Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
044 - Der Todesschwarm

044 - Der Todesschwarm

Titel: 044 - Der Todesschwarm
Autoren: Garry Patrick
Vom Netzwerk:
nach einem Kollegen, der ihn in dem eintönigen Dienst abgelöst hätte, aber er sah ein, dass es hier für zwei nicht genug zu tun gab. In dem kleinen Städtchen in der Grafschaft Wexford passierte fast nie etwas. Ein leichter Verkehrsunfall, ein harmloser Diebstahl in einem Shop, ein Betrunkener, der eine Fensterscheibe eingeschlagen hatte – die einzigen Delikte in Bunslare seit Jahren. Wozu dafür noch einen Beamten anfordern, der anderswo sicherlich nötiger gebraucht wurde und außerdem das Stadtsäckel zusätzliches Geld gekostet hätte?
    Sergeant Priston legte seinen Bericht für Inspektor Walcott in eine Mappe und erhob sich ächzend.
    Vorhin bei dem Telefongespräch mit seinem Vorgesetzten in Wexford hatte er Mister Marvins Beobachtung verschwiegen. Doch hinterher hatten ihn arge Gewissensbisse geplagt und schließlich dazu veranlasst, die Gestalt in dem weiten Umhang und den uralten Rolls Royce doch in seinem Bericht zu erwähnen.
    „Blamiere ich mich halt vor dem Chef – aber ich habe wenigstens meine Pflicht getan“, murmelte er resigniert.
    Sein Blick fiel auf die Hochglanzbilder der toten Gloria Barneby, die Patricia Colder vor einer guten Stunde in seinem Beisein entwickelt hatte.
    „Scheußlich“, sagte er angewidert und drehte die Fotografien rasch um.
    Während er zum Fenster ging, zog er sein verschwitztes Uniformhemd aus. Er riss die Fensterflügel weit auf, atmete ein paarmal tief durch und begann mit seinen täglichen Freiübungen.
    Er tat dies immer, wenn er sich abgespannt oder nervös fühlte, oder – was selten genug vorkam – wenn er etwas erleben musste, das ihm so gar nicht behagte. Auf diese Weise schaffte er sich Luft und beruhigte seine Nerven. Der Anblick der grässlich zugerichteten Gloria hatte ihn sehr mitgenommen.
    Nicht minder schrecklich fand er, dass sie ausgerechnet in seinem Amtsbereich gefunden worden war. Er konnte sich lebhaft ausmalen, was auf das verschlafene Städtchen zukam, sobald erst die ganze Wahrheit in den Zeitungen erschien: Wie ein Lauffeuer würde sie sich verbreiten, Reporter wären Dauergäste in seinem Polizeirevier und würden die verrücktesten Schauergeschichten vom Stapel lassen.
    Dr. Hillary hatte vollkommen recht: Man durfte die Bevölkerung nicht in Angst und Schrecken versetzen. Und gerade das hätte dieser Ronald Marvin getan, wenn ihm die Erlaubnis zur Veröffentlichung seines geplanten Artikels erteilt worden wäre.
    „Und doch – irgendwie klingt die Theorie des Times-Reporters überzeugend“, sagte er, während er die Brustmuskeln auf seinem kaum behaarten Oberkörper spielen ließ. „Ich selbst hielt die roten Punkte ja auch zuerst für Einstiche von irgendwelchen Insekten. Aber der Doktor liegt mit seiner Diagnose sicherlich richtig. Schließlich ist er der Fachmann.“
    Wieder fiel sein Blick auf die umgedrehten Bilder. „Furchtbar, wie sie aussah“, stöhnte er, während er mit vorgestreckten Armen Kniebeugen machte. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Eine schreckliche Krankheit. Nein, diesen entsetzlichen Anblick kann man der Bevölkerung wirklich nicht zumuten. Inspektor Walcott fand meine Maßnahme ebenfalls ausgezeichnet. Ein Lob will bei diesem ewig mürrischen Starrkopf schon was heißen. Noch dazu ein Lob für mich, Sergeant Priston, an dem er sonst nur rum zu meckern hat. Die Nachricht von Glorias Tod wird die Einwohner von Bunslare ziemlich schockieren. So eine Berühmtheit konnte das verschlafene Provinznest seit seinem Bestehen nicht vorweisen. Aber sie werden es überleben.“
    Wieder tauchte Glorias Totenschädel vor seinem geistigen Auge auf.
    Er hielt eine Weile mit den Übungen inne und sah nachdenklich in die Nacht hinaus. Doch dann schüttelte er energisch den Kopf.
    „Verdammt noch mal – ich darf nicht mehr daran denken, sonst kriege ich die ganze Nacht kein Auge mehr zu.“ Er klatschte gegen seinen schwammigen Bauch, nahm die gestreifte Schlafanzugjacke von der Stuhllehne und schlurfte ins Bad.
    „Elf durch – ziemlich spät für ein Bad“, sagte er nach einem Blick auf die alte Zimmeruhr. „Aber es wird mich müde machen – herrlich müde.“
    Er beugte sich über die Wanne, drehte den Wasserhahn auf und zog danach seine Hose aus.
    Im gleichmäßigen Rauschen hörte er nicht das Summen, das lauter und lauter wurde.
    „Es zieht hier erbärmlich – ich werde das Fenster schließen, sonst hole ich mir noch einen Schnupfen.“
    Splitternackt ging er ins Zimmer.
    Die bunten Gardinen bauschten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher