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043 - Das Beinhaus der Medusa

043 - Das Beinhaus der Medusa

Titel: 043 - Das Beinhaus der Medusa
Autoren: Larry Brent
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Toten!
    Medusas finsteres Reich …
     
    ●
     
    Angestrengt starrte er auf die Straße. Die Scheinwerfer des Wagens stachen
wie dicke Geisterfinger in das Dunkel und die wabernden Nebelschwaden, die dick
und zäh über der Straße lagen.
    Der Fahrer war trotz dieser schlechten Sichtverhältnisse nicht bereit, die
Geschwindigkeit zu drosseln.
    »Fahr langsamer«, bat die junge blondhaarige Frau an seiner Seite. Elin
Holtsen fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie begriff zwar, daß für ihren
Begleiter einiges auf dem Spiel stand. Innerhalb des Automobilclubs, dem er
angehörte, war es zu einer Wette gekommen. Bernt, der Fahrer, hatte behauptet,
eine Norwegenrundfahrt in einer beinahe fantastischen Zeitspanne durchzuführen.
Dr. Falledsen, ein reicher Fabrikant, setzte daraufhin einen Betrag als
Wettsumme aus, der zumindest ebenso fantastisch war.
    »Wenn wir gewinnen – und für mich gibt es keinen Zweifel, Elin, daß wir die
Wette gewinnen – dann können wir endlich heiraten.« Der Angesprochene ging gar
nicht auf die Bemerkung der hübschen Begleiterin ein. »Für die Summe riskiere
ich Kopf und Kragen. Und außerdem kann ich den Burschen im Club beweisen, daß
die Zeit, die ich angegeben habe, alles andere als utopisch ist. Man muß nur
durchhalten.«
    »Aber Leichtsinn ist fehl am Platz.«
    »Ah«, Bernt Lyngstad lächelte. »Du willst doch nicht sagen, daß ich
leichtsinnig bin?«
    »Du fährst zu schnell«, beharrte sie auf ihrem Standpunkt.
    »Der Nebel ist zu dicht. Man sieht keine zehn Meter weit.«
    »Aber ich kenne die Strecke. Wenn ich weiterhin so fahre, dann sind wir in
spätestens zwanzig Minuten in Kjerringöy.
    Dort können wir uns eine halbe Stunde ausruhen, unseren Bestätigungsstempel
empfangen – und dann übernimmst du die Führung des Wagens. Ich lege mich dann
aufs Ohr. Du hättest auch ein oder zwei Stunden länger schlafen sollen«, machte
er ihr zum Vorwurf.
    »Aber ich kann nicht. Nicht bei diesem Wetter. Ich bin nervös.«
    »Dann wird es besser sein, wenn ich den Wagen auch weiterhin lenke.«
    »Das kommt nicht in Frage. Du bist müde. Du brauchst dringend deine Ruhe.
Soll ich mich nicht schon hinter das Steuer setzen, Bernt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe hier die Möglichkeit Zeit zu gewinnen.
Die Straße ist völlig frei. Um diese Zeit und bei diesem Wetter ist niemand
unterwegs. Ich bin fast vierzehn Minuten hinter meiner Sollzeit zurück. Hier
habe ich die Gelegenheit, Minuten herauszuschinden.«
    Seine Lippen waren zu
    einem schmalen Strich
    zusammengepreßt. Er zog den Wagen herum, weil die abschüssige, nebelfeuchte
Straße eine Kurve nach links machte.
    Wie Schemen huschten die schwarzen Stämme der fast kahlen Alleebäume an
ihnen vorbei.
    Rechts neben ihnen dehnte sich eine mit dornigem Gestrüpp bewachsene
Bodenfläche aus, die schließlich zu einem Steilufer abfiel.
    Links erhoben sich düstere Felswände. Wie eine Mauer wuchs eine solche Wand
plötzlich vor dem mit hoher Geschwindigkeit bergab fahrenden Fahrzeug.
    Elin schrie gellend auf.
    Bernt Lyngstad riß das Steuer herum und wollte den frontalen Zusammenprall
mit der Felswand noch vermeiden.
    Doch mit quietschenden Reifen schoß das aus der Kontrolle geratene Fahrzeug
über die Straße. Nur auf zwei Rädern fahrend raste es auf die andere Seite
hinüber und durchbrach die Begrenzung. Steine schlugen gegen die Karosserie, Äste
und Zweige brachen, der Wagen überschlug sich. Wie von einer Titanenfaust wurde
die Tür an der Seite Elin Holtsens aufgerissen und die junge Norwegerin
hinausgeschleudert.
    Dumpf und schwer schlug sie auf, verlor sofort das Bewußtsein und sah nicht
mehr, wie der dunkle Wagen sich ein zweites und drittes Mal überschlug. Für den
Bruchteil eines Augenblicks schien es, als würde der führerlose Wagen von dem
niedrigen, laublosen Gestrüpp noch aufgehalten werden.
    Aber der Eindruck täuschte.
    Der Wagen kippte noch einmal über und stürzte in die Tiefe.
    Krachend schlug er unten auf die zerklüfteten Felsen. Die Gischt schäumte
über das Autowrack, das salzige Meerwasser schwemmte das Blut vom Gesicht und
von der Brust des hinter dem Lenkrad eingeklemmten Fahrers.
    Bernt Lyngstad hatte von dem Aufprall nichts mehr bemerkt.
    Er war schon vorher tot gewesen. Das Lenkrad hatte sich ihm in die Rippen
gebohrt.
    Monoton und rhythmisch donnerten die Brandungswellen gegen das urzeitliche
Gestein. Die Brecher rollten auch über das zertrümmerte, zwischen den Felsen
eingekeilte
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