst dann wieder zu, wenn die Luft rein ist. Wir können die Kollegen wochenlang in diesem Kaff einsetzen, und nichts wird geschehen -aber sobald sich jeder wieder sicher fühlt, geht’s rund.«
    Rainier grinste böse. »Wenigstens kann mir der Alte nicht vorwerfen, ich hätte nichts zum Schutz der Bevölkerung getan, und diesen verdammten Reporter holt der Teufel, wenn er in seinem Schmierblatt was anderes lügt. Daß die Aktion keine Aussicht auf Erfolg hatte, war mir klar. Deshalb werden wir es in der kommenden Nacht anders machen.«
    »Und wie, Chef?« wollte Lanart wissen.
    »Sie werden sich ab Mittag frei nehmen«, ordnete Rainier an.
    »Und was soll das bringen? Wir… Chef, warum starren Sie mich eigentlich so an? Sie wollen doch nicht etwa… mich…?«
    »Sie«, bestätigte Rainier. »Sie quartierten sich in der kommenden Nacht in Lencouaqc ein. Heute nachmittag schlafen Sie auf Vorrat. Dann sind Sie in der Nacht wach. Wenn mein Verdacht stimmt, wird der Mörder wieder zuzuschlagen versuchen. Es ist wieder mal die zweite Nacht… ich glaube, er hat da einen Rhythmus.«
    »Das glauben Sie doch nicht im Ernst, Chef«, sagte Lanart bestürzt. »Sie können mich doch nicht dieses Verdachtes wegen in dieses mückenverseuchte Sumpfgebiet schicken…«
    »Um diese Jahreszeit gibt es keine Mücken. Also machen Sie sich auf den Weg, Pierre. Und wenn’s geht, bringen Sie mir morgen früh den Mörder mit.«
    Lanart tippte sich an die Stirn.
    »Die spinnen, die Gallier«, murmelte er. »Vor allem, wenn sie Kriminalinspektor sind…« Aber er schlurfte davon, um die Anweisung seines Vorgesetzten auszuführen.
    ***
    Nach dem späten Frühstück, in den Mittagsstunden, erinnerte sich Professor Zamorra wieder an den Zeitungsartikel. Er suchte nach der Zeitung, konnte sie aber nirgendwo finden. Er vermutete, daß Pascal Lafitte sie irrtümlich wieder mitgenommen hatte, nachdem er mit seiner Frau eine Stunde nach Mitternacht gegangen war - sie konnten ihr Kind nicht die ganze Nacht über allein lassen.
    Zamorra betrachtete das wilde Durcheinander, das nach dem Ende der Fete in den frühen Morgenstunden zurückgeblieben war, und er war heilfroh, daß er selbst sich nicht um die Aufräumarbeiten kümmern mußte. Raffael Bois, der treue alte Diener, würde es einfach nicht zulassen, daß sein Chef sich die Hände daran schmutzig machte. Raffael war ein Arbeitstier. Er hätte schon seit einem Jahrzehnt oder länger pensioniert sein können, aber er weigerte sich strikt und behauptete, er würde sterben, wenn er nichts mehr zu tun hätte. Und da er immer noch agil und
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