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0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter

0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter

Titel: 0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter
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Blamage.«
    Jetzt verstand ich bald nichts mehr. Diese Lady bezeichnete Ben als Jack. Vielleicht hielt sie Jack für einen trefflichen Kosenamen. Während sich Wilston von dem Girl umarmen lassen mußte, drehte er sich langsam um, damit der Blick der Lady, wenn sie den Promoter losließ, nicht auf den Massagetisch fiel, auf dem noch immer die Bahre stand. Schließlich mußten wir mit dem Abtransport warten, bis die Mordkommission mit der Arbeit fertig war.
    Paul Flobert, der Leiter der Mordkommission, drängte sich an der Lady vorbei und ging hinaus.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Wilston leise. Die Frau trat zurück und starrte ihn mit ihren weit aufgerissenen Augen an.
    »Sie sollten Jack gehörig ins Gewissen reden«, sagte sie, »ich allein schaffe es nicht. Wie konnte er uns nur diesen Kummer machen?«
    »Setzen Sie sich, Alice«, sagte der Promoter mit unsicherer Stimme.
    »Was soll das bedeuten? Wo ist Jack, wo ist mein Jack?« kreischte sie los und versuchte, Wilston zur Seite zu stoßen. »Was habt ihr mit meinem Jack gemacht?« schrie sie hysterisch und trippelte an Wilston vorbei.
    Für Sekunden sah sie mich an, ehe ihr Blick auf die Bahre fiel.
    »Jack«, murmelte sie und stürzte vor. Der Doc trat ihr in den Weg.
    »Nicht berühren«, sagte er nur.
    »Jack, was ist mit Jack?« fragte sie leise.
    »Er ist tot«, sagte der Arzt, »er wurde im Ring ermordet.«
    Eine Sekunde lang stand Alice wie eine Marmorstatue, dann ließ sie ihre ungewöhnlich große Handtasche auf die Erde fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Nein, das ist nicht wahr!« schrie sie auf.
    »Sie müssen die Nerven behalten«, sprach der Doc mit seiner gleichgültigen Stimme weiter, »jede Hilfe kam zu spät.«
    Alice starrte in das Gesicht mit den wasserhellen Augen, als suchte sie dort, fine Erklärung. Dann schüttelte sie den Kopf und murmelte:
    »Sagen Sie mir, daß es nicht wahr ist. Sagen Sie mir bitte, daß Jack lebt.«
    »Nein, ich muß Ihnen die Wahrheit sagen, ich…« Weiter brauchte der Doc nicht zu sprechen. Denn sie hätte es ohnehin nicht mehr gehört. Alice wankte und kippte um. Ich sprang hin und fing sie im letzten Augenblick auf. Ihr Hut rollte über den Boden bis unter den Massagetisch.
    Während ich Alice unter den Armen hielt, blickte ich in ihr Gesicht. An den Ohren und unter dem Kinn waren einige hauchdünne Narben zu sehen. Das waren Überbleibsel von Schönheitsoperationen. Das Gesicht war faltenlos und seltsam glatt.
    Alice hielt die Augen geschlossen. Die angeklebten schwarzen Wimpern waren so lang, daß sie fast bis zu den Wangenknochen reichten. Unter dem Violett des Lippenstiftes sah ich tiefeingekerbte Lippen.
    In dem Augenblick tickte es bei mir. Auch Alice gehörte zu meinem Bekanntenkreis, aber auch bei ihr klappte irgendein Register meines Gehirns nicht.
    »Lassen Sie die Dame vorsichtig zu Boden gleiten«, hörte ich die Stimme des Ringarztes über mir, »sie wird gleich wieder zur Besinnung kommen.« Jemand legte einen Kopf keil vom Massagetisch auf den Fußboden. Langsam ließ ich sie zu Boden sinken. Der Arzt hatte plötzlich einen Medikamentenkoffer in der Hand, öffnete ihn und nahm eine Spritze heraus. Anschließend köpfte er eine Ampulle, stach die Nadel hinein und saugte den Kolben bis zur Hälfte mit einer glasklaren Flüssigkeit voll.
    »Ich werde ihr eine Beruhigungsspritze geben«, sagte der Doc, »in ein paar Minuten wird sie wieder aufstehen können.«
    Der Doc hatte recht. Zwei Minuten später schlug Alice die Augen auf und sah sich erstaunt um.
    »Sie mußten sich wohl einen Augenblick ausruhen«, sagte der Ringarzt, »wenn Sie sich jetzt kräftig genug fühlen, können Sie wieder aufstehen.«
    Die Frau blieb noch einen Augenblick reglos liegen, dann schaute sie mich an und bat:
    »Helfen Sie mir bitte hoch.« Ich faßte sie an den Händen und half ihr auf die Beine.
    Ich schob ihr einen Stuhl hin, aber sie blieb stehen.
    »Es ist besser, wenn Sie ietzt die Kabine verlassen«, sagte der Doc. Seine Stimme klang alles andere als höflich. Entweder kannte er Alice sehr gut, oder der Doc wußte, wie man Frauen in solchen Situationen behandelt.
    Jedenfalls nickte Alice und langte nach ihrer Handtasche, die immer noch auf dem Boden stand. Die Tasche war groß genug, eine komplette Campingausrüstung aufzunehmen. Sie bestand aus weißlackiertem Kunststroh und besaß einen teuren Verschluß aus Gold.
    Alice ließ sich vom Doc hinausführen.
    Wilston ging zur Tür, schloß sie und
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