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0446 - Höllenfrost

0446 - Höllenfrost

Titel: 0446 - Höllenfrost
Autoren: Werner Kurt Giesa
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förmlich. Er las, er sah Filme, er befaßte sich mit einem Computer, weil der ihm das nötige Wissen über seine Programme schneller beibringen konnte als jedes Lehrbuch der Welt. Was Julian jemals wahrnahm, vergaß er nie wieder. Sein Gedächtnis war perfekt. Er beherrschte bereits mehrere Sprachen, er verstand es, zu philosophieren - und er hatte nebenbei auch das Spielen nicht vergessen. Er kam mit wenig Schlaf aus, war ständig aktiv.
    Das einzige, was ihm fehlte, war Lebenserfahrung. Wenn es allein um Wissen ging und um die Fertigkeit, dieses Wissen in der Praxis anzuwenden konnte man ihn ruhigen Gewissens als ein Genie bezeichnen, wie es die Welt nur einmal im Jahrhundert hervorbrachte - wenn überhaupt so oft. Julian war vergleichbar mit einem Champouillon oder Leonardo daVinci oder Albert Einstein - und die schnitten gegen ihn schlecht ab.
    Seit kurzem ging er eigene Wege.
    Manchmal war er spurlos verschwunden und tauchte dann wieder auf. Wohin er ging, verriet er nicht. Aber als er diesmal zurückkehrte, in dieser Nacht, hatte er seinen Vater gewarnt. Etwas mußte nicht so verlau fen sein, wie er es sich erträumt hatte. Gefahr drohte. Trotz aller Vorsicht, der er sich bei seinen heimlichen Exkursionen rühmte, mußte jemand auf ihn aufmerksam geworden sein. Er war nicht sicher, ob Julian als der erkannt worden war, welcher er war auch aus seiner Erzählung ging das nicht hervor. Aber von diesem Moment an rechnete Robert Tendyke mit allem.
    Das bedeutete: sie mußten das Versteck aufgeben.
    Dabei hätten sie nur noch einige Wochen hier zubringen müssen. Danach wäre Julian soweit gewesen, daß er sich selbst gegen jede dämonische Aggression hätte schützen können Das zumindest war Rob Tendykes Ansicht, der fühlte, wie Julian von Tag zu Tag mehr an Format und Ausstrahlung gewann. Er war dabei, erwachsen zu werden - auf allen Gebieten.
    Doch jetzt war es besser, noch einmal ein Notquartier zu beziehen. Sicher war sicher, und Tendyke wollte nicht, daß Julians Entwicklung in der letzten Phase noch von äußeren Einflüssen beeinträchtigt wurde.
    Schon damals, als die ungewöhnlich lange Schwangerschaft von Uschi Peters bestand, hatte Tendyke sich nach mehreren Verstecken umgesehen und es gab nun ein Ausweichquartier. Aber es war nicht so gut wie die Blockhütte im Dschungel, die sie bisher bewohnt hatten.
    Unwillkürlich ballte er die Fäuste.
    Nur noch ein paar Wochen… verdammt, hatte das sein müssen? Ein paar Wochen Ruhe noch, dann hätten sie ohnehin in die Zivilisation zurückkehren können. Dann wäre Julians Reifeprozeß abgeschlossen gewesen. Noch war er gefährdet, beeinflußbar. Schutzlos…
    Aber es ließ sich nichts ungeschehen machen. Und sie würden die restliche Zeit auch im zweiten Fluchtversteck noch überstehen.
    Tendyke konnte Uschi und Monica verstehen. Sie sehnten sich zurück nach der Zivilisation. Ein Leben in der Wildnis für ein paar Wochen als Urlaub war ganz schön, aber für längere Zeit…? Außerdem fehlte Unterhaltung. Das Gespräch mit Freunden. Kultur. Nichts davon gab es in der Einsamkeit. Das war auch etwas, das negativ auf Julian einwirken mußte. Er war längst in ein Alter gekommen, in dem er sich für das andere Geschlecht zu interessieren beginnen mußte. Doch außer Mutter und Tante gab es hier keine weiblichen Lebewesen.
    Aber Tendyke würde jederzeit wieder so handeln wie damals und den Jungen isolieren. Die Sicherheit ging vor.
    Alles andere war weniger wichtig. Er würde zeitlebens noch genug Mädchen kennenlernen.
    Vielleicht würde er, der allein von seiner körperlichen und geistigen Entwicklung her ein Außenseiter war, ein absoluter Überflieger, nicht einmal ein Mädchen finden, mit dem er leben konnte.
    Denn bedingt durch das Erbe seiner Ahnenreihe - war er nur zum Teil das, was man menschlich nennen konnte.
    Er würde eher in Avalon daheim sein können als auf der Erde…
    ***
    Phil Briggs dachte an sein bevorstehendes Ende.
    Körperlich war der alte Trapper noch lange nicht vom Tode gezeichnet. Mit seinen siebzig Jahren war er noch kerngesund. Aber der vierzig Jahre währende Pakt mit dem Teufel lief ab.
    Briggs hatte eine ganze Flasche Whisky geordert. In Quinhagak, einem kleinen Küstendorf an der Kuskokwim Bay in Alaska, rastete er für ein paar Tage und leistete sich diesen Luxus. Er hatte Felle verkauft und er hatte ein paar kleine Nuggets in Dollars getauscht. Er war sicher, daß er betrogen worden war, aber darauf kam es ihm nicht mehr
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