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043 - Das Beinhaus der Medusa

043 - Das Beinhaus der Medusa

Titel: 043 - Das Beinhaus der Medusa
Autoren: Larry Brent
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Fahrzeug.
    Ständig schlugen sie gegen einen schlaffen menschlichen Körper, in dessen
Brust ein Dolch steckte und dessen Griff mit den Initialen »G.M.« versehen war.
    Die ausgeblutete Leiche war im Verlauf der letzten Stunden immer mehr von
dem Felsblock gerutscht, auf den sie ursprünglich gefallen war. Die
Brandungswellen sorgten dafür, daß der leblose Körper immer weiter auf die
Seite rutschte, schließlich vollends über den Felsen glitt und vom Sog in die
von der Brandung geschlagene Bresche gerissen wurde. Die aufgeschwemmte,
grünlich-weiße Leiche wurde förmlich unter das schwarze, ausgehöhlte
Felsgestein gedrückt. Aber der tote Gunnar Mjörk verschwand nicht ganz.
Zwischen den schwarzen, spitzen Felsen ragte seine wächserne Hand empor wie ein
Symbol der Anklage. Die Finger waren zur Faust verkrampft.
    Von der Aufschlagstelle des Autowracks lag Gunnar Mjörks Leiche nur gut
fünfzig Meter entfernt.
     
    ●
     
    Als sie zu sich kam, brauste und hämmerte das Blut in ihren Schläfen.
    Stöhnend richtete Elin Holtsen sich auf. Sie kam mühsam auf die Beine. Ihr
Körper schmerzte. Die Schulter tat ihr weh, daß Elin Holtsen sich kaum zu
bewegen wagte.
    Wie durch ein Wunder war sie mit dem Leben davongekommen. Mit unruhigen, weitaufgerissenen
Augen blickte die junge Norwegerin sich um.
    Sie wußte nicht, wo sie sich befand, wie sie hierher kam und was geschehen
war.
    Ratlos und verwirrt begann sie ihren Weg über den harten, dornigen Boden.
Sie erreichte die Straße und bewegte sich wie ein Geist durch die
nebelgeschwängerte Nacht.
    Elin Holtsen vermißte weder das Auto noch ihren Begleiter Bernt Lyngstad.
    Sie wußte überhaupt nichts mehr von sich und den Dingen, die zurücklagen.
Sie hatte das Gedächtnis verloren.
    Eine gewaltige Lücke klaffte in ihrer Erinnerung. Die junge Frau wußte
nicht mal mehr ihren Namen.
    Ziellos irrte sie durch die Nacht. Seit der Bewußtlosigkeit Elin Holtsens
waren knapp zwei Stunden vergangen. Bis zum Anbruch des Morgens würden abermals
zwei Stunden vergehen.
    Elin Holsten merkte nicht, daß sie im Nebel von der Straße abkam und den
breiten Pfad benutzte. Als würden unsichtbare Hände sie schieben, schritt sie
langsam und wankend an den Sträuchern und vereinzelt stehenden Bäumen entlang.
    Einmal blieb sie stehen, starrte auf ihre zerkratzten und zerschundenen
Hände und wußte nicht, wo sie sich diese Verletzungen geholt hatte. Blaue
Flecken, Schrammen und Hautabschürfungen befanden sich auch an ihrem Gesicht
und an ihrem Körper. Das Kleid war aufgerissen, und ihre weiße Haut leuchtete
im Dunkeln.
    Elin Holtsen wankte in die graue Nebelwand, sah das ferne, verwaschene
Licht vor sich in der Finsternis und ging auf diesen Lichtreflex zu.
    Eine hohe, alte Mauer türmte sich vor ihr auf. Erstaunt blieb das Mädchen
stehen.
    Sie entdeckte ein altes, halboffen stehendes Tor, ging den Weg in den
gepflegt angelegten Schloßhof und näherte sich dem Licht. Hinter einem Fenster
im ersten Stock brannte eine kleine, schwache Birne. Die Vorhänge in diesem
Raum waren nicht zugezogen.
    Elin erreichte die Tür.
    »Hallo?« rief die Verunglückte. »Ist da jemand?« Ihre Stimme war schwach.
    Fröstelnd zog die Norwegerin die nackten Schultern hoch.
    Der Wind blies unter das aufgerissene Jerseykleid.
    »Können Sie mir nicht öffnen? Ich weiß nicht, wo ich zu Hause bin. Ich muß
mich verlaufen haben. Hallo …!«
    In dem beleuchteten Zimmer bewegte sich ein Schatten. Die Silhouette einer
Frau wurde sichtbar.
    Sekunden später klappte irgendwo im Wohntrakt des alten Gebäudes eine Tür
zu.
    Auf den weichen, handgeknüpften Teppichen waren die Schritte der sich
Nähernden nicht zu hören. Dann wurde die Tür geöffnet. Elin Holtsen starrte mit
großen Augen auf die schicke junge Frau, die ein langes, elegantes Negligé
trug, das ihren verlockenden Körper zu faszinierender Wirkung brachte.
    »Können Sie mir helfen?« fragte Elin Holtsen benommen.
    Die junge Frau, die vor ihr unter dem torbogenähnlichen Eingang stand,
musterte sie eingehend. Dann lächelte sie, und ihr klassisches Gesicht, das von
einem weißen, seidenen Turban begrenzt wurde, senkte sich kaum merklich. Auf
den ersten Blick erkannte die Schloßherrin, daß dem vor ihr stehenden Mädchen
etwas Ungewöhnliches zugestoßen war.
    Abgerissen, zerkratzt und zerschunden, wie sie so dastand …
    »Kommen Sie nur herein«, sagte Inger Bornholm und trat einladend zur Seite.
»Ich werde für Sie tun, was in meiner Macht
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