Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0448 - Der Nebel-Henker

0448 - Der Nebel-Henker

Titel: 0448 - Der Nebel-Henker
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
übernehmen? Oder dafür, daß verängstigte Bürger zur Selbstjustiz greifen und jeden Verdächtigen lynchen, um weitere Morde zu verhindern? Ich rate Ihnen, über Fakten zu berichten und Ihre haltlosen Spekulationen allenfalls zu einem Drehbuch für einen schlechten Kriminalfilm zu verarbeiten. Andernfalls hole ich Sie vor Gericht!«
    Der Redakteur grinste.
    »Gott sei Dank dürfen es sich in unserer Republik auch Polizeiinspektoren nicht erlauben, Vertretern der freien Presse zu drohen und sie einzuschüchtern!«
    »Ich drohe nicht und schüchtere nicht ein, sondern teile nur mit. Ich kann Sie auch wegen Behinderung der polizeilichen Ermittlungen drankriegen, wenn Sie mit Ihren Schmutzartikeln den Mörder verschrecken. Oder ihn umgekehrt vielleicht sogar zu weiteren Morden ermuntern, weil die Polizei ja angeblich unfähig sein soll, ihn zu finden. Denken Sie drüber nach, mon ami, statt von Pressefreiheit zu faseln. Freiheit bedeutet nämlich auch Verantwortung!«
    Die Tür flog krachend hinter ihm zu. Erleichtert fühlte er sich danach trotzdem nicht, weil dieses Geplänkel ihn in seinen Ermittlungen keinen Schritt weiter brachte. Sein Vorgesetzter fragte dann auch noch katzenfreundlich bei ihm an, ob er ein Konzept habe, um weitere Morde zu verhindern.
    Rainiers Stimmung war auf dem absoluten Nullpunkt angelangt, und mit der klirrenden Kälte in seiner Stimme hätte man jedes Metall supraleitfähig machen können, als er nach dem Anpfiff seinem Assistenten zuknurrte: »Der nächste, der mir verquer kommt, den schmeiße ich bei Mont-de-Marsan in die Sümpfe!«
    Lanart starrte ihn verbiestert an. Wutausbrüche dieser Art waren bei dem eigentlich recht ausgeglichenen Inspektor selten. Aber vielleicht machte ihn die Art der Morde so zornig.
    Aber jemanden in die Sümpfe zu werfen, konnte sich Lanart trotzdem nicht vorstellen. Dennoch ließ ihn Rainiers Zornesausbruch nicht mehr los.
    Irgend etwas hatte da gezündet. Aber was das war, konnte Lanart nicht sagen.
    Die Mädchenmorde und Sümpfe, in die jemand geworfen wurde - das paßte doch vorn und hinten nicht zusammen. Deshalb schob Lanart diesen Gedanken bald wieder von sich, um sich mit Wichtigerem zu befassen.
    ***
    Im Château Montagne an der Loire herrschte eine Mordsstimmung - im positiven Sinne. Professor Zamorra feierte mit seinen Freunden das Wiederauftauchen der Totgeglaubten. Nachdem er eher zufällig Robert Ten-dyke, die Peters-Zwillinge und das Telepathenkind Julian aufgespürt hatte, die angeblich durch eine magische Bombe des Höllenfürsten vor Monaten umgekommen waren, hatte er zu diesem Freudenfest eingeladen, und wer eben Zeit fand, war auch gekommen.
    In den hübsch dekorierten Räumen ging es hoch her. Nur wer es partout etwas ruhiger haben oder für eine Weile allein sein wollte, zog sich ins Gästezimmer zurück.
    Juliàn Peters und die Druidin Teri Rheken wollten für eine Weile allein sein, und in Julians Suite war es ruhig genug für sie beide. Vom Tonband kam leise Musik zum Träumen, neben dem Bett standen die Weinflasche und die Gläser, und auf der Fensterbank flackerten ein paar Kerzen, deren weiches Licht Teris hüftlanges goldenes Haar aufleuchten ließ.
    Die Druidin löste sich aus Julians Umarmung und setzte sich auf. Sie griff nach dem Weinglas und nahm einen Schluck. Nachdenklich betrachtete sie Julian. Die Vorstellung fiel ihr schwer, daß er vor einem Jahr noch gar nicht existiert hatte. Er besaß den ausgereiften Körper eines Achtzehnjährigen, und in seiner geistigen Entwicklung war er noch viel weiter vorangeschritten. Was er einmal sah oder hörte, vergaß er niemals wieder. Innerhalb kürzester Zeit hatte er mehr gelernt als mancher andre Mensch in seinem ganzen Leben. Und er war in der Lage, all das Gelernte auch zu verarbeiten.
    Im Moment verarbeitete er nicht; er genoß. Und Teri fand, daß er auch in diesem Punkt nicht mehr sonderlich viel zu lernen hatte.
    »Woran denkst du?« fragte er, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
    »Ich bin nicht die erste Frau, mit der du schläfst, nicht wahr?«
    In seinen Augen blitzte es nur einmal ganz kurz auf. »Wie kommst du darauf?« wollte er wissen.
    Teri lachte leise. »So etwas spürt man einfach. War sie besser als ich?«
    Julian richtete sich jetzt ebenfalls auf. Er lehnte sich an Teris Oberkörper und nahm ihr das Weinglas aus der Hand, um ebenfalls daran zu nippen. »Weiß nicht«, sagte er. »Sie war -anders. Ob besser oder schlechter, kann ich noch nicht beurteilen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher