Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0445 - Die Macht des Träumers

0445 - Die Macht des Träumers

Titel: 0445 - Die Macht des Träumers
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
er doch noch etwas tun…
    ***
    Zamorra zuckte zusammen. Von einem Moment zum anderen befand er sich nicht mehr in seinem Arbeitszimmer im Château Montagne. Dabei hatte er keinen Schritt vorwärts getan. Er saß jetzt nicht mehr in seinem Sessel, sondern auf einem Steinblock. Als er sich umsah, konnte er gerade noch ein Aufstöhnen unterdrücken, und noch schneller, als er denken konnte, hielt er sich erst einmal fest.
    Der Steinblock, auf dem er saß, befand sich in schwindelerregender Höhe. Er gehörte als Mauerzinne zur Befestigungsanlage der Burg, die Zamorra in seinem Traum gesehen hatte. Unmittelbar rechts neben ihm ging es steil abwärts. Er mußte feststellen, daß er die Größe der Festung weit unterschätzt hatte. Bis zum Graben ging es wenigstens hundert Meter tief hinab. Genug, sich auf jeden Fall den Hals zu brechen.
    Links war ein Wehrgang, auf dem sich kein Mensch blicken ließ. Zamorra glitt vorsichtig von seinem Block herunter und war froh, als er Boden unter den Füßen hatte, der nicht unmittelbar neben ihm endete und in eine irrwitzige Tiefe führte.
    Wo war Merlins Stern?
    Das Amulett schwebte frei in der Luft. Jetzt glitt es langsam auf Zamorra zu. Er griff danach und befestigte es an der silbernen Kette um seinen Hals. Das Metall fühlte sich kühl vor seiner Brust an.
    »Ganz schön verrückt«, murmelte er. »Wie hast du uns in diese Welt transportiert? Hättest du nicht eine einfachere Erklärung finden können?«
    Du wolltest es so, Herr. Ich habe die Welt um dich herum erweitert. Du könntest es niemals verstehen.
    Zamorra starrte den Steinquader an, auf dem er materialisiert war - oder hatte der sich unter ihm gebildet? »Und wo ist der Weg zurück? Auf demselben Weg?«
    Das entzieht sich meinen Möglichkeiten.
    »He«, protestierte Zamorra. »Was soll das bedeuten?«
    »Ich habe keinen Einfluß auf eine eventuelle Rückkehrmöglichkeit.«
    Er ballte die Fäuste. Das war nicht gerade das, was er erwartet hatte. Es war verdammt schwer gewesen, das Amulett zu überreden, zu kooperieren, und jetzt sollte es ebenso schwer sein oder noch schwerer, zurückzukehren? Gut, er wollte sich zunächst umsehen und herausfinden, was hier gespielt wurde. Immerhin war seine Unruhe plötzlich verschwunden. Das bedeutete, daß sie auf irgendeine Weise mit dieser Welt, dieser Umgebung, zu tun gehabt hatte. Aber wenn er hier fertig war, wollte er zurückkehren können ins Château und zu Nicole, die ahnungslos war! Wenn sie erwachte, und er war noch nicht wieder heimgekehrt, würde sie nach ihm suchen und sich um ihn sorgen, vielleicht selbst eine noch größere Verrücktheit begehen, um einen Weg zu ihm zu finden.
    »Du hättest mich vorher darauf aufmerksam machen können«, knurrte er.
    Ich habe dich gewarnt. Ich habe dir gesagt, du würdest es bedauern, Herr.
    »Na schön. Und was ist das jetzt hier für eine Festung?«
    Du wirst es selbst herausfinden müssen. Ich…
    Jäh riß die Verbindung ab. Das Amulett glühte einmal sekundenlang auf, und etwas wie ein Nadelstich traf Zamorra. Dann war es vorbei.
    Merlins Stern hatte sich abgeschaltet.
    Und Zamorra war auf sich selbst angewiesen!
    Er murmelte eine nicht jugendfreie Verwünschung. Etwas Unvorhergesehenes mußte passiert sein, sonst hätte das Amulett nicht so schnell reagiert. Und nun stand er hier auf dem Wehrgang einer gigantischen Festung wie bestellt und nicht abgeholt.
    »Was nun, Herr Professor?« murmelte er sarkastisch. Er trat an die Innenmauer des Wehrgangs, die mit etwa einem Meter deutlich schmaler war als die Außenwandung.
    Und da sah er jemanden, den er nur zu gut kannte…
    ***
    Der Fürst kannte die Wirkung der Peitsche nur zu gut. Deshalb hatte er gehofft, daß die blonde Frau nach dem ersten, von seinem Beauftragten nur sehr leicht und fast streichelnd geführten Hieb aufgeben würde. Der Mann war ein wahrer Künstler mit dieser gefährlichen Waffe. Er konnte damit junge Baumstämme durchschneiden, aber auch eine Fliege lediglich betäuben, wobei er sie mit der flachen Seite der metallischen Schnur berührte.
    Doch Shirona zuckte nicht einmal zusammen. Sie lächelte nur.
    Der Fürst nickte dem Peitschenmann zu, der erneut zuschlug. Wieder reagierte Shirona nicht. Lediglich ihr rotes Kleidungsstück hatte einen langen Riß erhalten. Bei den nächsten Berührungen mit der Peitsche kamen weitere Risse hinzu, bis die Fetzen auf dem Boden um Shirona herum lagen.
    Der Fürst starrte sie an wie ein Gespenst.
    Sie lächelte spöttisch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher